«Wir haben kein Geschäft in den USA, sind aber indirekt über die Kapitalmärkte betroffen», sagte Aellig in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Donnerstag, das noch vor Donald Trumps Entscheid, die reziproken Zölle für 90 Tage auf Eis zu legen, geführt wurde. «Selbst wenn die Zölle bestehen blieben, rechnen viele Experten nur mit einem moderaten Rückgang des Wirtschaftswachstums in den USA, um einen halben bis ganzen Prozentpunkt. Das klingt nach wenig, aber es könnte in den USA zu einer Rezession führen», sagte der Konzernchef von Swiss Life.
«Wir sind langfristig investiert, wir beurteilen nicht jede Tagesbewegung. Aber klar ist: Wenn die Eskalationen und der Vertrauensverlust weitergehen, kann sich die Lage deutlich verschärfen. Dann reden wir schnell über eine globale Rezession», sagte der Chef des Lebensversicherers weiter.
Wahrscheinlichkeit einer Rezession gestiegen
Die Zölle seien das eine. Noch gefährlicher sei es, wenn Konsumenten und Unternehmen das Vertrauen verlieren würden. «Dann wird weniger konsumiert, weniger investiert. Dann hätte die Weltwirtschaft ein echtes Problem», sagte Aellig. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei gestiegen. «Im Herbst, als wir unsere Planung gemacht haben, lag sie bei vielleicht 25 Prozent», so Aellig: Jetzt liege sie bei 40 Prozent, vielleicht sogar gegen 50 Prozent.
Negativzinsen in der Schweiz wahrscheinlicher geworden
In Bezug auf die Weiterentwicklung der Geldpolitik in der Schweiz angesichts eines möglichen globalen Abschwungs sagte er: «Entweder gelingt es, das Vertrauen teilweise wiederherzustellen, dann bleibt es bei einem moderaten Wachstumsrückgang. Oder wir rutschen in eine globale Rezession. Dann muss sich auch die Schweizerische Nationalbank neu positionieren.»
Auf die Frage, ob er mit Negativzinsen rechne, meinte Aellig: «Unsere Hausmeinung ist derzeit: Der Leitzins bleibt bei 0,25 Prozent. Aber das kann sich ändern. Sollte sich das globale Rezessionsszenario weiter erhärten, sind auch erneute Zinssenkungen möglich. Und ja, auch Negativzinsen sind dann wieder ein Thema.» Negativzinsen seien nun wahrscheinlicher geworden.
Die Swiss Life habe Erfahrung mit solchen Phasen, erklärte der Konzernchef: «Zwischen 2014 und 2021 hatten wir Negativzinsen, und wir haben uns in dieser Zeit gut behauptet. Unser Lebensversicherungsgeschäft war profitabel, die Finanzberatung wuchs, das Gebührengeschäft konnten wir weiter ausbauen. (...) Wir funktionieren auch im Tiefzinsumfeld.»
Kritik an Mietzinsdeckel
Als einer der grössten Immobilienbesitzer der Schweiz mit gegen 40'000 Wohnungen sprach sich der Swiss Life-Chef gegen die Mietregulierungen in Basel und Genf aus. In Basel habe der Mietzinsdeckel zu deutlich weniger Baugesuchen, weniger Sanierungen und weniger Neubauten geführt. Das habe das Problem verschärft. «Wenn das Angebot zurückgeht und die Nachfrage bleibt, steigen die Preise.» Und Genf habe sehr viele veraltete Gebäude. Viele Immobilien würden nicht mehr saniert oder dekarbonisiert, weil es sich schlicht nicht mehr lohne. «Wer investieren will, muss auch anpassen dürfen. Sonst bleiben Ölheizungen einfach drin. Das ist nicht nachhaltig», sagte Aellig.
In Basel prüfe die Swiss Life neue Wohnbauprojekte sehr kritisch. «In Genf haben wir in den letzten Jahren eher in Bürogebäude investiert. Wenn wir nicht sicher sein können, dass sich eine Investition lohnt, lassen wir es», so Aellig. (awp/hzi/pg)