Was zeichnet Jean-Daniel Laffely als Menschen aus? «Ich denke, meine Sozialkompetenz.» Der CEO der Vaudoise empfindet sich als soziale Person, die gerne auf die Menschen zugeht, mit ihnen spricht und zuhört.
«Ich bin ein Familienmensch und eine ehrliche Person.»
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise.
So erinnert er sich etwa an die Aussage einer Kollegin aus der Direktion, die sagte: «Jean-Daniel, du bist menschlich, vertrauenswürdig, nah und proaktiv, so wie die Werte der Vaudoise.» Das tönte zwar etwas platt, «ist aber so», betont Laffely. «Ich bin ein Familienmensch und eine ehrliche Person.»
Unkonventionell in der Freizeit
Und das würde seine Frau so unterschreiben? «Wissen Sie, ich habe mich vor unserem Gespräch mit ihr beraten, und sie hat mir gesagt, wie ich antworten soll.» Sie sieht Jean-Daniel Laffely jedenfalls als einen neugierigen und engagierten Menschen, der obendrein sehr beschäftigt ist.
Jean-Daniel Laffely hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Universität Lausanne (HEC). Sein beruflicher Werdegang begann bei der «La Suisse» Versicherung, wo er innerhalb des Aktuariats Mitglied der Geschäftsleitung wurde. 2006 trat er als Chief Risk Officer (CRO) in die Vaudoise ein. 2012 wurde er zum stellvertretenden Generaldirektor ernannt und führte den Sektor Finanzen, der 2017 zum Departement Finanzen & Strategische Projekte wurde. Seit 2017 ist er Verwaltungsratspräsident der Berninvest AG und der Vaudoise Investment Solutions AG. Darüber hinaus ist er Verwaltungsrat der Vaudoise Asset Management AG in Bern. Im Jahr 2020 wurde er CEO der Vaudoise.
«Obwohl ich viel unterwegs bin, stehe ich meinen beiden Söhnen und meiner Frau sehr nahe.» Darüber hinaus gestaltet er seine Freizeit unkonventionell: «Seit ich 14 Jahre alt bin, spiele ich Tischtennis.» Er tut dies auch heute noch regelmässig. Vor einigen Wochen hatte er einen Tischtennismatch. «Natürlich nicht mehr in der Nationalliga, aber immer noch in einer Liga.»
«Da ich Mathematik und Statistik liebe, stiess ich auf die Versicherungsbranche.»
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise.
Laffely ist ein bekennender Enthusiast in Sachen Eishockey und Fussball. «Generell Sport, würde ich sagen.» Daneben isst er auch gerne und mag gute Gesellschaft. «Vor allem diejenige von Freunden.» Und er liebt Musik. Da die Vaudoise ein Sponsor des Montreux Jazz Festival ist, trifft man Laffely auch mal an einem der Konzerte. Doch am Konzert von Sting dieses Jahr leider nicht, was ein Drama sei. «Meine Frau ist ein grosser Fan von Sting.» Das Paar hat ihn schon mehrmals live gesehen, «das letzte Mal in der Vaudoise Aréna, es war toll».
Rasch war klar, wohin
So musisch wie Jean-Daniel Laffely privat ist, so zahlenorientiert ist der Vaudoise-Chef geschäftlich. Ende der Achtzigerjahre präsentierte sich der Arbeitsmarkt nicht in einer sehr robusten Lage. Es gab mehr Arbeitslosigkeit als heute. Also fragte sich der junge Ökonom, welche Branche wohl die sicherste sei.
«Da ich Mathematik und Statistik liebe, stiess ich auf die Versicherungsbranche.» An der Universität in Lausanne, wo er sein Studium absolvierte, machten Banken und Versicherungen aktiv Werbung für Nachwuchstalente. «Mir war rasch klar, wohin es mich zieht.»
Deutschkenntnisse aufbauen
Er startete bei der La Suisse, einer Tochtergesellschaft der Swiss Life, in einer Abteilung, in der es um Controlling, Kosten und Tarife ging – ähnlich einem heutigen Aktuariat. «Eine sehr gute erste Arbeitsstelle», wo er viel Erfahrung sammeln konnte. Rückblickend sagt er, dass der Entscheid goldrichtig war. «Nach zwei Jahren schickte man mich für ein Praktikum zur Münchener Rück, wo ich grosse Versicherungsverträge begleiten und meine Deutschkenntnisse aufbauen konnte.» Laffely ordnet dies als eine sehr lehrreiche und persönlich wertvolle Zeit ein.
«Der komplementäre Trend zum klassischen Versicherungsgeschäft entwickelt sich für die Vaudoise sehr zufriedenstellend.»
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise.
Apropos wertvoll: Laffelys Geschäftsstrategie bei der Vaudoise macht sich bezahlt. Gerade in der Deutschschweiz: «Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Zwischen 2015 und heute haben wir den Marktanteil der Vaudoise-Gruppe von damals 35 auf 40 Prozent beziehungsweise von 1,1 auf 1,3 Milliarden Franken gesteigert.» Was ihn ebenfalls sehr freut, ist die Performance von Berninvest. «Ich hatte mich für diese Akquisition dieses Anlagefonds-Dienstleisters starkgemacht, weil ich der Überzeugung bin, dass die Übernahme für die Vaudoise gewinnbringend ist.» Damals verzeichnete Berninvest Asset Owner Managements in der Höhe von 1,4 Milliarden Franken. «Heute sind es bereits mehr als 3 Milliarden Franken.»
Die Beteiligung bei der auf Immobilienanlageprodukte spezialisierten Procimmo von 20 Prozent, die ebenfalls Asset Owner Managements in der Höhe von 4 Milliarden Franken ausweist, ist ebenfalls lukrativ. Das Immobilienstandbein scheint sich für die Vaudoise also zu lohnen. «Der komplementäre Trend zum klassischen Versicherungsgeschäft entwickelt sich für die Vaudoise sehr zufriedenstellend», gesteht Laffely ein. Dass die Weiterverteilung des Gewinns an die Kundschaft so gut ankomme, sei ein weiterer Grund zur Freude. «Aber natürlich hat auch bei uns in der Vergangenheit nicht alles von Beginn weg optimal funktioniert.» Bei diesem facettenreichen Vorhaben haben man sich anfänglich zu sehr auf die Terminologie fokussiert. Viel eher hätte es Klarheit gebraucht bezüglich der Ausgestaltung der Transformation, etwa bei Produkten. Klarheit zu haben. «Hier mussten wir Korrekturen vornehmen.» Das gehe natürlich nicht von heute auf morgen. «Das ist ein Prozess, der langfristig läuft, aber wir sind auf einem gutem Weg und haben erste konkrete Erfolge.»
Und noch etwas: «Es ist nicht immer einfach, mit jeder Investition richtig zu liegen, gerade bei Startups. «Wir haben unsere Investitionen hier eher bescheiden gehalten.», gibt der Vaudoise-Chef zu.
Erworbene Kompetenzen im Bereich Pensionskassen
Gibt es da allenfalls eine Rückkehr zu mehr Bescheidenheit? «Mit dem eingeschlagenen Kurs bin ich glücklich.» Man habe eine Strategie beschlossen, deren Teil die auch das Engagement in Immobilien berücksichtige. «Diese Strategie lohnt sich für die Vaudoise.» Man verfüge jetzt über wertvolle Kompetenzen in diesem Bereich. Worüber Laffely auch glücklich ist, sind die erworbenen Kompetenzen im Bereich Pensionskassen, etwa durch die Übernahme von aktuariellen Expertinnen und Experten der Swiss Life Pension Services, von Pittet Associés SA und mit dem neuesten Zugang Prevanto. Somit ist die Vaudoise nun Marktführerin in der aktuariellen Beratung für Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz und kann auf die Kompetenzen und die Expertise der Teams verschiedener Einheiten zurückgreifen, und damit ihre Attraktivität als engagiertes Unternehmen für Kunden und als motivierende Arbeitgeberin steigern. Dort sei die Diversifikation kohärent mit der Kernkompetenz der Vaudoise.
«Auch im Hypothekargeschäft ist unsere Gruppe investiert und somit bewusst komplementär aufgestellt.» Eine Rückkehr zum Kerngeschäft, wie man es in der jüngeren Vergangenheit von anderen Versicherern vernommen hat, dürfte bei der Vaudoise vorerst nicht eintreten.
«Der Markt ist wohl zu wenig gross, um daraus eine schlagkräftige Gruppe zu bilden.»
Jean-Daniel Laffely, CEO Vaudoise.
Apropos Rückkehr, wie steht es mit der Bancassurance: «Das ist eigentlich eine südeuropäische Geschichte.» Sie habe in der Schweiz nie so richtig gut funktioniert, sagt Laffely. «Die Regeln sind komplex. Jene der Versicherer sind nicht gleich jene der Banken.» Komme hinzu, so der Vaudoise-CEO, dass man in der Schweiz etablierte Banken und Versicherungen hat. «Der Markt ist wohl zu wenig gross, um daraus eine schlagkräftige Gruppe zu bilden.» Persönlich glaube er, dass es immer eine Möglichkeit für eine Kooperation gibt. Dass es aber in der Schweiz, anders als in Spanien, Frankreich und Italien, zu grossen Zusammenschlüssen zwischen Banken und Versicherungen kommt, halte er für wenig wahrscheinlich. Wo man hingegen kooperiere, sei auf der Stufe der Altersvorsorge.
Gut qualifizierte Versicherungsfachleute
Überhaupt sei die Strategie der Vaudoise gut gewählt, meint Laffely. «In der Deutschschweiz sehen wir weiteres Wachstumspotenzial.» Man suche weiter nach Opportunitäten und werde den Vertriebsweg ausbauen, sei dies durch die Eröffnung neuer Agenturen oder durch die Einstellung gut qualifizierter Versicherungsfachleute sowie die interne Aus- und Weiterbildung. «Wir verfügen über ein eigenes Maklergeschäft mit Agenturen, die in der Vergangenheit stark gewachsen sind.» Die Kooperation mit der Swiss Life, welche die Produkte der Vaudoise direkt verkauft, wolle man weiter vorantreiben. «Wir habe noch andere Partnerschaften in der Deutschschweiz, die ebenfalls gut funktionieren.»
Aussendienstmitarbeitende erhalten Prämien
Und wie will Laffely die Vaudoise in die digitale Zukunft führen? «Wie gesagt, wir glauben an einen Vertrieb über Agenturen, das Maklergeschäft und die Partnerschaften.» Über 90 Prozent der Kontakte mit Kundinnen und Kunden würden über Agenturen oder Makler entstehen. «Wenn wir einen digitalen Kontakt erhalten, leiten wir diesen an eine unserer Agenturen weiter. Dafür bezahlen wir unserem Aussendienstmitarbeiter eine Prämie – obwohl die Kundin über unsere digitalen Kanäle zu uns stösst.» So sieht eine bewährte Vertriebsstrategie aus. «Was die künstliche Intelligenz betrifft, habe ich folgende Ansicht: Diese selbst ist nicht intelligent. Man muss mit ihr zusammenarbeiten.» Die letzte Meile zur Kundin bleibe jedoch selbst dann ein People-Business. «Natürlich ist der Dialog mit einem Roboter möglich. Und dereinst macht er vielleicht alles selbst.» Für Laffely aber ist es unabdingbar, dass es im Vertrieb eine Kombination aus digitaler und humaner Zusammenarbeit gibt. «Wir werden unsere Vertriebsstrategie daher beibehalten.»