Die Versicherungsindustrie ist laut dem aktuellen Global Insurance Report der Allianz in der Corona-Krise mit einem blauen Auge davongekommen: 2020 fielen die weltweiten Prämieneinnahmen lediglich um 2,1 Prozent. Dabei konnte die Sachversicherung sogar noch ein kleines Plus von 1,1 Prozent verzeichnen; das Lebensgeschäft brach dagegen um 4,1 Prozent ein.
Insgesamt war dieser Rückgang dennoch deutlich kräftiger als 2009 (-1,1 Prozent) in der Nachfolge der Finanzkrise. Das gesamte Prämieneinkommen lag damit rund 80 Milliarden Euro niedriger als vor der Krise und summierte sich auf 3730 Milliarden Euro (Leben: 2267 Milliarden Euro und Sach: 1463 Milliarden Euro). In der Schweiz gingen die Prämieneinnahmen insgesamt um 11,1 Prozent zurück, was vor allem auf den Ausstieg eines Mitbewerbers aus dem Vollversicherungsgeschäft zurückzuführen ist.
Für 2021 ist auch für die Versicherungsindustrie mit einem kräftigen Wachstum zu rechnen, so der Global Insurance Report. Insgesamt sollten die Prämien global um 5,1 Prozent steigen. Dabei dürften die USA (+5,3 Prozent) und China (+13,4 Prozent) als die beiden Wachstumslokomotiven erweisen, prognostizieren die Allianz-Experten. Nach dem starken Einbruch im Vorjahr wird die Erholung im Leben-Segment (+5,7 Prozent) etwas kräftiger ausfallen als in der Sachsparte (+4,2 Prozent).
Das starke Wachstum sollte sich auch in den Folgejahren fortsetzen, angetrieben durch den verstärkten Fokus auf Nachhaltigkeit und den weiteren Aufstieg der Schwellenländer. Weltweit erscheint ein durchschnittliches Wachstum von über 5 Prozent in den nächsten zehn Jahren möglich. «Die Versicherungsindustrie hat sich in der Corona-Krise als widerstandsfähig erwiesen», so Ludovic Subran, Chefökonom der Allianz.
Prämieneinbruch und schwache Erholung in Europa
Westeuropa verzeichnete 2020 weltweit den stärksten Prämieneinbruch mit einem Rückgang von 5,1 Prozent. Während sich die Sachsparte noch gerade behaupten konnte (+0,5 Prozent), gingen die Einnahmen in der Lebenssparte um 7,8 Prozent zurück. Die Gesamtprämieneinnahmen erreichten 1062 Milliarden Euro und lagen damit knapp 60 Milliarden unter denen des Vorjahres. Auch die Erholung dürfte zögerlicher als im Rest der Welt ausfallen. Während sich das globale Prämienniveau bereits Ende 2021 wieder auf Vor-Krisen-Niveau befinden dürfte, wird dieser Wert in Europa wahrscheinlich erst 2023 erzielt.
Spiegelbildlich zu schwächeren Wirtschaftsentwicklung ist 2021 nur mit einem Wachstum von 1,2 Prozent zu rechnen (Leben: 1,3 Prozent, Sach 1,1 Prozent). Danach ist jedoch auch in Europa eine Beschleunigung zu erwarten, im Mittel der nächsten zehn Jahre sollte sich das Wachstum bei 3 Prozent einpendeln (Leben: 3,1 Prozent, Sach: 2,7 Prozent) und damit deutlich über dem Niveau der letzten Dekade (1,2 Prozent), die nicht nur von Corona, sondern auch von der Eurokrise getrübt wurde.
In der Schweiz gingen die Prämieneinnahmen im vergangenen um 11,1 Prozent zurück. Diese negative Entwicklung geht allein aufs Lebensgeschäft zurück, in denen die Prämien um 17,7 Prozent sanken. Grund dafür ist vor allem der Rückzug eines Mitbewerbers aus dem Vollversicherungsgeschäft. Das Sachgeschäft dagegen zeigte sich widerstandsfähig und legte um 1,0 Prozent zu - was in etwa der (schwachen) Vor-Krisen Dynamik entspricht.
2021 ist mit einer deutlichen Erholung zu rechnen (+1,8 Prozent), da sich das Lebensgeschäft wieder fangen sollte (+2,3 Prozent), während im Sachbereich wenig Veränderung zu erwarten ist (+1,0 Prozent). Über die gesamte nächste Dekade dürfte die Schweiz ein durchschnittliches Wachstum von 2,1 Prozent pro Jahr erzielen. Dies wäre deutlich schneller als in 2010er Jahren (-0,2 Prozent), in denen vor allem die rückläufigen Prämieneinnahmen im Lebensgeschäft belasteten (im Durchschnitt -1,0 Prozent pro Jahr).
Lebensgeschäft als Sorgenkind
«Die Lebensversicherung ist das Sorgenkind der europäischen Versicherungsindustrie», so Patricia Pelayo Romero, Co-Autorin des Reports. «In den letzten zehn Jahren lag hier das Wachstum bei mageren 0,6 Prozent pro Jahr - in der Sachversicherung war es viermal höher. Post Covid-19 bietet sich die einmalige Chance zur Trendumkehr. Nicht weil eine Zinswende bevorsteht, sondern weil die europäischen Haushalte auf einem Berg von zusätzlichen Ersparnissen in Höhe von knapp 500 Milliarden Euro sitzen. Gelingt es der Industrie, ihre Expertise in der nachhaltigen Anlage in attraktive Produkte für ihre Kunden umzumünzen, sollte sie sich einen Teil dieses Kuchens sichern können.»
(ots/hzi/gku)