Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung: Mit Blick auf den Urnengang zur BVG-Reform im September nehmen die Angriffe auf das System der beruflichen Vorsorge (BVG) zu – teilweise mit arg verfälschten und faktenfreien Informationen und Behauptungen. Das übergeordnete Ziel dieser Kampagne ist die systematische Schwächung der BVG zugunsten der AHV. Die zweite Säule gegen die erste Säule auszuspielen, schadet dem bewährten und international angesehenen Schweizer Vorsorgesystem – und ist vor allem nachteilig für die Rentenbezügerinnen und -bezüger in unserem Land.

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Von Seiten der Kritikerinnen und Kritiker wird geflissentlich die finanzielle Kraft der Schweizer Pensionskassen dank des langjährigen Sparprozesses unterschlagen. Einfach gesagt: Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Sparschwein, in welchem jeder während der Berufstätigkeit einbezahlte Franken sich mindestens verdreifacht. Denn neben ihren eigenen Arbeitnehmendenbeiträgen steigern jene der Arbeitgeber und eben auch die Kapitalmarktbeiträge, der dritte Beitragszahler, das individuelle Pensionskassenvermögen.

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Quelle: BFS, OAK, AMAS

Die Leistungen des dritten Beitragszahlers sind erheblich, wie sich nach dem guten Anlagejahr 2023 erneut zeigt (Berechnungen der Amas auf Basis der jüngsten Statistik der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BSV): Die Kapitalmarktbeiträge steuerten zum gesamten Schweizer Pensionskassenvermögen 58 Milliarden Franken bei, was im Schnitt für jede und jeden der 5,1 Millionen Versicherten in der Schweiz einen zusätzlichen Betrag von 11'370 Franken bedeutet. Die finanzielle Kraft des dritten Beitragszahlers ist nachhaltig: Seit dem Jahr 2004 flossen 509 Milliarden Franken aus den Kapitalerträgen in die Pensionskassenvermögen, das ist mehr als ein Drittel der Gesamtvermögen von aktuell 1,2 Billionen Franken und im Schnitt rund 100'000 Franken pro versicherte Person. Was in diesem Zusammenhang in der BVG-Kritik ebenfalls unterschlagen wird: Die gerne als effizienter dargestellte AHV wird bereits heute zu annähernd einem Drittel aus Steuerabgaben finanziert.

Über die Autoren

Adrian Schatzmann ist Geschäftsführer der Asset Management Association Switzerland (Amas), Michel Bossong ist Senior-Experte Vorsorge der Amas.

Polemisch wird die Kritik an den Kosten der beruflichen Vorsorge mit dem einseitigen und nicht belegten Vorwurf, es würden jährlich Milliarden von Franken «in der Finanzindustrie verloren gehen» oder «versickern». Fakt ist: Die Finanz- und Assetmanagementdienstleistungen zur Verwaltung – sprich Vermehrung – des Deckungskapitals der Versicherten, Rentnerinnen und Rentner kostet im langjährigen Durchschnitt 0,48 Prozent der gesamten Vermögen von derzeit 1,2 Billionen Franken. Diese Kosten liegen erstens im Vergleich zu Vorsorgesystemen in anderen Ländern im Durchschnitt und sind Resultat eines im Schweizer Markt hoch kompetitiven Wettbewerbs. Und sie wiegen zweitens die erbrachten Leistungen durch den 3. Beitragszahler um ein Vielfaches auf. Das vergangene Jahr dient als Illustration: Kosten von knapp 6 Milliarden Franken stehen Leistungen von 58 Milliarden Franken gegenüber. Wenn nun gewisse politische Kreise die Finanzindustrie deswegen kritisieren, so verstehen sie entweder das Konzept der Rendite nicht oder versuchen bloss, Empörung zu bewirtschaften.

Es ist gleichwohl richtig, in der BVG auf Kostentransparenz und -effizienz zu pochen. Doch der einseitige Fokus auf die Vermögensverwaltungskosten blendet aus, was jeder und jede in der Schule gelernt haben sollte: Unterm Strich zählt die Nettoperformance, also die Rendite abzüglich der Kosten. 

Mit der Vermögensverwaltung der Pensionskassengelder ist es so wie mit anderen Dienstleistungen auch: Billig ist oftmals nicht gleich besser. Die jüngste Swisscanto-Pensionskassenstudie zeigt auf, dass Pensionskassen mit höheren Vermögensverwaltungskosten die besseren Renditen erzielen als die Kassen mit den tiefsten Kosten.

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Quelle: Berechnungen AMAS, Jahresberichte, BFS

Angesichts der polemischen Diskussion um die Finanzdienstleistungen in der beruflichen Vorsorge muss sich jeder und jede Versicherte die Gretchenfrage stellen: Will er oder sie eine Pensionskasse, die unterdurchschnittliche Renditen erzielt, dafür aber tiefe Vermögensverwaltungskosten ausweist? Oder zieht man eine Vorsorgeeinrichtung vor, die langfristig gute Renditen auf dem Kapital erzielt, weil sie gute Finanzdienstleistungen in Anspruch nimmt?

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