Bei der  Altersvorsorge haben Selbständige viele Freiheiten. Sie sind einzig verpflichtet, die Beiträge an die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (IV) und die Erwerbsersatz (EO) zu bezahlen. Ansonsten können sie den Sparprozess selbst gestalten. Das birgt Risiken.

Jeder vierte Selbständigerwerbende in der Schweiz verzichtet auf die berufliche Vorsorge. Im höheren Alter kann das fatal enden, denn die zu erwartenden Gelder aus der ersten Säule reichen in den wenigsten Fällen, um den angestrebten Lebensstandard zu gewährleisten. Die Pensionskasse und das individuelle Sparen sind nebst der staatlichen AHV wichtige Pfeiler für den Lebensunterhalt nach der Pensionierung.

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In der heutigen Arbeitswelt, vom technologischen Fortschritt getrieben, ist das Berufsbild des Selbständigerwerbenden immer häufiger anzutreffen. Ein untrügliches Anzeichen dafür ist der Drang junger Leute, statt der Anstellung bei einem Grossunternehmen gleich das eigene «Start-up» zu gründen. Zudem machen sich laufend mehr Menschen während ihrem Berufsleben selbständig.

Nachteile gegenüber Angestellten

Aus der Sicht von Vorsorgeexperten gilt es vor allem, in der 2. Säule die Situation der Selbständigerwerbenden ohne Angestellte zu verbessern. Das geltende Gesetz kennt nur zwei Varianten: Wer auf eigene Rechnung arbeitet, kann sich bei der Vorsorgeeinrichtung des entsprechenden Berufsverbandes versichern lassen oder sich der Auffangvorrichtung BVG anschliessen.

Im Bundesparlament wurde schon vor Jahren ein Postulat zur Besserstellung der Selbständigerwerbenden behandelt. Auch das in der Volksabstimmung gescheiterte Reformprojekt «Altersvorsorge 2020» beinhaltete entsprechende Veränderungen.

Gemäss der damaligen Botschaft zur Gesetzesänderung können sich Selbständigerwerbende einer anderen Vorsorgeeinrichtung anschliessen, sofern deren Reglemente dies vorsehen. In der aktuellen Praxis sind die Selbständigerwerbenden aber gegenüber den Angestellten benachteiligt. Sie finden bei Sammelstiftungen und Lebensversicherungen direkt keinen Unterschlupf.

Ein Freischaffender kann sich in einzelnen Kantonen lediglich als Mitglied eines Gewerbeverbandes einer Sammelstiftung anschliessen. Übt man ein Metier aus, das keinen direkten Interessenverbund kennt oder verfügt der eigene Berufsverband über keine Pensionskasse, empfiehlt sich ein berufsnaher Verband mit eigener Vorsorgeeinrichtung oder der Kooperation mit einer Gemeinschaftsstiftung. Als letzte Variante bleibt die Möglichkeit eine juristische Person, also eine AG oder GmbH, zu gründen. Als Angestellter seiner eigenen Firma ist der Firmeninhaber obligatorisch BVG-versichert

Bevor die Vorsorgeplanung an die Hand genommen wird, muss anhand von verschiedenen Kriterien geklärt werden, ob jemand überhaupt als selbständig erwerbend gilt. Selbständigerwerbende arbeiten auf eigene Rechnung. Sie sind in unabhängiger Stellung und tragen ihr eigenes wirtschaftliches Risiko. Meist haben sie mehrere Auftraggeber und treten nach aussen mit einem eigenen Firmennamen auf, der im Handelsregister verzeichnet ist. Juristisch betrachtet gelten sie als Einzelunternehmer, Kommandit- oder Kollektivgesellschafter. Für Selbständige sind die Beiträge an die AHV, IV und EO  je nach Einkommenshöhe genau festgelegt. Die übrige Altersvorsorge kann der Selbständigerwerbende frei wählen. Oft unternimmt er gar nichts. Er hofft später seine Firma zu verkaufen, um damit die Zeit nach dem Berufsausstieg zu finanzieren. Das klappt nicht immer. Entsprechend kann es ohne Vermögenspolster im Alter finanziell eng werden.

Die richtige Variante wählen

Naheliegend ist für einen Selbständigerwerbenden, dass er sich bei der Pensionskasse seines Berufsverbandes versichert. Viele Berufsgruppen, wie etwa Rechtsanwälte, Ärzte oder Schauspieler, haben spezielle Vorsorgeeinrichtungen. Bei diesen Lösungen ist auch der Schutz bei Tod und Invalidität abgedeckt. Das ist ideal für Leute mit familiären Verpflichtungen. Bevor man einer solchen Pensionskasse beitritt, sollte jedoch die Gewissheit bestehen, dass sie sich nicht in Unterdeckung befindet und effizient wirtschaftet. 

Als wenig attraktive Variante erscheint der Anschluss an die Auffangeinrichtung BVG. Sie wurde geschaffen, um jene Arbeitnehmenden aufzunehmen, die bei keinem anderen Vorsorgewerk unterkommen. Vorsorgeexperten raten aufgrund der vergleichsweise hohen Kosten und der auf das gesetzliche Minimum beschränkten Leistungen von dieser Lösung ab.

Viele Selbständigerwerbende sorgen mit der Säule 3a vor. In dieses steuerbegünstigte Sparvehikel können bis zu 20 Prozent des Erwerbseinkommens, jedoch maximal 34`416 Franken im Jahr (Stand 2022), einbezahlt werden. Beliebt sind vor allem Kontolösungen. Nur jede fünfte Person strebt mit Wertschriften eine höhere Rendite an. Je nach Bedürfnis kann man auch ein Todesfallkapital versichern, um die Hinterbliebenen abzusichern. Zudem ist eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung möglich. In diesem Fall muss sich ein Selbständigerwerbender aber vorgängig einer Gesundheitsprüfung unterziehen. 

Es ist sinnvoll, die Altersvorsorge stufenweise aufzubauen. In der Startphase sollte das Augenmerk vor allem den Risikoleistungen Tod und Invalidität gelten. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, mit Einzahlungen in die Säule 3a einen ersten Kapitalstock zu bilden, der im Pensionsalter bar ausbezahlt wird. Die Möglichkeit einer Rente gibt es bei dieser Vorsorgelösung nicht.

Bedürfnisse entscheiden

Letztlich sind die Vor- und Nachteile der Altersvorsorge über die zweite oder dritte Säule sorgsam gegeneinander abzuwägen. Welche Lösung passt, hängt von der individuellen Konstellation und den langfristigen Bedürfnissen ab. Zu beachten gilt es, dass die Möglichkeiten  in der dritten Säule speziell bei einem Sparbeginn im höheren Alter beschränkt sind. Nachträgliche Einzahlungen für verpasste Jahre gibt es nicht.

Bei einer Pensionskasse kann man grössere Beträge steuerbegünstigt einzahlen. Steigt das Einkommen über 150`000 Franken, ergeben sich mit dem Eintritt in eine Vorsorgeeinrichtung bessere Sparmöglichkeiten. In der Regel wird bei Selbständigerwerbenden rund ein Viertel des Einkommens akzeptiert. Überdies sind dann auch zusätzliche Einkäufe möglich. Auch kann der Selbständigerwerbende vor der Pensionierung entscheiden, ob  das Alterskapital als Rente oder bar ausbezahlt wird.

Dieser Text ist erstmals erschienen im Vorsorge Guide 2022/2023.

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