Darum geht's
  • Die zunehmende Spezialisierung und Komplexität in der Unternehmensversicherung erschweren neuen Marktteilnehmern den Einstieg und stärken etablierte Versicherer, die höhere Prämien und strengere Bedingungen durchsetzen.
  • Unternehmen, besonders in risikoreichen Branchen, stehen vor steigenden Prämien und Herausforderungen, ausreichenden Versicherungsschutz zu erhalten, wobei Naturkatastrophen, Cyberschäden und Betriebsunterbrechungen oft unzureichend abgedeckt sind.
  • Lösungsansätze umfassen die Risikominimierung durch Präventionsmassnahmen, Rückversicherung über Captives, alternative Finanzinstrumente wie Cat Bonds sowie staatliche Unterstützung in speziellen Fällen wie der Erdbebenversicherung.
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Der Sachversicherungsmarkt zeichnet sich seit mehreren Jahren durch härtere Konditionen aus, wie etwa strengere Vertragsbedingungen, höhere Selbstbehalte und steigende Prämien, die den Versicherern attraktive Gewinne ermöglichen.

Zum Autor

Pascal Schneider ist Practice Leader Property Insurance bei Kessler & Co AG.

Die zunehmende Spezialisierung und die Komplexität im Bereich der Unternehmensversicherungen verschärfen die Situation weiter, erhöhen die Eintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer und stärken somit die etablierten Risikoträger. Diese nutzen ihre Expertise und finanzielle Stabilität, um strengere Bedingungen und höhere Prämien durchzusetzen.

Herausforderungen und Risiken für Unternehmen

Bedeutende Veränderungen in der Sachschadenversicherung führen bei Unternehmen zu steigenden Versicherungsprämien und erschweren die Planbarkeit der Versicherungskosten. Exponierte Versicherungsnehmende oder solche mit Spitzenrisiken und hohen Deckungssummen kämpfen bei verschärften Anforderungen und Kapazitätsengpässen darum, eine umfassende Deckung zu erhalten. Denn Naturkatastrophen, Cyberschäden oder spezifische Betriebsunterbrechungen sind oft nur teilweise oder gar nicht abgedeckt. Schadensereignisse im Kontext des Klimawandels führen zu steigenden Prämien, was Unternehmen finanziell erheblich belastet. Risikoreiche Branchen wie Recyclingbetriebe, die Holzverarbeitungs- und die Papierindustrie sind besonders betroffen. Sie sind keine bevorzugten Risiken der Versicherer und haben verstärkt Mühe, ausreichenden Versicherungsschutz zu erhalten.

Fünf Lösungsansätze zur Risikominderung

Gründliche Risikoanalysen sowie die Implementierung technischer und organisatorischer Massnahmen sind für die Unternehmen entscheidend, um Risiken zu minimieren und für Versicherer attraktiver zu werden. Investitionen in Präventionsmassnahmen beim Brand- und Hochwasserschutz sowie in Sicherheitssysteme stärken die Verhandlungsposition der Unternehmen und steigern das Vertrauen der Versicherer. Dies kann zu niedrigeren Prämien und einer verbesserten Verfügbarkeit von Versicherungsschutz führen.

Einige Unternehmen entscheiden sich unter Abwägung der Vor- und Nachteile dafür, bestimmte Risiken selbst zu tragen, besonders wenn die Versicherungsprämie sehr hoch oder die Risiken schwer versicherbar sind. Diese Strategie erfordert eine sorgfältige finanzielle Planung und die Bildung von Rücklagen, sie bietet jedoch mehr Kontrolle über die Risikodeckung. 

Bei einer Rückversicherung mittels Captives tritt ein Unternehmen einen Teil der Risiken an Rückversicherer ab. So reduziert es die finanzielle Belastung bei Grossschäden und verbessert die Risikoverteilung. Rückversicherer bieten zusätzliche Kapazitäten und decken spezifische Risiken ab, die schwer versicherbar sind.

Durch eine alternative Risikofinanzierung mit Finanzinstrumenten wie Katastrophenanleihen (Cat Bonds) oder mit anderen versicherungsgebundenen strukturierten Produkten lassen sich Kapital auf dem Markt beschaffen und gleichzeitig Risiken transferieren. Unternehmen können sich so gegen schwer versicherbare Ereignisse absichern.

Unternehmen in Risikoteilungsnetzwerken können gemeinsam Versicherungen abschliessen und so Risiken verteilen. Solche Netzwerke, oft in Form von Genossenschaften oder Pools, bieten kollektive Verhandlungsvorteile.

Versicherer als Rosinenpicker

Einige Versicherer verfolgen zunehmend Rosinenpickerstrategien, was die Verfügbarkeit eines umfassenden Versicherungsangebots gefährdet. Dabei ist es entscheidend, dass die Risikoselektion durch individuelle Prüfung und risikoadäquate Tarifierung anstatt durch generelle Ausschlusskriterien erfolgt. In die Schadensprävention investierende Unternehmen, die hohe Sicherheitsstandards einhalten, sollten nicht pauschal ausgeschlossen werden. Der Markttrend zeigt jedoch: Für Unternehmen mit hohen Risikopotenzialen ist es zunehmend schwierig, adäquaten Versicherungsschutz zu finden. Dies könnte essenzielle Wirtschaftszweige gefährden.

Daher müssen Versicherer eine langfristige Perspektive einnehmen, die die Stabilität und das Wachstum der gesamten Wirtschaft fördert. Eine nachhaltige Geschäftsstrategie minimiert Risiken und stärkt auch die wirtschaftliche Resilienz der Gesellschaft. Versicherer, die ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, tragen wesentlich zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung bei und sichern ihre Zukunftsfähigkeit.

Staatliche Lösungen bei Erdbebenversicherung

Die Erdbebenversicherung ist ein kritischer Bereich. Marktteilnehmer in der Schweiz haben begonnen, die Leistungen pro Ereignis und pro Kalenderjahr kumuliert für alle Versicherungsnehmenden zu begrenzen. Dies wälzt übersteigende Schäden zumindest teilweise auf die Versicherungsnehmenden ab, führt jedoch zu einer ungewissen Deckungssituation für Kunden und zu Unsicherheiten im Schadensfall. 

Es wäre aus diesen Gründen vorteilhaft, wenn der Versicherungsmarkt, besonders die Kapitalgesellschaften, diesen Exzedentenanteil übernimmt und durch Rückversicherung sowie Portfoliosteuerung absichert, um die finanzielle Stabilität der Versicherungsunternehmen zu gewährleisten und die Versicherungsnehmenden vor hohen finanziellen Belastungen zu schützen. Sollte dies nicht möglich sein oder sollten hohe Ablehnungsquoten vorliegen, wird allgemein eine staatliche Lösung für die Erdbebenversicherung als politisch opportun angesehen.

Dieser Beitrag erschien erstmals am 22. August 2024 im HZ Insurance Print Special Broker.

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