Die Tatsache, dass Frauen im Alter weniger Renten erhalten als Männer, bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema. Swiss Life hat bereits 2019 mit einer Studie den Gender Pension Gap untersucht und 2021 spezifisch das Vorsorgerisiko Scheidung analysiert. Die vorliegende Studie zeigt mit den neusten Zahlen den aktuellen Stand und beleuchtet weitere Aspekte rund um dieses wichtige Thema. «Dabei können wir zeigen, dass der Gender Pension Gap in den letzten Jahren kaum zurückging, die durchschnittliche finanzielle Zufriedenheit von Rentnerinnen erstaunlicherweise aber nicht tiefer ist als diejenige der Rentner», sagt Andreas Christen, Studienautor und Leiter des Vorsorge-Researchs von Swiss Life.
Der Gender Pension Gap beträgt nach wie vor ein Drittel
In den Jahren 2019 bis 2021 erhielten Rentnerinnen in der Schweiz durchschnittlich etwa ein Drittel oder rund CHF 20 000 pro Jahr weniger Rente als Männer. Dieser Geschlechterunterschied hat sich in den letzten Jahren kaum verändert und fällt im internationalen Vergleich eher hoch aus: In der EU beträgt der Gender Pension Gap im Schnitt gut ein Viertel. Die Rentendifferenz ist in erster Linie auf die geschlechterspezifischen Erwerbsbiografien zurückzuführen und daher besonders in der beruflichen Vorsorge stark ausgeprägt. Das Altersvorsorgesystem spiegelt die Einkommensdifferenzen von Frauen und Männern im Erwerbsleben wider – wenn auch in abgeschwächter Form: «So betragen die durchschnittlichen Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in den Jahren vor der Pensionierung 40% bis 50% und sind somit höher als die Rentendifferenz ab 65 Jahren», hält Andreas Christen fest.
Geschlechterdifferenz wird kleiner
Die Geschlechterdifferenz dürfte sich künftig verkleinern – wenn auch nur langsam Swiss Life geht in ihrer Studie davon aus, dass der Gender Pension Gap in der Schweiz künftig abnehmen wird – allerdings nur langsam und in kleinen Schritten. Andreas Christen: «Der Grund dafür sind die sich annähernden Erwerbsbiografien von Frauen und Männern, was sich insbesondere in der beruflichen Vorsorge auswirkt.» Eigene Daten von Swiss Life zeigen eine über die letzten Jahre rückläufige Geschlechterdifferenz beim Pensionskassenguthaben von aktiven Erwerbstätigen. So war das durchschnittliche Altersguthaben von bei Swiss Life in der beruflichen Vorsorge versicherten 50-jährigen erwerbstätigen Frauen im Jahr 2010 etwa halb so hoch wie dasjenige gleichaltriger Männer. Im Jahr 2022 betrug die Differenz noch gut ein Drittel.
Kaum Auswirkung auf finanzielle Zufriedenheit
Ob der Gender Pension Gap spürbar ist, hängt von der Haushaltssituation ab Mit durchschnittlich 48% am grössten ist der Rentenunterschied zwischen Verheirateten. «Genau dort hat er aber den geringsten unmittelbaren Einfluss auf den Lebensstandard, da verheiratete Paare meist eine ökonomische Einheit bilden», sagt Studienautor Christen. So legen die meisten verheirateten Rentnerinnen (72%) und Rentner (81%) ihre Einkommen gemäss eigenen Angaben weitgehend zusammen. Entsprechend wirken sich paarinterne Einkommensdifferenzen kaum auf die finanzielle Zufriedenheit aus: Rentnerinnen in Paarhaushalten sind ähnlich häufig zufrieden mit der persönlichen finanziellen Situation (76%) wie Rentner (74%). Die gefühlte hohe finanzielle Sicherheit eines Ehepaarhaushalts ist gemäss Andreas Christen allerdings trügerisch: «Die Wahrscheinlichkeit ist für Frauen grösser, im Alter aufgrund einer Verwitwung oder einer Scheidung alleinstehend zu sein.
So waren 2021 54% der Frauen ab 65 nicht verheiratet, aber nur 30% der Männer.» Allein zu leben, ist geschlechterunabhängig tendenziell teurer, in erster Linie aufgrund höherer Fixkosten wie fürs Wohnen.
Frauen kommen mit geringerem Budget aus
Alleinstehenden Frauen fällt es schwerer, finanziell über die Runden zu kommen Ökonomisch relevant ist der Gender Pension Gap vor allem bei Nichtverheirateten respektive Alleinstehenden, wobei er dort geringer als im Gesamtdurchschnitt ausfällt: Über alle Zivilstände (d. h. Geschiedene, Verwitwete und Ledige) hinweg beträgt er in dieser Bevölkerungsgruppe – je nach Datengrundlage und betrachteter Altersgruppe – zwischen 10% und 20%. Dies entspricht etwa CHF 400 bis 1100 pro Monat. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass auch alleinstehende Rentnerinnen im Durchschnitt ähnlich häufig zufrieden sind mit ihrer finanziellen Situation (69%) wie alleinstehende Rentner (72%). Eine Erklärung könnte sein, dass alleinstehende Frauen im Rentenalter mit einem geringeren Budget auskommen: Im Durchschnitt benötigen sie gemäss Selbstdeklaration 12% weniger Nettoeinkommen als Männer, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dennoch geben nur 57% der alleinstehenden Rentnerinnen an, dass es für sie einfach ist, finanziell über die Runden zu kommen. Bei den alleinstehenden Rentnern sind es mit 65% mehr. Zu diesem Bild passt, dass sich 30% der alleinstehenden Rentnerinnen aus einer Liste von 15 Budgetposten (z. B. Ferien machen oder ein Auto haben) gemäss eigenen Angaben mindestens einen Aspekt nicht leisten können. Bei alleinstehenden Männern liegt dieser Wert mit 21% merklich tiefer.
Alleinstehende geben mehr Geld aus
Geschlechterdifferenzen bei der Ausgabenstruktur von alleinstehenden Pensionierten Basierend auf Daten der BFS-Haushaltsbudgeterhebung untersucht die Studie auch die Ausgabenstruktur von alleinstehenden 65- bis 74-Jährigen und findet dabei Geschlechterunterschiede: Alleinstehende Rentnerinnen geben durchschnittlich mehr Geld für Lebensmittel, Gesundheit sowie Bekleidung und Körperpflege aus, während Rentner höhere Ausgaben für Personenfahrzeuge, Restaurant- und Hotelbesuche sowie Alkohol und Tabak tätigen. (pd/hzi/hoh)