Eine Arbeitsgruppe des SVVG hat sich eingehend damit auseinandergesetzt, sich mit den Partnerverbänden SVV und VBV ausgetauscht und an zwei Meetings eine Stellungnahme zum Vernehmlassungsentwurf (E-AVO) ausgearbeitet. Die resultierende Vernehmlassungsantwort wurde am 29. August 2022 beim Eidgenössischen Finanzdepartement eingereicht.
Was will die neue AVO generell, was die Vermittlungstätigkeit betrifft?
- Klare Verhaltensregeln für den Vertrieb von Lebensversicherungen
- Strengere Regeln bei der Versicherungsvermittlung zum Schutz der Versicherten
- Mindeststandards für die Versicherungsvermittlung. Die von der Branche definierten Mindeststandards werden durch die FINMA geprüft und verbindlich in Kraft gesetzt
- Verpflichtung der gebundenen und ungebundenen Vermittler*innen zu einer dauerhaften Weiterbildung
- Versicherungsnehmer sollen sich einfach über die Kompetenzen ihrer Berater informieren können.
Welche Punkte sind aus Sicht der Generalagenten besonders relevant?
Gebundene wie ungebundene Versicherungsvermittler*innen müssen gemäss den gesetzlichen Vorgaben über die notwendigen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Die Mindeststandards zur Aus- und Weiterbildung werden aktuell im Rahmen einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des SVV, des SVVG, der SIBA, der Santésuisse und Curafutura und des VBV unter dessen Federführung erarbeitet.
Die folgenden weiteren Fragen im Zusammenhang mit der AVO sind im Berufsalltag der Generalagenten von besonderem Interesse:
- Welche Vermittlungstätigkeit untersteht der Aufsicht und welche nicht? Diese Frage soll anhand eines objektiv messbaren Kriteriums beantwortet werden können. Gemäss Verordnungsentwurf handelt es sich um eine aufsichtsbefreite Annex-Versicherungsvermittlung sofern die Jahresprämie nicht mehr als CHF 600 beträgt. Weiter hält der Entwurf fest, dass auch das Ausführen von Vorbereitungsarbeiten unter das Anbieten oder Abschliessen eines Versicherungsvertrags fällt.
- Gemäss Entwurf muss die Aus- und Weiterbildung durch den erfolgreichen Abschluss einer Prüfung oder durch einen gleichwertigen anderen Ausweis nachgewiesen werden. Dieser Grundsatz ist unbestritten, doch wie verhält es sich mit Versicherungsvermittler*innen in Ausbildung: Dürfen angehende Versicherungsvermittler*innen bereits selbständig Versicherungskunden betreuen?
- Ab wann sollen die neuen Bestimmungen gelten? Der Vernehmlassungsentwurf sieht zum Teil unterschiedliche Umsetzungsfristen vor. Generell soll die Verordnung bereits am 1. Juli 2023 in Kraft treten.
Die Positionen des SVVG
- Die AVO stipuliert eine maximale Prämie von CHF 600 für die aufsichtsbefreite Annex-Versicherungsvermittlung
Der SVVG begrüsst diese maximale Obergrenze und er stellt sich auf den Standpunkt, dass z.B. die Beratung von Motorfahrzeugversicherungen, welche meist eine höhere Prämie aufweisen, von der Aufsicht erfasst wird. Auf diese Weise wird die Qualität am POS sichergestellt und es gelten gleich lange Spiesse für alle Marktteilnehmer. Hingegen ist ein besonderer Konsumentenschutz bei der Vermittlung von Bruchversicherungen für Elektronikgeräte, Brillen, Sportartikel etc., welche meist eine tiefere Prämie aufweisen, nicht notwendig. - Der Vernehmlassungsentwurf möchte alle Personen, welche am Abschlussprozess beteiligt sind, der AVO unterstellen
Der SVVG lehnt diese weitgehende Formulierung entschieden ab. Er vertritt den Grundsatz: Wer gegenüber Kunden eine beratende Tätigkeit vornimmt mit dem Ziel, einen Versicherungsvertrag abzuschliessen, der soll als Versicherungsvermittler gelten und die entsprechenden aufsichtsrechtlichen Pflichten sowie Aus- und Weiterbildungspflichten erfüllen müssen. Für Personen, die Vorbereitungsarbeiten leisten, ist die Aus- und Weiterbildungspflicht, wie sie das VAG verlangt, nicht gerechtfertigt. - Die AVO führt zu einer «Lernfahrer-Lösung» für angehende Versicherungsvermittler, d.h. diese dürften erst nach Abschluss der Ausbildung selbständig beraten und verkaufen
Der SVVG sagt nein zu dieser praxisfremden Lösung. Den Versicherungs-Generalagenten ist es ein zentrales Anliegen, dass die angehenden Versicherungsvermittler im Rahmen ihrer Ausbildung bereits vor Absolvieren der Vermittlerprüfung selbstständig Kunden entsprechend ihrem Ausbildungsstand betreuen dürfen. Die bewährte und angewandte Praxis der eigenständigen Kundenkontakte während der Ausbildung bzw. vor Abschluss der Vermittlerprüfung muss weiterhin möglich sein (im Rahmen einer strukturierten berufsbegleitenden Ausbildung und nach ausreichender Einarbeitungszeit). Eine Einschränkung der selbständigen Betreuung von Kunden vor Absolvieren der Vermittlerprüfung würde das bewährte Ausbildungskonzept völlig auf den Kopf stellen und die Qualität desselben aufgrund der fehlenden Praxisnähe massiv beeinträchtigen. Zudem wäre ein solches Vorgehen nicht finanzierbar. - Die AVO sieht unterschiedliche Umsetzungsfristen vor
Der SVVG stellt sich auf den Standpunkt, dass die produktspezifischen Informationspflichten auf denselben Zeitpunkt in Kraft zu setzen sind wie die übrigen Informations- und Transparenzbestimmung zu den qualifizierten Lebensversicherungen (für welche eine Übergangsfrist von einem Jahr ab Inkrafttreten des Gesetzes gilt). Das zeitliche Vorziehen der produktspezifischen Informationen gegenüber den allgemeinen Informationspflichten ist nicht gerechtfertigt und praxisfremd. Generell fordert der SVVG eine angemessene Frist zur Umsetzung der AVO von mindestens einem Jahr zwischen der Verabschiedung der Endfassung der Verordnung und dem Inkraftsetzungstermin für das revidierte VAG/die revidierte AVO. Das revidierte Recht (VAG/AVO) sollte frühestens per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt werden (was eine Veröffentlichung der definitiven Fassung der revidierten AVO bis Ende Jahr bedingt).