Compliance rückt für die Unternehmen und Wirtschaftsprüfer vermehrt ins Scheinwerferlicht. Nach der Ablehnung der Konzernverantwortungsinitiative kommt jetzt der indirekte Gegenvorschlag des Parlaments zum Zug. Damit besteht Handlungsbedarf für die Verwaltungsräte. Sie müssen klären, ob ein Bericht über nichtfinanzielle Belange zu erstellen ist. Ein solcher ESG-(Environmental-, Social-, Governance-)Report wird künftig von Publikumsgesellschaften verlangt, die über das Handeln mit oder die Bearbeitung von Konfliktmaterial sowie die Gefahr von Kinderarbeit in der Lieferkette besonders exponiert sind.

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Die neuen Regelungen gelten ab diesem Jahr und müssen von den Unternehmen bis 2023 umgesetzt werden. Seitens Umweltorganisationen und Gewerkschaften wird allerdings kritisiert, das Gesetz enthalte willkürliche Beschränkungen auf wenige Themen und dazu komme der komplette Verzicht auf Kon-trollen und Sanktionen.

Eckpfeiler guter Geschäftspraktiken

Ganz allgemein wird die Global Compliance durch die Führungskräfte von multinationalen Unternehmen noch unterschiedlich gehandhabt. Gemäss einer Studie der Wirtschaftsprüfungsfirma Mazars sind die Unternehmen bestrebt, mit der Einhaltung von Compliance-Vorschriften das Vertrauen und die Reputation in der Öffentlichkeit zu verbessern. «Globale Compliance ist seit langem ein Eckpfeiler guter Geschäftspraktiken, wird aber von manchen immer noch als blosse Pflicht angesehen, die es zu erfüllen gilt, und weniger als Chance, die es zu nutzen gilt», sagt José Caneda, Managing Partner bei Mazars Schweiz. Die Umfrage zeige, dass die Einhaltung globaler Vorschriften das Vertrauen der Anleger, Kundinnen und Auftraggeber stärke und einen positiven Ruf in der Aussenwelt schaffe.

«Die Studie zeigt, dass die Führungskräfte der Unternehmen ein klares Verantwortungsgefühl für die Einhaltung der Vorschriften haben», gibt sich Mazars-Partner Caneda überzeugt. 

Die Studie «Unlocking Trust: Why Global Compliance Is on the Business Agenda» stützt sich auf die Befragung von 890 leitenden Mitarbeitenden aus den Bereichen Rechnungswesen und Tax Compliance in zwei Dutzend Ländern, darunter die Schweiz. Dabei werden die Chancen und Risiken beleuchtet, die mit Compliance heute und in der Zukunft verbunden sind. Drei Viertel der befragten Führungskräfte und Verwaltungsräte beschäftigen sich mindestens vierteljährlich mit Compliance-Fragen. 82 Prozent der Unternehmen sind zuversichtlich, dass sie die Compliance-Anforderungen heute erfüllen – und dies auch künftig tun werden. Drei von vier Firmen waren in den letzten fünf Jahren irgendwo auf der Welt mit Problemen im Zusammenhang mit der Einhaltung von Rechnungslegungs- und Steuervorschriften konfrontiert.

Investitionen in Technologien

Die Unternehmen haben ein grosses Vertrauen in ihre Compliance-Funktionen. Eine Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass sie die vorgegebenen Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Geschäftsführung erfüllen. Die Führungskräfte kennen die erheblichen Risiken, die Versäumnisse mit sich bringen. Wenn gegen Vorschriften verstossen wird, führt dies in den meisten Fällen zu einem Imageschaden, internen Disziplinarmassnahmen und Geldstrafen. In der Mazars-Studie lassen die Befragten auch durchblicken, dass die Einhaltung von Vorschriften immer schwieriger zu handhaben ist. Sie verweisen auf eine immer komplexere Gesetzgebung, die sich schnell ändere. Dazu kommen derzeit die Vorschriften und Einschränkungen als Folge der Covid-19-Pandemie.

Zur Umsetzung der Compliance-Anforderungen haben die Firmen in der Vergangenheit bereits beträchtlich in Human Resources investiert. Die Umfrage deckt nun auf, dass Investitionen in Technologie, Wissen und Fähigkeiten zuoberst stehen. Rund die Hälfte der Befragten will neue Technologien wie künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen für die Einhaltung von Rechnungslegungs- und Steuergesetzen forcieren.

Erstmals erschienen in der Handelszeitung, 03.02.22.