Swiss Re-Verwaltungsratspräsident Sergio Ermotti ist mit der Profitabilität seines Rückversicherungskonzerns nicht zufrieden: Die Risiken seien gestiegen, die Häufigkeit der Risiken sei gestiegen, die Kapitalkosten für die Swiss Re seien gestiegen. «Deshalb müssen wir die Preise überprüfen, um unsere Profitabilität zu verbessern. Wir können mit unserer aktuellen Profitabilität nicht zufrieden sein», sagte der Tessiner in einem Interview mit der «Handelszeitung» vom Donnerstag. Die Erstversicherer hätten auf Kosten der Rückversicherer gelebt.
Inflation und erhöhte Risiken als Treiber
«Ich sehe zwei Treiber für diese schiefe Situation: die Inflation und die erhöhten Risiken. Ich rede jetzt nicht nur von Naturkatastrophen, sondern beispielsweise auch von den Unterbrechungen der Versorgungskette, von geopolitischen Risiken und der sozialen Inflation, entstanden durch Rechtsfälle», sagte Ermotti: So hätten zum Beispiel die Schäden aus den Haftpflichtdeckungen für Manager enorm zugenommen.
Sammelklagen-Geier kreisen
In den USA habe sich eine Branche von Anwälten und Anwältinnen etabliert, die nur darauf warteten, Firmen oder Führungskräfte zu verklagen, um mit Sammelklagen Geld zu verdienen. «Aber wir beobachten ähnliche Grundtendenzen in unterschiedlichem Ausmass auch in anderen Regionen», sagte Ermotti.
Faire Entschädigung gefordert
«Wir sind langfristige Partner, aber wir müssen eine faire Entschädigung für unser Kapital haben. Sonst müssen wir unser Angebot an Kapazitäten überprüfen», sagte der Swiss Re-Präsident. Auf die Frage, ob dann nicht die Erstversicherer zur Konkurrenz oder an den Kapitalmarkt gehen würden, wenn die Swiss Re die Preise erhöhe, sagte Ermotti: «So what? Wir werden vielleicht Marktanteile verlieren. Aber für uns ist zentral: Wir wollen einen vernünftigen Return für unsere Aktionäre und Aktionärinnen verdienen und gleichzeitig unsere Kundschaft nachhaltig zufriedenstellen.»
Spiel muss aufgehen
Das Spiel müsse für beide aufgehen. «Wir sind da, um Schocks und Katastrophen zu absorbieren. Unsere Rolle ist es aber nicht, die Profitabilität der Erstversicherer zu stützen. Wir absorbieren heute eine viel höhere Volatilität und höhere Risiken als die Erstversicherer, und unter dem Strich müssen wir über den Zyklus mindestens so gute oder höhere Kapitalrenditen als die Erstversicherer haben», sagte Ermotti.
Prämien teilweise um ein Vielfaches höher
Auf die Frage, um wie viel die Swiss Re die Prämien erhöhen müsste, damit Ermotti zufrieden wäre, sagte er: «Das hängt natürlich von den jeweiligen Risiken ab. Bei einigen Risiken müssten wir womöglich ein Vielfaches in Erwägung ziehen. Darüber hinaus kann der Selbstbehalt der Erstversicherer angepasst werden.»
Mut haben, Kapital einzubehalten
Wenn die Swiss Re nicht in der Lage sei, ihre Kapitalkosten zu decken, müsse man den Mut haben, das Kapital einzubehalten, und die Kapitalrendite verbessern. Und wenn man das Kapital langfristig nicht profitabel einsetzen könne, dann sei es kein Problem, dieses an die Aktionäre in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen zurückzuzahlen, sagte Ermotti. (awp/hzi/hoh)