- Immer mehr Menschen fordern nachhaltige Lösungen bei Investitionen und im Arbeitsleben.
- ESG-Anlagen allein bieten oft keine echte Wirkung, daher gewinnt Impact-Investing an Bedeutung.
- Nachhaltigkeit kann Renditen steigern, erfordert aber aktives Engagement und eine breite Streuung der Investitionen.
Immer mehr Menschen wollen Nachhaltigkeit. Gemäss einer aktuellen Studie der HSLU begrüssen 61 Prozent der Kundinnen und Kunden die proaktive Nachfrage nach Nachhaltigkeitspräferenzen im Anlageprozess, und 71 Prozent achten auch bei der Arbeitssuche auf die Umweltpraktiken der Unternehmen. Sie sind heutzutage besser informiert, stellen höhere Ansprüche an die Nachhaltigkeit und lassen sich nicht so schnell von beliebigen Nachhaltigkeitsversprechen überzeugen wie früher. Ihr Wunsch nach nachhaltigen Lösungen jedoch ist ungebrochen. Doch weder ein nachhaltiger ETF oder eine Versicherungslösung noch die traditionellen Banken bieten eine nachhaltige Wirkung an.
Tillmann Lang ist CEO und Co-Gründer von Inyova.
Der Unterschied zwischen Nachhaltigkeitsangeboten ist gravierend. ESG-Anlagen sind inzwischen Mainstream, allerdings misst ESG nur die Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne von «die schlechten raus aus dem Portfolio» oder «die besten rein». Aber nur der Kauf einer Aktie erzielt keine Wirkung in der Realwirtschaft. Wer etwas bewirken möchte, braucht mehr. Schon die zunehmenden regulatorischen Anforderungen legen die Latte höher. In der Schweiz zum Beispiel wird die ESG-Analyse per se wahrscheinlich nicht ausreichen, um Investitionen als «nachhaltig» benennen zu können. «Nachhaltig» werden in Zukunft nur Investitionslösungen sein, die eine Wirkung nachweisen können. Wer am Markt «nachhaltige Investitionen» anbieten will, braucht also Kenntnisse im Bereich Impact-Investing, um Wirkungen zu erzeugen, zu messen und darüber zu berichten. Dies sind viele anspruchsvollere Qualifikationen für die Emittenten von Anlageprodukten und erfordern ein hohes Mass an Qualifizierungsmassnahmen.
Aktionärsrechte aktiv ausüben
Investitionen können auf zwei Arten Impact schaffen: bestehende Unternehmen zur Klimakonformität durch Active Ownership bewegen und durch die Verschiebung von Kapital Neues finanzieren. Active Ownership ist mittlerweile bekannter geworden. Jedoch werden die Aktionärsrechte der meisten Anlegerinnen und Anleger noch immer nicht ausgeübt. Viele Anbieter von Geldanlagen machen das schlicht nicht. Dabei kann Active Ownership nicht nur die Rendite langfristig verbessern, sondern auch die Anlegerschaft begeistern und emotional binden. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Engagement-Kampagne ist der Dialog mit Schweizer Versicherern in diesem Frühjahr auf und vor den Generalversammlungen. Versicherungsunternehmen spielen eine Schlüsselrolle bei der Transformation der Wirtschaft. Ihre Risikomodellierung und -deckung bestimmt, welche Projekte realisiert werden und welche nicht.
Leider versichern und finanzieren Versicherungsunternehmen nach wie vor fossile Energieprojekte, die nicht mit dem Ziel einer Beschränkung der globalen Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius vereinbar sind. So haben über 1200 Inyova-Impact-Investierende einen Brief an drei der grössten Schweizer Versicherungsunternehmen mitunterzeichnet, in dem sie fordern, dass die Unternehmen ihre Richtlinien in Bezug auf fossile Brennstoffe verschärfen und die Deckung auf grüne, saubere und nachhaltige Lösungen ausdehnen. Als erstes Ergebnis hat die Zurich angekündigt, ihre Öl- und Gaspolitik zu verschärfen und keine neuen Öl- und Gasprojekte mehr zu versichern. Swiss Re plant, die Transparenz bezüglich ihren Fortschritten im Übergang zu nachhaltigen Praktiken zu erhöhen.
Beteiligung an grünen Projekten
Die zweite Möglichkeit, als Kapitalanlegende echte Wirkung zu erzielen, ist die Verschiebung von Kapital mit der Möglichkeit, Zugang zu grünen Projekten zu erhalten. Dies ist am Markt bisher eher grossen Investoren vorbehalten, es gibt aber jetzt auch für Privatanlegende erste Opportunitäten. Ein Beispiel für ein solches Projekt ist die Beteiligung am Timpla-Projekt von Rengli. Hinter der Firma mit Produktionsstandort bei Berlin steht die Schweizer Holzbau-Expertise in fünfter Familiengeneration. Ziel ist, das Holzbaumodul zu industrialisieren, um es als stärkste und nachhaltigste Alternative für den Wohnungs- und Objektbau zu etablieren. Bis zu 40 Prozent der CO2-Emissionen können so beim Bauen eingespart werden. Zweitausend Raummodule pro Jahr sind aktuell geplant. Dafür wird in Deutschland das grösste Holzmodulwerk gebaut, das im Sommer an den Start gehen soll. Anlegende können sich ab einem Betrag von 500 Franken am innovativen Holzmodulbau beteiligen und bei einer Laufzeit bis 2028 eine jährliche Rendite von 7,25 Prozent erwarten.
Rendite nicht vergessen
Längst ist belegt, dass Nachhaltigkeit keine Rendite kosten muss. Im Gegenteil ist die Expertenmeinung eher, dass Unternehmen, die sich nicht nachhaltig aufstellen, schnell ins Hintertreffen geraten. Eine nachhaltige Wirkung erzielen und gleichzeitig eine gute Rendite für die Altersvorsorge erwirtschaften, das passt also gut zusammen. In jedem Fall sollten aber auch hier die beiden Grundregeln des Investierens beachtet werden: ein langfristiger Zeithorizont und eine ausreichende Diversifikation, also die Altersvorsorge auf verschiedene Anlagen zu verteilen.
Dieser Beitrag ist Teil des am 19. September 2024 erschienenen HZ Insurance-Print-Specials «Vorsorge».