Der SVV-Direktor Urs Arbter verbringt seine Freizeit gerne in der Natur, vor allem in den Bergen. «Das stellt für mich ein guter Ausgleich zur Arbeit dar.» Der 59-Jährige unternimmt auch jeden Abend einen Spaziergang mit seiner Frau. «Das gibt mir Energie für den nächsten Tag.» Apropos Energie: Sein Sohn sei Dank Bodybuilding deutlich fitter, seine Tochter um einiges geduldiger, betont er.
Urs Arbter erwarb nach einer kaufmännischen Banklehre das Lizenziat in Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen und ist Absolvent des Stanford Executive Program. Nach einigen Jahren bei einer Schweizer Grossbank ist Urs Arbter seit 1998 für die Versicherungswirtschaft tätig: einige Jahre bei der Allianz Suisse (1998–2004), Mitglied der Geschäftsleitung Schweiz von Swiss Life (2004–2010) und Mitglied der Geschäftsleitung von Helsana (2010–2015). Nach gut zwei Jahren als Partner des Strategieberaters Roland Berger wechselte Urs Arbter zum Schweizerischen Versicherungsverband SVV.
Arbter ist ein reflektierter, ausgeglichener Mensch. Doch wenn es um die Sozialwerke geht, hat er eine dezidierte Haltung: «Wir gehen damit nicht nachhaltig um.» Urnenentscheide ohne Diskussion der Finanzierung seien sehr heikel. «Die Wirtschaft muss jetzt den Kopf hinhalten, Arbeitsplätze trotz der höheren Kosten sicherstellen.» Und trotzdem erhalte sie Prügel. «Das finde ich falsch.»
Unter der Bezeichnung Swiss Insurance CEOs porträtiert HZ Insurance regelmässig CEOs aus der Versicherungsbranche.
Der SVV-Direktor versteht sich selbst als faktenorientierte Person. «Will man investieren, muss man wissen, woher das Geld kommt.»
Freude für 125-Jahr-Feier
So hält er es auch mit der Geschäftsstelle des SVV. «Wir sind kompakt aufgestellt und erreichen unsere Ziele weitgehend. Optimale Rahmenbedingungen für die Schweizer Versicherungswirtschaft sind essenziell.» Das erfüllt ihn mit Genugtuung. Und er freut sich, im kommenden Jahr die 125-Jahr-Feier des SVV begehen zu dürfen.
«Ich betätige mich auch gerne handwerklich.»
Urs Arbter, SVV-Direktor.
Auch privat hat er es weit nach oben geschafft: «Ich habe 14 Viertausender bestiegen.» Dieses Jahr steht die Haute-Route auf dem Programm.
Arbter ist jemand, der gerne reist und neue Sachen entdeckt. «Ich begebe mich gerne in neue Konstellationen.» Als risikobewusste Person meide er aber Konfliktgebiete. «Sich mit anderen Kulturen und anderen politischen Systemen auseinanderzusetzen, gehört für mich aber dazu.» Seine Interessen sind dabei vielfältiger Natur: «Ich betätige ich mich auch handwerklich», sei es im Garten oder zu Hause, «wo ich fast alles selber gestrichen habe», betont der SVV-Direktor.
Als Kollektiv Risiken tragen
In der Rolle als Direktor des SVV fühlt er sich wohl. Er blickt auf die neue Strategieperiode, die 2025 beginnt. Ein zentrales Thema: Die Eigenverantwortung als wichtiges Grundprinzip der Versicherungswirtschaft. «Blicken wir auf die Ursprünge zurück, sehen wir Personen, die sich zusammengetan haben, um gemeinsam als Kollektiv Risiken zu tragen. Und das ohne den Staat.»
Nicht ohne den Staat geht es bei der BVG-Reform, weiss Arbter. «Die Reform ist ein ausgewogener Kompromiss hinsichtlich diverser gesellschaftlicher Veränderungen – etwa die verstärkte Teilzeitbeschäftigung», sagt der SVV-Direktor. Die bessere Versicherung der Teilzeitbeschäftigten – vielfach Frauen – und die tieferen Altersgutschriftensätze für ältere Mitarbeitende helfen, dem Fachkräftemangel in der Schweiz entgegenzuwirken. Und schliesslich würden mit dem reduzierten Umwandlungssatz die höhere Lebenserwartung abgebildet, betont Arbter. «Ich vertraue der Schweizer Bevölkerung, dass sie die Notwendigkeit der Reform für eine gesunde zweite Säule erkennt.»
Nicht immer mehr ausgeben
In der ersten Säule habe das nicht funktioniert, resümiert Arbter zum Urnenentscheid vom 3. März 2024. «Hier gingen kurzfristige Interessen vor.» Das werde man geeignet finanzieren müssen. «Entweder durch Sparmassnahmen oder mehr Steuern.» Man könne schliesslich nicht immer mehr ausgeben.
«Es ist unsere Motivation, den freiheitlichen Versicherungsmarkt aufrechtzuhalten.»
Urs Arbter, SVV-Direktor.
Der Versicherungsverband, dem Urs Arbter als Direktor seit zwei Jahren vorsteht, ist auch gesundheitspolitisch gut aufgestellt. So engagiert er sich neben Curafutura und Santésuisse ebenfalls für die Interessen der Krankenversicherer – mit einer klaren Abgrenzung, wie der Direktor betont: «Wir engagieren uns für eine marktwirtschaftliche Krankenzusatzversicherung. Diese ist nach einem anderen Grundsatz organisiert als die Grundversicherung.» Man sei überzeugt, dass die marktwirtschaftlichen Elemente aus der Zusatzversicherung das Gesundheitssystem als Ganzes gut weiterentwickeln können. «Das ist unsere Motivation, den freiheitlichen Versicherungsmarkt auch in diesem Bereich aufrechtzuerhalten.» Man dürfe dabei nicht vergessen, dass Krankenzusatzversicherungen weitverbreitet seien. «Die Hälfte der Schweizer Bevölkerung verfügt beispielsweise für Spitalaufenthalte über einen solchen Zusatz.» Das sei einerseits für den Versicherungsnehmer ein zunehmender Schutz, aber auch für die Leistungserbringer eine weitere Einnahmequelle, die auch zur Finanzierung von innovativen Dienstleistungen diene. Die Zusatzversicherungen würden auch in Zukunft ein systemrelevantes Geschäft bleiben.
Bürokratie muss tief bleiben
Das gelte auch für den Rückversicherungsmarkt. «Viele Rückversicherer sind in die Schweiz gekommen, weil hier die Bürokratie geringer ist als anderswo.» Die Rückversicherer würden einen bedeuten Anteil an Wertschöpfung leisten, wovon die Schweiz profitiere. Damit dies auch in Zukunft so bleibe, müsse aber die Bürokratie tief bleiben und nur das reguliert werden, was effektiv notwendig ist.
Die Forderung nach einer massvollen Regulierung ist denn auch die Raison d’être des SVV. Dazu braucht es laut Arbter eine Behörde, die geordnet funktioniert. Bei der Finanzmarktaufsicht schien dies nicht immer der Fall gewesen zu sein. Interne Querelen, Uneinigkeiten bei Sanktionsmöglichkeiten und ein Versagen beim Versuch zur Rettung der untergegangenen Credit Suisse. Wie empfindet der Interessensvertreter der Versicherer diesen Zustand? «Eigenverantwortliches Denken legt nahe, dass die Regulierung ausschliesslich dort erfolgt, wo diese eine geeignete Wirkung entfalten kann. Dies setzt Versicherungskollektive voraus, die sich selbst organisieren können, sowie eine schlanke Behörde.» Das bedeute auch, dass die Regulierungsbehörde risikoadäquat vorgehe. Konkret: «Wie wir mit dem Untergang der CS gelernt haben, kann es zu einem Bank Run kommen. Bei einer Versicherung ist das nahezu ausgeschlossen. Wir wünschen uns von einer Behörde, dass sich diese den Risiken entsprechend orientiert.»
«Die Konkurrenz funktionierte nicht mehr und Sachen wurden kartellrechtlich vorweg definiert.»
Urs Arbter, SVV-Direktor.
Kartellrechtlich vorweg definiert
Ebenfalls zu reden gab in der Vergangenheit der Zerfall der Net-Zero Asset Owner Alliance der Uno. Einst waren 17 Schweizer Privatversicherer Mitglied, inzwischen sind es noch einige wenige. Ein Rohrkrepierer? Arbter siehts pragmatisch: «Solche Allianzen verfügen über spezielle Rahmenbedingungen.» Es habe Erkenntnisse gegeben, dass die Anreize nicht mehr stimmten. «Die Konkurrenz funktionierte nicht mehr und Sachen wurden kartellrechtlich vorweg definiert.» Das stünde nicht im langfristigen Interesse von Versicherern.» Darum habe es einen weiteren Anlauf gebraucht.
Bereits in den Startblöcken befindet sich der neue Strategiezyklus des SVV. Der Direktor gibt einen ersten Einblick, was ab 2025 Programm ist: «Die Versicherungsindustrie möchte weiterhin als attraktiver Arbeitgeberin in Erscheinung treten.» Und auch die Vorsorge bleibe als Thema zentral. «Wir werden uns zudem dafür einsetzen, dass Toprisiken wie Cyber besser versicherbar werden. Im Weiteren arbeiten wir daran, die Versicherungsdurchdringung für Erdbeben zu erhöhen.»
Versicherer halten sich an Empfehlungen
Dass darin auch die Künstliche Intelligenz einen Platz einnimmt, ist klar: «Was zunimmt, ist die Geschwindigkeit sowie die Chancen und Risiken, die uns die Künstliche Intelligenz bieten», sagt Arbter. Er legt den Fokus bewusst auf die Chancen, weil diese Möglichkeiten böten, Prozesse weiter zu automatisieren und somit effizienter und günstiger zu produzieren. «Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels hilft es, Dienstleistungen anbieten zu können, die sonst nicht verfügbar wären.» Gefahren sieht Arbter allenfalls darin, dass die Künstliche Intelligenz Resultate zeitigt, die man nicht sehen möchte. «Da braucht es als Branche ein Regulativ. Wir haben letztes Jahr solche Guidelines erarbeitet. An diesen Empfehlungen orientieren sich unsere Mitgliedgesellschaften.» Das überarbeitete Datenschutzgesetz sei zudem eine gute Basis, um Künstliche Intelligenz in der Schweiz nutzen zu können, glaubt der SVV-Direktor. «Eine Verbotskultur würde hingegen die Wirtschaftsleistung nur schmälern.»