Seit ein paar Jahren schon surfen die Schweizer Versicherer auf einer Erfolgswelle - zumindest die Erstversicherer. Und das trotz mannigfaltiger Herausforderungen wie geopolitische Konflikte, Unwetter, Zinsschwankungen oder Schadeninflation. Die Gewinne sprudelten bei den meisten auch im vergangenen Jahr, wie die Quartalsberichte erahnen lassen - und ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit nicht absehbar.
Erst vor wenigen Tagen bestätigten die Zahlen des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV) den anhaltenden Trend: So legte das Nichtlebengeschäft im vergangenen Jahr beispielsweise überdurchschnittlich um 3,5 Prozent zu.
Insgesamt könne die Entwicklung als Zeichen gesehen werden, dass die Versicherungsindustrie ihrem Ruf als Stabilitätsanker der Schweizer Wirtschaft gerecht wird, zeigte sich der Verband selbstbewusst. Natürlich profitierte die Versicherungsindustrie angesichts der Schadeninflation dabei auch von Kostensteigerungen. Das Kind ist jedenfalls gut genährt, könnte man lapidar feststellen.
Zu Börsenlieblingen entwickelt
Nicht von ungefähr zählen die Versicherungsaktien mittlerweile zu den gar nicht mehr so heimlichen Stars an den internationalen Börsen, wie sich mit Blick auf die grossen Versicherungskonzerne leicht feststellen lässt: So legten die Valoren von Schwergewichten wie Allianz (+20%), Zurich (+21%) oder Swiss Life (+17%) im vergangenen Jahr deutlich zweistellig zu.
Noch besser performten sogar die kleineren Lokalmatadoren Helvetia (+24%) und Baloise (+28%) - attraktive Dividenden noch gar nicht mitgerechnet. Wer sich 2024 mit Versicherungsaktien eingedeckt hat, konnte also nichts falsch machen. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten, ganz nach dem Motto «The sky is the limit». So gehen Swiss Life, Helvetia und Baloise in eine neue, dreijährige Strategieperiode und verkündeten dabei unter anderem eine deutliche Erhöhung der Eigenkapitalrendite und höhere Ausschüttungen an die Aktionäre als ehrgeizige Ziele.
Neue Töne in der Versicherungslandschaft
Also alles paletti? Nicht so ganz. Mittlerweile vernimmt man auch ungewöhnliche Töne aus der Versicherungsindustrie, im Erfolg werden bekanntlich die grössten Fehler gemacht. Aktionäre erhöhen den Druck, dass die Gesellschaften sich stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren sollen, anstatt sich in weniger rentablen, versicherungsfernen Geschäftsfeldern zu tummeln. Mehr Effizienz und Profitabilität lautet die Parole.
So wollen sich Helvetia und Baloise schlanker aufstellen, wobei alleine bei den beiden Gesellschaften in den nächsten Jahren rund 750 Mitarbeitende dem Rotstift zum Opfer fallen, rund die Hälfte davon in der Schweiz. Solche Töne hat man von den Schweizer Versicherungen lange nicht mehr gehört, zumal selbst die erfolgsverwöhnte Mobiliar einen Strategieschwenk vollzog und ihre zwanzigköpfige Abteilung Innovation auflöste, um sich voll auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Offensichtlich sollen die Weichen für die Zukunft früh genug gestellt werden, bevor es ein böses Erwachen gibt.
Krankenversicherer künftig mit einer Stimme
Dieses Motto gilt auch für die Krankenversicherer, die angesichts der explodierenden Gesundheitskosten immer wieder ungewollt im Rampenlicht stehen - vor allem wenn wie im vergangenen Jahr eine für die Versicherten schmerzhafte Prämienerhöhung von durchschnittlich 6,7 Prozent kommuniziert werden muss. Das kostet Nerven und bei einigen Gesellschaften auch Versichertenverlust.
Da war es nicht nützlich, dass es zwischen den beiden Krankenkassenverbänden Santésuisse und Curafutura bei wichtigen gesundheitspolitischen Themen immer wieder Streitigkeiten gab. Diesen Streitereien wurde durch die Gründung des neuen Verbands prio.swiss, der Anfang des Jahres seine Mission aufnahm, ein Riegel vorgeschoben. Künftig will die Branche mit einer Stimme sprechen, was angesichts der anhaltenden gesundheitspolitischen Dauer-Diskussionen auch dringend notwendig ist.
Gesundheitspolitischer Rückenwind
Gesundheitspolitischen Rückenwind erhalten die Krankenversicherer durch das deutliche «Ja» der Stimmbevölkerung an der Wahlurne zur Einführung der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Gesundheitsleistungen (Efas) sowie die für 2026 angekündigte Einführung des neuen Tarifwerks Tardoc. Damit, so erhoffen es sich die an der Umfrage beteiligten Gesellschaften unisono, kann die Kostenexplosion im Gesundheitswesen zumindest etwas eingedämmt werden. Die Zukunft und die nächste Prämienrunde werden es zeigen.
Innovationen und Kundenfokus
In der Grundversicherung lässt sich für die Krankenversicherer angesichts der Kostensituation ohnehin kein Geld verdienen, deshalb werden Innovationen in der Krankenzusatzversicherung gross geschrieben, um sich vom Wettbewerb abzuheben und Gewinne einzustreichen. Diese sind notwendig, um die Digitalisierung weiter voranzutreiben und die Kunden-Convenience beispielsweise über die Kundenportale oder durch Gesundheits-Apps weiter voranzutreiben, wie es CSS, KPT, Helsana sowie Sanitas handhaben und damit die digitalen Weichen für die Zukunft stellen.