Energieschocks, Cyber-Bedrohungen, Unterbrechungen von Lieferketten und andere Folgen geopolitischer Spannungen sowie die Auswirkungen des Klimawandels dürften laut Swiss Re die Nachfrage bei Rückversicherern ankurbeln. Der Züricher Konzern erwartet bis 2026 in den gewerblichen Sparten einen Anstieg des Prämienvolumens um 33 Milliarden Dollar.
Ein Faktor dabei sei, dass Firmen Produktion aus Entwicklungsländern auf den eigenen Kontinent zurückholten. Die Einnahmen mit Naturkatastrophen-Deckungen dürften in den nächsten vier Jahren um 13 Milliarden auf 48 Milliarden Dollar wachsen.
Swiss Re will sein Geschäft hier ausbauen, aber künftig breiter streuen. Angesichts der zunehmenden Unwetter auch in Europa berechnen die Rückversicherer derzeit ihre Naturkatastrophen-Risiken neu.
Inflation belastet Geschäfte
Neben den Wachstumschancen sehen die grossen europäischen Rückversicherer wachsende Unsicherheiten im Hinblick auf komplexe und schwer einschätzbare Grossrisiken. An Rande des traditionellen Branchentreffen in Monte Carlo in dieser Woche sagte Moses Ojeisekhoba, Rückversicherungs-Chef von Swiss Re: «Zusätzlich zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und den steigenden Schäden aus Naturkatastrophen ist die Rück- und Versicherungsbranche nun auch mit Themen wie Inflation, Rezessionsrisiko und geopolitischen Spannungen konfrontiert.»
Dies wirke sich auch auf die Gestaltung von Prämien und Preise aus. «Da wir im aktuellen dynamischen Risikoumfeld eine Zunahme der Kostentreiber sehen, müssen die Versicherungsprämien sorgfältig kalibriert werden, um damit Schritt zu halten», erklärte Moses Ojeisekhoba.
Kostspielige Folgen des Klimawandels
Für das kommende Jahr wollen die europäischen Rückversicherer erneut höhere Preise bei ihren Kunden durchsetzen. Swiss Re, Hannover Rück und Münchener Rück verwiesen beim Branchentreffen in Monte Carlo vor allem auf die Inflation und die kostspieligen Folgen des Klimawandels. Wenn die Preise nicht angepasst würden, drohen sich die Rückversicherer zumindest teilweise aus der Absicherung bestimmter Grossrisiken zurückzuziehen.
Für Naturkatastrophen in Florida etwa - dort häufen sich Hurrikane und Überschwemmungen - werde das Angebot bereits knapp. Auch Hannover Rück bremst dort. «In der Schaden-Rückversicherung sind weitere risikoadjustierte Ratenerhöhungen deshalb unvermeidbar», sagte Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz. Zum Teil könnten diese zweistellig ausfallen, machten die Rückversicherer klar.
Mit dem «Rendezvous de Septembre» in Monte Carlo beginnen traditionell die Verhandlungen mit Versicherern und Maklern über die Preise für die zum Jahreswechsel zu erneuernden Verträge. In den vergangenen Jahren hatten die Rückversicherer bereits regelmässig höhere Preise durchgesetzt - im Branchenjargon ist das ein harter Markt. Diesmal stand die Frage im Mittelpunkt, ob sie ausreichen, um die sprunghafte Inflation auszugleichen. Analysten der Ratingagentur S&P erwarten im Schnitt einen Preisanstieg um etwa fünf Prozent.
«Es ist keine einfache Zeit», sagte Henchoz. Münchener-Rück-Vorstand Torsten Jeworrek sagte: «Die nächste Erneuerungsrunde wird viel, viel herausfordernder als die letzte.» Den Rückversicherern falle es angesichts der zahlreichen Unsicherheitsfaktoren schwer, verlässliche Annahmen zu treffen.
Die Inflation sei in Monte Carlo das beherrschende Thema in den Gesprächen, sagte Henchoz. Die Rückversicherer aus Europa - woher mit Münchener Rück, Swiss Re und Hannover Rück drei der vier grössten kommen - litten zudem unter dem starken Dollar, sagte Münchener-Rück-Vorstand Jeworrek. Bei der Kapitalanlage profitierten sie erst mittelfristig von den steigenden Zinsen. (reuters/hzi/mig)