Die Entwicklungen in der Zinslandschaft und an den Kapitalmärkten haben die Quoten der verschiedenen Anlagekategorien von Pensionskassen – und anderen grossen institutionellen Investoren – seit Anfang 2022 verändert. Die Aktienquote von Schweizer Pensionskassen sank gemäss der Swisscanto Pensionskassenstudie 2023 von Ende 2021 bis Ende 2022 von 33,8 auf 31,1 Prozent. Grund für den Rückgang sind die markanten Börsenkorrekturen sowohl in der Schweiz als auch weltweit.

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Die Obligationen (Franken- und Fremdwährungsanleihen) mussten im letzten Jahr ebenfalls Kursverluste hinnehmen; ihr Anteil sank jedoch nur geringfügig von 27,4 auf 27,1 Prozent. Immobilienanlagen hingegen standen hoch in der Gunst der Anlagestrateginnen von Pensionskassen: Ihr Anteil, davon rund 45 Prozent in Direktanlagen, stieg im Jahresverlauf von 24,6 auf 27,0 Prozent. Immobilien festigten ihre Bedeutung als zentrale Anlageklasse auch längerfristig, denn vor zehn Jahren betrug die Immobilienquote von Schweizer Pensionskassen im Durchschnitt erst 20 Prozent.

Der Autor

Richard Mooser, Chief Investment Officer und Head Fixed Income, Axa IM Schweiz

Weniger Obligationen, mehr Immobilien

Der Trend ist klar: Der Aktienanteil blieb über die letzten zehn Jahre fast unverändert, die Obligationenquote sank deutlich, Immobilien legten in grossem Stil zu. Es fand also eine Umschichtung von Obligationen- zu Immobilienanlagen statt. Diese Entwicklung schlug im letzten Jahr positiv zu Buche. Der Blick auf die Performancezahlen 2022 zeigt, dass die besten 10 Prozent der Pensionskassen der letzten fünf Jahre, also jene mit der besten Performance in dieser Zeit, im Jahr 2022 einen Immobilienanteil von 33,5 Prozent auswiesen; die 10 Prozent der Pensionskassen mit der tiefsten Wertentwicklung ihrer Anlagen hielten nur gut 20 Prozent Immobilien.

Der Hauptgrund für den Ausbau der Immobilienquote war das Zinsregime. In einem jahrelangen Umfeld rekordtiefer – und während 92 Monaten negativer – Zinsen, waren Immobilien praktisch die einzige zinsorientierte Alternative zu Obligationen, die eine positive Rendite abwarfen. Und nicht zuletzt hatten Immobilienanlagen einen diversifizierenden Effekt im Gesamtportfolio, da sie nur wenig mit anderen Anlagekategorien korrelieren.

Doch wie hoch sind die optimalen Anlagequoten? Und welche Freiheiten haben Pensionskassen hinsichtlich ihrer Vermögensallokation überhaupt? Die gesetzlichen Vorgaben (Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, BVV2) dienen als Richtschnur für die individuellen Anlageentscheidungen von Pensionskassen, wobei das Gesetz maximale Grenzen für bestimmte Anlagekategorien vorgibt, jedoch keine minimalen Quoten.

 

Sind die Aktienquoten langfristig zu gering?

Erlaubt wären 50 Prozent Aktien, 50 Prozent schweizerische Grundpfandtitel, 30 Prozent Anlagen in Immobilien (wovon maximal ein Drittel im Ausland), 15 Prozent alternative Anlagen, 30 Prozent Fremdwährungen ohne Währungssicherung, 10 Prozent Anlagen in Infrastruktur und 5 Prozent Anlagen in nicht kotierten Forderungen gegenüber Schuldnern (Private Debt) oder in Beteiligungen an nicht kotierten Gesellschaften (Private Equity), die ihren Sitz in der Schweiz haben und in der Schweiz operativ tätig sind.

Langfristig erzielen Aktienanlagen eine viel höhere Rendite als Obligationen und Immobilien. Um eine langfristig möglichst hohe Performance zu erzielen, müssten Pensionskassen den erlaubten Aktienanteil von 50 Prozent also besser ausnutzen und die Obligationenquote möglichst tief halten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Aus Risikoüberlegungen und um die Volatilität von Deckungsgrad und Wertschwankungsreserven in Grenzen zu halten, agieren die meisten Pensionskassen konservativ. Und bezüglich Trade-off zwischen Obligationen- und Immobilienanlagen hat der Trend jüngst um 180 Grad gedreht.

Im Umfeld der Normalisierung des Zinsregimes ist seit ein paar Monaten zu beobachten, dass viele Pensionskassen ihre Obligationenquoten wieder deutlich erhöhen. Gleichzeitig versuchen einige Kassen, bestimmte Immobilienanlagen, die unattraktiver geworden sind, abzustossen. Das ist jedoch kein einfaches Unterfangen, da Verkäufe oft nur mit deutlichem Preisabschlag möglich sind. Bei Gewerbeimmobilien sind die Preise in bestimmten Regionen zum Beispiel 20 Prozent (und mehr) tiefer als vor zwei Jahren.

 

Vielversprechende Obligationen über zwei bis drei Jahre

Die Frage nach der optimalen Obligationenquote im Vorsorgeportfolio ist primär durch das Risikomanagement bestimmt. Aber vor dem Hintergrund immer noch erhöhter Aktienbewertungen und Anzeichen einer sich abschwächenden Konjunktur dürften Obligationen hoher Bonität mit einer Laufzeit von zwei bis drei Jahren eine vielversprechende Anlagevariante sein.

Schweizer Investoren, die in den vergangenen Jahren mit einem immer stärkeren Franken konfrontiert waren, könnten zudem eine kleine Position an ungesicherten Fremdwährungsobligationen in Betracht ziehen. Es ist nicht klar, wie sich die Inflation entwickeln wird und wie lange die Schweizerische Nationalbank ihre Politik des harten Frankens weiterführt. Aber die Frankenaufwertung gegenüber den wichtigsten Handelswährungen Euro und Dollar kann nicht unbegrenzt weitergehen, da der starke Franken in manchen Unternehmensresultaten deutliche Bremsspuren hinterlässt.

Die Frankenzinsen sind stark angestiegen und machen Obligationen wieder attraktiver, auch aus Risikoüberlegungen heraus. Um die langfristigen Herausforderungen der Vorsorgeeinrichtungen zu meistern, dürfen Aktieninvestitionen aber nicht zu tief ausfallen.