Die Jugendlichen von heute – stark geprägt durch ihr digitales Umfeld und die letzten beiden Pandemie-Jahre – zeichnen sich in vielerlei Hinsicht durch andere Bedürfnisse als Erwachsene aus. Altersübergreifend lässt sich aber festhalten: Die Schweizer Bevölkerung nimmt die Digitalisierung positiver wahr als in der letzten Befragung. Über die Hälfte sieht im Einfluss der Digitalisierung auf das eigene Leben grösstenteils Chancen. In der Pandemie gab es deutlich mehr Berührungspunkte mit der digitalen Welt. Viele Menschen sehen daher die Digitalisierung als ein Thema, das sich quer durch alle Lebensbereiche zieht, und nicht mehr nur mit einzelnen Anwendungsbereichen und Tools assoziiert wird. Das zeigt der Mobiliar DigitalBarometer 2022 auf, eine breit angelegte Studie der Stiftung Risiko-Dialog, die von der Mobiliar Genossenschaft unterstützt wird.
Positiver Einfluss auf Wirtschaft und Lebensqualität, negativer Einfluss auf Gesellschaft
Die Meinungen zum Einfluss der Digitalisierung sind akzentuierter geworden. Die Pandemie hat digitale Tools und damit auch das digitale Miteinander Teil unseres Alltags werden lassen. Vor allem in unserem privaten Leben und in der Arbeit hat sich der Nutzen klar gezeigt und die Befragten sehen vermehrt Chancen. Spannend zu beobachten ist, dass der Einfluss der Digitalisierung speziell auf die Gesellschaft entweder klar mit Gefahren oder klar mit Chancen assoziiert wird. Nur 18% gaben an, dass sie gleichermassen Chancen und Gefahren mit dem Thema verbinden, im Vorjahr waren es noch 44%. Spiegeln sich hier unter anderem die Sorgen der letztjährig stark diskutierten Polarisierungstendenzen und Verschwörungstheorie-Debatten rund um Covid-19 wider?
Die Jugendlichen nehmen den Einfluss der Digitalisierung auf das eigene Leben ähnlich positiv wahr wie ältere Personen. Beim Einfluss auf die Wirtschaft sind es sogar 96%, die den Einfluss eher oder nur positiv bewerten. Beim Einfluss auf die Gesellschaft hebt sich die Jugend jedoch in die gegenteilige Richtung ab. 60% der 16- und 17-jährigen sehen dort vordergründig Gefahren. Sie haben einen kritischen Blick, obwohl diese Generation mit der ständigen Begleitung von digitalen Geräten und Tools aufwächst. Oder vielleicht gerade deshalb?
Gespräche und Interviews zeigen, dass diese Generation den Umgang mit der digitalen Welt durch Trial-and-Error erlernt in einem grösstenteils ungefilterten Web. Das führt auch immer wieder zu negativen Erfahrungen und konfrontiert die Jugendlichen mit gewissen Gefahren.
Starke Forschung und Wirtschaft, Schwächen bei Politik und Verwaltung
Die Schweizer Bevölkerung sieht vor allem Stärken in der Forschung, Wirtschaft und Infrastruktur. Schwächen zeigen sich bei Politik, Verwaltung und gesellschaftlichen Themen wie digitale Souveränität resp. im Umgang mit Personen, die nicht mit der Digitalisierung Schritt halten können. Es liegt eine gewisse Enttäuschung in der Luft, wohl auch genährt durch den erkannten Nachholbedarf weg von einer Verwaltungskultur hin zu agilen Lösungen. Diese werden dem hohen Tempo der Digitalisierung eher gerecht und fördern innovative Lösungen. Der oft kritisierte Föderalismus bietet hier auch Chancen, beispielsweise um kantonale Prototypen umzusetzen und daraus zu lernen.
So schätzt sich die Schweiz im Vergleich zu Nachbarländern ein:
Wahrnehmungen und Partizipationsbedürfnisse in drei Themenfeldern
Die Pandemie hat aufgezeigt, wie wichtig es ist, alle Bevölkerungsgruppen abzuholen und einzubinden, um tragfähige Lösungen zu unterstützen. Die Bedingungen dazu scheinen gegeben. Die Schweizer Bevölkerung möchte sich auch im Kontext der Digitalisierung nicht mehr nur informieren und passiv einbezogen werden, sondern immer mehr auch durch aktive Beteiligung mitgestalten. Der diesjährige Mobiliar DigitalBarometer 2022 fokussiert auf folgende drei Themenfelder: «Digitale Daten», «Digitale Meinungsbildung» und «Zukunft der Arbeit».
Zukunft der Arbeit: Orts- und zeitunabhängiges Arbeiten – der Trend findet Gefallen
Im Vergleich zum Vorjahr wollen die Befragten stärker teilhaben an der Gestaltung unserer digitalen Zukunft. So wollen 35% das Thema “Zukunft der Arbeit” aktiv mitgestalten. Das Bedürfnis nach Mitgestaltung nimmt dabei graduell zu, je jünger die befragten Personen. 29% wollen sich weiterbilden und weitere 34% möchten sich informieren. Weiter zeigt sich, dass beim Thema «Zukunft der Arbeit» insbesondere das orts- und zeitunabhängige Arbeiten sehr positiv gewertet wird – trotz oder gerade wegen zwei Jahren Pandemie? Zwei Drittel (65%) assoziieren damit vordergründig Chancen.
Digitale Daten: Immer mehr wollen entscheiden, was mit den eigenen Daten geschieht
Im Thema “Digitale Daten” möchten gar 54% verstärkt Mitbestimmung erfahren und 46% möchten sich informieren. Spannend zu betonen ist hier, dass Jugendlichen deutlich mehr Gefahren wahrnehmen, wenn es um Gesundheitsdaten (70% sehen mehrheitlich Gefahren), soziodemografische Daten (73% mehrheitlich Gefahren) und Kommunikationsdaten (76% sehen mehrheitlich Gefahren) geht als der Rest der Bevölkerung (vgl. Kuchendiagramm oben betr. allgemeiner Einschätzung). Hingegen wird die Sammlung von Konsumdaten nur von fast jeden fünften Jugendlichen (19%) eher oder nur mit Gefahren assoziiert. Über drei Viertel (76%) sehen hier vor allem Chancen. Digital Natives nehmen die Vorteile bestimmter Angebote sehr bewusst wahr – gerade wenn es um personalisierte Anwendungen wie beispielsweise Streaming-Dienste geht. Es zeigt sich erneut, dass die Sammlung von Daten hingenommen wird, wenn damit ein grosser Nutzen für das Individuum verbunden ist. Qualitative Gespräche zeigen weiter auf, dass hier zumindest bei den Jugendlichen wenig Bewusstsein vorhanden ist, welche Daten sensibel sind und welche nicht. Aus Sicht einer Mehrheit existieren für viele der genutzten Dienste wie Google, Youtube etc. auch kaum valide Alternativen. Gerade hier braucht es aktive Sensibilisierung.
Digitale Meinungsbildung: Angekommen im Fake News-Zeitalter?
Beim Thema «Digitale Meinungsbildung stehen Risiken stärken im Vordergrund als im Vorjahr. Im Gegensatz zu den Themenfeldern, “Zukunft der Arbeit” und “Digitale Daten”, steht hier an erster Stelle das Bedürfnis, sich Wissen und Strategien rund um einen fundierten digitalen Meinungsbildungsprozess anzueignen (48%). Der Wunsch nach Mitgestaltung (28%) - sowohl politisch als auch im Rahmen von Experimenten, Workshop etc. - steht hier weniger stark im Vordergrund. Jugendliche sehen im Vergleich zu allen anderen Alterskategorien mehr Chancen, wenn es um die digitalisierte Meinungsbildung geht. Dies mag zu einem grossen Teil mit einer hohen Nutzenwahrnehmung zusammenhängen. Die digitale Kommunikation auf Online-Kanälen stellt einen fixen Bestandteil ihres Alltags dar. Influencer und Peerto-Peer-Kommunikation sind zentral und Informationen werden immer mehr in Kurzform-Aufbereitung aufgenommen (z.B. TikTok). Nur 6% aller Jugendlichen gaben an, bei der Meinungsbildung auf öffentlich-rechtliche Medien zu vertrauen. Eine überraschend tiefe Zahl, die womöglich zum Teil auch daran liegt, dass der Begriff «öffentlich-rechtlich» nicht für alle verständlich war. Denn bei qualitativen Gesprächen wurden öffentlich-rechtliche Medien nichtsdestotrotz regelmässig genannt, wenn es um qualitativ hochwertige Informationen geht. Zugleich zeigt sich auch, dass nur eine Minderheit (12%) bereit ist, Geld an private Unternehmen zu bezahlen (bspw. an Medienunternehmen) für eine fundierte Berichterstattung. Es sind somit neue Hebel gefragt!
Dazu will der Mobiliar DigitalBarometer zusammen mit unterschiedlichsten Umsetzungsprojekten auch in Zukunft beitragen.
Das Gesellschaftsengagement der Mobiliar
Mit ihrem Gesellschaftsengagement setzt sich die seit 1826 genossenschaftlich verankerte Mobiliar für die Schweiz ein. Das Unternehmen unterstützt unter anderem Forschungsvorhaben an der Universität Bern, der ETH Zürich sowie der EPF Lausanne und fördert Präventionsprojekte zum Schutz vor Naturgefahren in allen Regionen des Landes. Die Mobiliar ermöglicht und initiiert neue Projekte in den Bereichen Kultur und Nachhaltigkeit, hat mit dem «Atelier du Futur» ein Sommercamp für Jugendliche ins Leben gerufen und das schweizweite Projekt «MoBees» lanciert, mit dem sie auf die Biodiversität sensibilisiert. Mit dem Mobiliar Forum hat sie eine Innovationswerkstatt für kleine und mittlere Unternehmen sowie NGOs aufgebaut, mit Standbeinen in Thun und Lausanne. Mehr Informationen über das Engagement der Mobiliar: mobiliar.ch/engagement