Das Finma-Rundschreiben 2017/2 «Corporate Governance – Versicherer» konkretisiert die Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes betreffend die Corporate Governance. In den Randziffern 6 bis 15 finden sich neun Corporate-Governance-Prinzipien, die von jedem Schweizer Versicherer unternehmensweit umgesetzt werden müssen. Hierunter sind unter anderem auch verschiedene Massnahmen vorgeschrieben, welche den mit der Geschäftsführung sowie Oberleitung, Aufsicht und Kontrolle des Versicherungsunternehmens betrauten Personenkreis betreffen.
Autor:
Prof. Dr. Florian Schreiber ist Insurance Lead am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern – Wirtschaft. In dieser Rolle fungiert er auch als Programmleiter des Weiterbildungslehrgangs CAS Future of Insurance sowie als Herausgeber des IFZ Insurance Insights Blog.
Nahezu identischer Bildungsgrad in den Leitungsgremien
Der Ausbildungsgrad allein ist oftmals nur wenig mit den tatsächlichen fachlichen und persönlichen Qualitäten einer Person verknüpft. Ungeachtet dessen wird bei der Besetzung von Vakanzen in den Verwaltungsratsgremien und Geschäftsleitungen dennoch die Tendenz deutlich, Personen mit einem formell nachweisbaren höheren Bildungsgrad und spezifischem Fachwissen stärker zu berücksichtigen. Aus einer rein formellen Perspektive weisen die 342 Geschäftsleitungsmitglieder der Versicherer einen vergleichbaren Bildungsgrad wie die 481 Verwaltungsratsmitglieder auf (vgl. Abbildung 1). Analog zum Vorjahr liegt die Akademikerquote der Verwaltungsräte mit 75 Prozent (2019: 72 Prozent) leicht über derjenigen der Geschäftsleitungsmitglieder (69 Prozent; Vorjahr: 66 Prozent). Mit einem Anteil von 25 Prozent können die Verwaltungsratsmitglieder auch die nahezu doppelte Promoviertenquote vorweisen (GL: 13 Prozent). Der Anteil an Personen mit Bachelor- bzw. Masterabschluss fällt jedoch um 6 Prozentpunkte niedriger aus als bei den Geschäftsleitungsmitgliedern.
Abseits der akademischen Abschlüsse sticht die doppelt so hohe Quote an Fachexpertinnen und Fachexperten in den Geschäftsleitungen ins Auge. Diese lässt sich eventuell dadurch erklären, dass im Verwaltungsrat andere Kompetenzen gefragt sind als in dem geschäftsführenden Organ (bspw. juristische oder allgemein unternehmerische und strategische Expertise). Einige Verwaltungsratsmitglieder haben keinen klassischen Versicherungshintergrund, sondern stammen vielmehr aus einem akademischen Berufsumfeld, welches ausserhalb der Finanzdienstleistungsbranche angesiedelt ist.
Frauenanteil in den Geschäftsleitungen tiefer als in den Verwaltungsräten
Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der Schweizer Versicherer ist im Vergleich zum Vorjahr zwar um 2 Prozentpunkte auf 15 Prozent angestiegen, bleibt damit allerdings immer noch deutlich hinter dem Frauenanteil in den Verwaltungsräten zurück (20 Prozent; 2019: 18 Prozent). In Köpfen ausgedrückt: Unter den 342 Geschäftsleitungsmitgliedern, die in unserer Analyse erfasst sind, sind gerade einmal 50 Frauen zu finden. Wie im Vorjahr können insgesamt 13 der 84 untersuchten Versicherer (Anteil: 15 Prozent) eine Frauenquote von mindestens 33 Prozent vorweisen. Bei sechs Gesellschaften ist sogar mindestens die Hälfte der Geschäftsleitungssitze mit Frauen besetzt. Von den 481 Verwaltungsratssitzen werden derzeit 93 Mandate von Frauen wahrgenommen, was einem Anteil von 19 Prozent entspricht – im direkten Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von 2 Prozentpunkten.
Unterschiedliche Durchschnittsalter in den beiden Gremien
Abbildung 2 zeigt einen Überblick der Altersverteilung in beiden Gremien. Über alle betrachteten Gesellschaften hinweg sind die Mitglieder der Geschäftsleitungen im Durchschnitt 51 Jahre alt und somit um nahezu 6 Jahre jünger als das durchschnittliche Mitglied eines Verwaltungsrats (57 Jahre; jeweils gerundet). Knapp ein Fünftel (23 Prozent) der Geschäftsleitungsmitglieder ist jünger als 45 Jahre. Lediglich 5 Prozent bzw. 18 Personen sind älter als 60 Jahre. Für die restlichen 218 Personen bzw. zwei Drittel aller Geschäftsleitungsmitglieder kann somit festgehalten werden, dass diese zwischen 46 und 60 Jahren alt sind (Durchschnittsalter: 53 Jahre).
Das vergleichsweise hohe Durchschnittsalter der Verwaltungsratsmitglieder spiegelt den Anspruch an Seniorität und Erfahrung im Anforderungsprofil für Verwaltungsratsmitglieder wider. Insgesamt sind rund drei Viertel (76 Prozent) zwischen 46 und 65 Jahren alt. Gerade einmal 7 Prozent sind jünger als 46 Jahre, wohingegen mehr als doppelt so viele (17 Prozent) älter als 65 Jahre sind. Innerhalb der Altersklasse zwischen 46 und 65 Jahren ist die Anzahl der jeweiligen Verwaltungsratsmitglieder primär auf die Altersgruppe zwischen 51 und 60 Jahren konzentriert. Aus der Makroperspektive präsentiert sich jedoch eine ordentlich diversifizierte Altersverteilung, wobei auch hier anzumerken ist, dass diese für einzelne Versicherer mitunter stark vom Stichprobenmittelwert abweicht.