- Die demografische Entwicklung stellt Altersvorsorgesysteme vor Herausforderungen, wobei die Schweiz durch ihre Mentalität der Eigenverantwortung und das Drei-Säulen-System besser gerüstet ist als Deutschland, das auf ein rein umlagefinanziertes System setzt.
- In der Schweiz gibt es dennoch Lücken – besonders bei Frauen und Familienarbeitenden –, die durch private Vorsorge wie fondsgebundene Lebensversicherungen geschlossen werden könnten.
- In Deutschland hingegen wird Altersvorsorge hauptsächlich als staatliche Aufgabe gesehen, weshalb ein Mentalitätswandel hin zu mehr privater Eigenvorsorge notwendig wäre, um langfristig stabile Renten zu gewährleisten.
In der Schweiz und in Deutschland sind die Rentensysteme formell relativ ähnlich, aber die Mentalität bei der privaten Vorsorge unterscheidet sich deutlich – gerade sie könnte in Zukunft zum Erfolgsfaktor werden.
Schweiz: Gender-Fairness statt Gender-Pension-Gap
Das Schweizer Drei-Säulen-System gilt international noch immer als effizient und sozial relativ ausgewogen. Doch inzwischen zeigen sich auch hier erste Risse. Rund ein Drittel der Bevölkerung ist nur über die Säulen eins und zwei abgesichert. Dieser staatlich bzw. betrieblich finanzierte Ruhestand sichert als Sockel gegen Altersarmut ab. Doch was früher funktionierte, ist angesichts der Bevölkerungsentwicklung kein verlässliches Rezept für die Zukunft. Eine dauerhaft stabile Vorsorge muss sich auch gegen steigende Lebenshaltungs- und Pflegekosten oder Inflation rechnen. Wer ausschliesslich auf die ersten beiden Säulen setzt (oder setzen muss), vergibt zudem die steueroptimierenden und kapitalmarktorientierten Chancen der dritten Säule, beispielsweise den Steuerfreibetrag der Säule 3a.
Ein hoher Anteil der Schweizerinnen und Schweizer hat immer noch eine Vorsorgelücke, vor allem Frauen und Familienarbeitende: Das Gender-Pension-Gap ist mit über 30 Prozent vergleichsweise hoch ausgeprägt – obwohl Hauptverdienende gemäss einer aktuellen Umfrage von Liechtenstein Life mehrheitlich sogar für einen finanziellen Ausgleich innerhalb der Familie bereit wären. Fondsgebundene Lebensversicherungen können durch faire finanzielle Absicherung innerhalb von Familien nicht nur für Gender-Fairness sorgen, sondern auch Steuervorteile realisieren und ein zusätzliches Sicherheitsstandbein ausserhalb der garantierten Vorsorge eröffnen.
Dr. Aron Veress ist der CEO der Liechtenstein Life Assurance AG.
Deutschland: Mehrfachbelastung der Sandwichgeneration
Die demografische Umwälzung wirkt sich auf ein rein umlagefinanziertes Beitragssystem wie in Deutschland gravierend aus: Die geburtenstarken Babyboomer verabschieden sich in den kommenden Jahren in den Ruhestand, der von einer schrumpfenden Zahl an Arbeitnehmern finanziert werden muss. Rentenerhöhungen, selbst der angestrebte Inflationsausgleich, werden in Zukunft nicht mehr nur über Beiträge gestemmt werden können. Es ist offensichtlich, dass Staat und Beitragszahler mittelfristig für zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten sorgen müssen.
Versuche, die Rentenerhöhungen über Steuern zu finanzieren, entpuppen sich gerade für die Jüngeren als Doppelbelastung, weil beispielsweise die international hohe Belastung von Erbschaften der eigenen Absicherung enge Grenzen setzt. Die heute arbeitende Bevölkerung befindet sich in einer Sandwichsituation: Sie finanziert einerseits die heutigen Rentner und muss andererseits selbst die Initiative für die persönliche Vorsorge ergreifen, weil sie kaum Aussichten auf ein vergleichbares Einkommen im Alter hat.
Mentalität als Erfolgsfaktor
Die Schweiz verfügt im Vergleich mit den nördlichen Nachbarn über einen strategischen Vorteil: eine tief verwurzelte Mentalität der Eigenverantwortung. Der Wille, die eigene Zukunft selbst zu gestalten, ist in der urdemokratischen Schweiz viel stärker verankert als in vielen anderen europäischen Ländern. Verbunden mit einem im internationalen Vergleich hohen Bildungsgrad in Finanzfragen sorgt diese Mentalität dafür, dass Schweizerinnen und Schweizer Schwankungen an den Kapitalmärkten pragmatischer beurteilen und aufgeschlossener gegenüber kapitalmarktorientierten Anlageformen sind. Renditeorientierte Fondspolicen könnten die systemischen Herausforderungen zumindest in der individuellen Vorsorge abfangen.
In Deutschland arbeitet man immer noch primär an der Fortführung des Umlageprinzips. Die Anhebung des Renteneintrittsalters oder Steuererhöhungen sorgen jedoch nur bedingt für Entlastung, den Kern der Unsicherheit lösen sie nicht: Für die meisten Deutschen ist Altersvorsorge immer noch eine vor allem staatliche Aufgabe. Private Vorsorge wird nicht als Notwendigkeit gesehen, sondern als optionaler Zusatz. In Zukunft sollte sie jedoch angesichts der demografischen Schieflage zu einer tragenden Säule innerhalb der Altersvorsorge werden, die unabhängig vom Umlagesystem Erträge erwirtschaftet. Es wird Zeit, auch in der staatlichen Vorsorge Risiken zu erkennen und in den Kapitalmärkten auch Chancen. Wenn sich die Demografie und damit die Basis der bisherigen Altersvorsorge ändert, ist es Zeit für einen Bewusstseinswandel und eine Stärkung von Eigeninitiative. Makler und Vermittler sollten bei ihren Kunden und Kundinnen ein Bewusstsein für die eigene Verantwortung und den Gestaltungsspielraum wecken.