In den Neuverhandlungen mit den Erstversicherern zum 1. April hat der weltgrösste Rückversicherer Munich Re mit 2,7 Milliarden Euro knapp acht Prozent mehr Geschäft verzeichnet, obwohl die Preise inflationsbereinigt im Schnitt stagnierten. Finanzchef Christoph Jurecka sieht das positiv: «Wir sind zurzeit in der Lage, die hohe Inflation vollständig weiterzureichen. Ich wäre zufrieden, wenn wir das Niveau halten könnten.» Für die Erneuerungsrunde im Juli werde erneut «ein stabiles Marktumfeld mit attraktiven Wachstumsmöglichkeiten» erwartet.
Bei den Grossschäden hat die Munich Re noch viel Luft - 3,3 Milliarden Euro sind für den Rest des Jahres noch im Budget. Im ersten Quartal waren die Überflutungen im Osten Australiens mit 440 Millionen Euro der teuerste Schaden. In der Lebens- und Kranken-Rückversicherung kostete die hohe Zahl an Sterbefällen während der Omikron-Welle in den USA die Munich Re noch einmal 150 Millionen Euro. Das werde im zweiten Halbjahr weniger - er hoffe, dass eine weitere Corona-Welle im Herbst ausbleibe, sagte Jurecka.
Ukraine-Krieg und Sanktionen belasten
In den vergangenen drei Monaten verursachten der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland bei der Münchener Rück erste Bremsspuren. Der weltgrösste Rückversicherer hat im ersten Quartal etwas mehr als 100 Millionen Euro Schäden verarbeitet sowie 700 Millionen Euro auf russische und ukrainische Staats- und Firmenanleihen abgeschrieben, die mit Kriegsbeginn drastisch an Wert verloren.
Dennoch lag der Gewinn des Konzerns mit 608 (2021: 589) Millionen Euro leicht über Vorjahr, weil Naturkatastrophen und andere Grossschäden deutlich weniger zu Buche schlugen als im Vorjahr. An ihrer Gewinnprognose für das Gesamtjahr hält die Münchener Rück weiterhin fest.
«Zu den üblichen Unsicherheiten kommen jetzt weitere grosse Unsicherheiten hinzu», sagte Jurecka mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Versicherer und Rückversicherer sind zumeist durch Kriegsausschlüsse abgesichert, nur in Spezialsparten wie der Transport- oder in der Kreditversicherung müssten sie einstehen. Auch bei Cyber-Versicherungen geht Jurecka nicht von grösseren Verlusten aus, obwohl hier schwer nachzuweisen ist, dass ein Hacker-Angriff mit dem Krieg in Verbindung steht.
Operativ bangt die Branche vor allem um Leasingflugzeuge, die an russische Fluggesellschaften vermietet wurden und für die Leasingfirmen nun verloren sein könnten. Hier habe die Münchener Rück «eine gewisse Exponierung», bekräftigte Jurecka. Experten veranschlagen den drohenden Schaden branchenweit auf etwa zehn Milliarden Dollar. Bis klar ist, ob die Versicherer in welcher Höhe dafür einstehen müssen, könnten aber Jahre vergehen. Viel abschreiben könne die Münchener Rück bisher nicht, weil sich konkrete Schadenmeldungen in Grenzen hielten, sagte der Finanzvorstand. «Man geht Vertrag für Vertrag, Einzelfall für Einzelfall durch.»
Konkurrenten reservieren mehr
Staatsanleihen aus den Kriegsstaaten habe die Munich Re um etwa 80 Prozent abgeschrieben, Unternehmensanleihen stünden noch mit einem etwas höheren Restwert in der Bilanz. Von den Abschreibungen schlagen nach Abzug von Steuern und der Beteiligung der Lebensversicherungs-Kunden 370 Millionen Euro auf den Gewinn durch. Zum Vergleich: Der grösste Rivale Swiss Re hat für den Krieg im ersten Quartal Belastungen von 283 Millionen Dollar verbucht, bei der Hannover-Rück- Mutter Talanx waren es 150 Millionen Euro.
Trotzdem hält die Munich Re an ihrer Gewinnprognose für 2022 fest. 3,3 (2,9) Milliarden Euro sollen am Ende des Jahres zu Buche stehen. Vor allem das Rückversicherungsgeschäft weitet der Konzern stärker aus: Konzernweit sollen die Beitragseinnahmen mit 64 Milliarden Euro in diesem Jahr um drei Milliarden höher ausfallen als im Februar in Aussicht gestellt. Im ersten Quartal nahm die Munich Re 16 Prozent mehr ein als Anfang 2021. (reuters/hzi/mig)