Der Zinseszinseffekt beschreibt das Phänomen, dass angelegtes Kapital mit der Zeit immer schneller wächst, da nicht nur das ursprüngliche Kapital, sondern auch das bereits erwirtschaftete Kapital Zinsen generiert. Die meisten Menschen unterschätzen diesen Effekt. Das kann schlechte finanzielle Entscheidungen zur Folge haben. Ein Gedankenexperiment verdeutlicht das Konzept: Vor die Wahl gestellt, sofort 1 Million Franken oder einen magischen Rappen zu erhalten, der sich einen ganzen Monat lang jeden Tag verdoppelt, würden die meisten vermutlich spontan die Million Franken wählen – und diese Entscheidung schliesslich bereuen, wenn diejenigen, die den magischen Rappen gewählt haben, bis Tag 31 ein Vermögen von 10,7 Millionen Franken angehäuft haben.

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Der Autor

Nima Pouyan, Leiter Institutional Business & ETF, Invesco Schweiz und Liechtenstein

Wichtiger finanzieller Hebel

Eine tägliche Rendite von 100 Prozent ist natürlich unrealistisch. Dennoch kann der Zinseszinseffekt ein wichtiger Hebel sein, um zu helfen, ein ausreichendes Vermögen aufzubauen, zum Beispiel in der Altersvorsorge. Denn je früher man mit dem Sparen beginnt, desto mehr Zeit hat der Zinseszinseffekt, seine Wirkung zu entfalten.

So wird aus einem Anfangskapital von 5'000 Franken, das zu einem jährlichen Zins von 8 Prozent veranlagt wird, über einen Zeitraum von dreissig Jahren ein Vermögen von über 50'000 Franken, wenn die Zinserträge reinvestiert werden, oder lediglich 17'000 Franken, wenn der Ertrag jährlich entnommen wird. Selbstverständlich können der Wert von Anlagen und die Erträge hieraus Schwankungen unterliegen, was teilweise auch auf Wechselkursänderungen zurückzuführen sein kann. Möglich ist auch, dass Anlegende bei der Rückgabe ihrer Anteile nicht den vollen investierten Betrag zurückerhalten.

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Mit kleinen Beträgen zum Vermögen

Der Zinseszinseffekt könnte auch beim Aktiensparen funktionieren, wie das folgende Beispiel verdeutlicht: Ein Anleger hat zu seinem dreissigsten Geburtstag 25'000 Franken geerbt. Er hat den Betrag beispielsweise in einen ETF (börsengehandelten Indexfonds) investiert, der darauf abzielt, die Entwicklung des MSCI World Index nachzuvollziehen. Der Index erzielte in den vergangenen zehn Jahren (1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2022) eine annualisierte Rendite von 8,11 Prozent. Jeden Monat überwies der Anleger 150 Franken von seinem Gehalt auf sein Anlagekonto und hob keinen Rappen ab, bis er 65 Jahre alt war. In den 35 Jahren zwischen seiner Erstinvestition und seinem 65. Geburtstag hätte sein Portfolio auf bis zu 779'094 Franken anwachsen können. Es wäre aus einer Anlage von 25'000 Franken und monatlichen Zahlungen von insgesamt 63'000 Franken entstanden. Die Investition allein wäre um 691'094 Franken gewachsen.

Sparpläne nutzen

Ein Sparplan könnte vor allem für jene Anlegerinnen und Anleger interessant sein, die regelmässig kleine und mittlere Beträge anlegen möchten, um so langfristig Vermögen aufzubauen. ETF- oder Aktiensparpläne haben keine festen Laufzeiten und können jederzeit gestartet, angepasst und beendet werden. Mithilfe eines Sparplanrechners können Anlegerinnen und Anleger selber ausrechnen, mit welchen regelmässigen Ansparbeträgen sie ihre langfristigen finanziellen Ziele erreichen können.