Die Zeiten, in denen Broker lediglich ein Teil des Vertriebes innerhalb der Wertschöpfungskette der Versicherungsgesellschaften waren, sind definitiv vorbei. Broker ist heute ein eigenständiger Beruf. «So steht er gesetzlich in der Treuepflicht seiner Kunden, und seine Tätigkeiten gehen über die unabhängige Versicherungsvermittlung hinaus», betont Jean-Michel With, der Aus- und Weiterbildungsverantwortliche bei der Swiss Insurance Brokers Association Siba. Mittlerweile gehören die Ausgestaltung von Geschäftsprozessen, Risikoberatung und -management, Schadenmanagement, Enterprise Risk Consulting oder Business Continuity Management genauso zum Tätigkeitsbereich des Brokers wie HR Risk Consulting (z.B. betriebliches Gesundheitsmanagement und Absenzenmanagement) oder alternativer Risikotransfer.
Angleichung an EU-Richtlinien
Für die Siba ist daher klar, dass sie die Weiterbildung für Broker ausbauen muss. With: «Dies nicht zuletzt auch, weil das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen SIF zusammen mit Arbeitsgruppen aus der Branche an der Ausarbeitung eines Entwurfs für die Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist, bei dem in Sachen Weiterbildungspflicht noch vieles unklar ist.» Die Siba habe sich stets für eine gesetzliche Weiterbildungspflicht ausgesprochen. Allerdings ohne ein öffentliches Register wie Cicero. «Gleich wie unsere Kollegen beim Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e.V. und beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sprechen wir uns für eine eigenverantwortliche Selbstdokumentation der Brokerunternehmungen mit anlassbezogener Prüfung der Weiterbildungspflicht durch die Aufsichtsbehörde aus», betont With. Vor allem mit Blick auf internationale Versicherungskunden und auf grenzüberschreitende Arbeitsmärkte seien der Siba äquivalente gesetzliche Regelungen mit der EU bezüglich Weiterbildungspflichten von Broker sehr wichtig.
Im Rahmen der Zukunftssicherung ist der Verband an bestens ausgebildeten Versicherungsbrokern interessiert. «Der Job als Broker ist eine abwechslungsreiche Tätigkeit. Man ist gesellschaftsunabhängig und neutral und bringt dem Kunden Übersicht und Transparenz in einem unübersichtlichen Markt», erklärt Jean-Michel With. Zudem werden in naher Zukunft neue Broker-Modelle entstehen, denn die Digitalisierung bringt neue Angebote, Broker-Plattformen und Ecosysteme. «Branchengrenzen lösen sich zunehmend auf, neue Formen der Zusammenarbeit entstehen», fährt With fort. «Wer im Markt erfolgreich sein will, braucht Operational Excellence, man muss sich durch Professionalität und Beratungsqualität differenzieren können.»
Spezifische Ausbildung
Daher will die Siba zusammen mit verschiedenen Partnern brokerspezifische Ausbildungen lancieren. Aktuell arbeitet sie zusammen mit dem Berufsbildungsverband VBV mit Hochdruck an den Inhalten zur Ergänzung der Ausbildung «Versicherungsfachmann/-frau mit eidg. Fachausweis» mit aktuellen Prozessmodulen. «Themen wie Versicherungsrecht, Versicherungswirtschaft, Versicherungsmarketing oder auch spezielle Branchenkenntnisse betreffen die Versicherer und die Broker gleichermassen», so With. «Ein Broker muss aber auch die Prozesse eines Versicherers wie Underwriting und Produktmanagement oder Schaden- und Leistungsfallmanagement kennen und diese mit seinen eigenen Prozessen verknüpfen können.» Wenn alles rund laufe und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation zustimme, sei im kommenden Frühling mit ersten Studierenden im Prozessmodul Broking zu rechnen. «Dank des modularen Aufbaus können die einzelnen Module auch für die Weiterbildung genutzt werden», freut sich With.
Bereits lanciert wurde in Kooperation mit dem Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen das sechstägige Insurance Broker-Seminar, und zurzeit wird beim VBV an der Aktualisierung der Vermittlerqualifikationen Intermediary 2.0 gearbeitet. «Auch wenn ein Mandatsleiter bei einem Siba-Broker in aller Regel über mindestens einen Fachausweis verfügt, ist es uns wichtig, dass wir uns bei der Neugestaltung der neuen Basisqualifikationen einbringen können», erklärt With die Ausbildungsoffensive. Ausserdem wolle der Verband digitale Lernformen fördern, die komplementär zu den klassischen Bildungsangeboten seien.