Gesundheits- und Patientendaten sind auf dem Internet-Schwarzmarkt heiss begehrt. Entsprechend kosten sie auch ziemlich viel. Gemäss ZHAW-Professor Alfred Angerer muss jemand, der im Darknet einen Patienten-Datensatz kaufen möchte, rund 250 Franken hinblättern.
Der Wert, den die Daten für die Gesellschaft haben, ist allerdings noch viel höher. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Herr und Frau Schweizer klare Leitplanken für die Digitalisierung im Gesundheitssystem fordern. Dies eines der Ergebnisse des Monitors «Datengesellschaft und Solidarität», den die Stiftung Sanitas seit 2018 jährlich publiziert.
Bürgerinnen und Bürger wollen jederzeit selbst über die Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten entscheiden
Drei von vier Befragten möchten zwar, dass ihre Gesundheitsdaten vermehrt digital gespeichert und verwaltet werden. Dies aber eben nur mit klaren Regeln. So soll die Infrastruktur durch den Staat oder medizinische Leistungserbringer betrieben und verwaltet werden. Krankenversicherungen und Unternehmen der Privatwirtschaft, welche nicht als Leistungserbringer tätig sind, werden hingegen kaum in dieser Rolle gesehen. Zudem wollen die Bürgerinnen und Bürger jederzeit selbst über die Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten entscheiden. Diese sollen durch Akteure des Gesundheitssystems nicht frei erhoben und gekauft werden können.
Zur Studie
Sotomo führte die Befragung im Januar 2023 zum sechsten Mal in Folge im Auftrag der Stiftung Sanitas Krankenversicherung durch. 2050 Personen gaben Auskunft über ihr Verhalten und ihre Einstellungen zur Gesellschaft im digitalen Kontext. Die Resultate sind repräsentativ für die sprachintegrierte Schweizer Bevölkerung ab 18 Jahren (Stichprobenfehler: +/- 2.2%).
Teilen der Gesundheitsdaten: Immer mehr sind bereit dazu
Eine Mehrheit der Befragten ist dafür, dass Firmen der medizinischen Industrie Gesundheitsdaten für die Entwicklung von besseren Produkten und Leistungen nutzen. Dass sie solche Daten frei kaufen können, will jedoch nur eine Minderheit. Dies bedeutet nicht, dass die medizinische Industrie keinen Zugang zu Daten erhält.
Die Studienreihe zeigt nämlich, dass immer mehr Befragte ihre digital aufgezeichneten Gesundheitsdaten für die Forschung zur Verfügung stellen würden (2018: 42%, 2023: 60%). Der Nutzen für die Allgemeinheit wird als Faktor, der zum Datenteilen motiviert, immer wichtiger (2019: 44%, 2023: 59%). Zwei Drittel der Befragten geben an, dass die Entwicklung von neuen Behandlungsmethoden sie zum Teilen ihrer Daten für die Forschung motivieren würde. Für ebenso viele wäre eine mögliche Früherkennung zum eigenen Gesundheitszustand eine Motivation.
Monetäre Anreize sind kontraproduktiv
Nur für eine Minderheit wäre eine finanzielle Entschädigung entscheidend dafür, die eigenen Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung zu teilen. Eine finanzielle Entschädigung kann sogar kontraproduktiv sein, wie ein Experiment in der Umfrage gezeigt hat. Wenn für das Teilen der eigenen Gesundheitsdaten ein kleiner Geldbetrag in Aussicht gestellt wird, sind die Befragten weniger zum Teilen der eigenen Daten bereit, als wenn gar kein finanzieller Anreiz gegeben wird.
Bei den jüngeren Befragten wären mehr als die Hälfte (54%) bereit, bei einem psychischen Problem eine App auszuprobieren.
Sanitas-Monitor 2023 «Datengesellschaft und Solidarität»
App-Nutzung ist auf dem Vormarsch
Gesundheits-Apps, die von einer medizinischen Institution geprüft sind, könnten eine Möglichkeit sein, das Gesundheitssystem zu entlasten, den Fachkräftemangel zu entschärfen und die Kosten zu senken. Patientinnen und Patienten könnten solche Apps eigenständig oder begleitend zu einer ärztlichen Behandlung nutzen.
Knapp sechs von zehn Befragten können sich vorstellen, eine solche App bei einem medizinischen Problem zu nutzen. Bei Apps für die psychische Gesundheit ist die Nutzungsbereitschaft in der Gesamtbevölkerung deutlich tiefer (43%). Bei den jüngeren Befragten wären jedoch mehr als die Hälfte (54%) bereit, bei einem psychischen Problem eine solche App auszuprobieren.
Apps könnten Versorgungsengpass lindern
Da besonders bei jungen Patientinnen und Patienten Behandlungsangebote im Bereich der psychischen Gesundheit derzeit sehr knapp sind, könnten Apps für die psychische Gesundheit helfen, diesen Versorgungsengpass zu mildern und Hilfe zu leisten, während Betroffene auf eine Behandlung warten.
Prämienanstieg bereitet Sorgen
Der Begriff «Solidarität» wird in Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem vor allem damit verbunden, allen Menschen eine gute medizinische Versorgung zu bezahlen. Nur eine Minderheit verbindet mit dem Begriff aber auch das regelmässige Bezahlen von Krankenkassenprämien. Die steigenden Kosten im Gesundheitssystem machen den Befragten Sorge.
Nur die wenigsten sind bereit, in Zukunft noch höhere Krankenkassenprämien zu bezahlen (5%). Wenn die Kosten nicht steigen dürfen, sind Einsparungen nötig. Hierfür müssen jedoch zunächst die Kostentreiber identifiziert werden. Am meisten Befragte sagen, dass dafür jeder und jede Einzelne verantwortlich ist (62%). Für sechs von zehn Befragten ist auch die Pharmaindustrie einer der Hauptverantwortlichen für das Kostenwachstum.