Die Nutzungszahlen von Whatsapp und anderen Messengern zeigen, dass Chats definitiv zu den Lieblingskommunikationskanälen der Menschen gehören. Viele chatten mittlerweile sogar lieber, als zum Telefonhörer zu greifen, wie dieser Data-Report zeigt: 

Meistgenutzte Soziale Plattformen
Quelle: https://www.slideshare.net/DataReportal/digital-2021-germany-january-2021-v01

Auch mit Versicherern kann man chatten. In der Fachsprache heisst es dann «Conversational Insurance». Dabei beschreibt der Begriff Conversational Insurance die Summe aller digitalen Interaktionsmöglichkeiten einer Versicherungsgesellschaft, die auf Messaging-Plattformen als text-, stimm- oder videobasierte Dialoge stattfinden.

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Bei der Interaktion kann es sich um einen Dialog mit einem menschlichen Berater des Versicherungsunternehmens handeln oder um die Interaktion mit einem Chat- oder Voicebot. Mischformen sind ebenfalls möglich. 

Autorin:

Sophie Hundertmark ist selbstständige Beraterin für die strategische Begleitung sowie Umsetzung von Chatbot-Projekten und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ. Aktuell promoviert sie zum Einsatz von Chatbots im Banking- und Insurance-Bereich.

Darüber hinaus kann der Kunde auch mit Text- oder Sprachnachrichten kommunizieren, wie er es bereits von Google Assistant, Siri oder Amazons Alexa gewohnt ist. 

Während sich ausländische Versicherer und auch einige Startups wie beispielsweise das Insurtech Lemonade entschieden haben, komplett auf den Dialog via Messenger zu setzen, sind die Schweizer Versicherer noch etwas zögerlich am Chatten. Aber es gibt auch schon die ersten Erfolgsstorys aus der Schweiz wie beispielsweise Helvetia mit Clara, einem der wohl bekanntesten Versicherungschatbots der Schweiz. 

Clara, der wohl bekannteste Chatbot

Clara existiert seit 2017 und lernt sozusagen jeden Tag dazu. Die Kunden von Helvetia chatten hier mit einem Chatbot, also mit einem Roboter, und nicht mit einem Kundenberater. Clara ist ein AI-basierter Chatbot, der mittels Natural Language Understanding (NLU) die Anfragen der User aufnimmt, klassifiziert und anschliessend im Hintergrund nach der passenden Antwort sucht. Sobald Claras System die Antwort gefunden hat, was in der Regel nur wenige Millisekunden dauert, gibt sie die Antwort in natürlicher Sprache und in Textform zurück an den User. Es ist auch möglich, dass Clara zunächst Folgefragen stellt, bevor sie eine finale Antwort hat.

Chatbot Clara
Quelle: Helvetia

Helvetia hat für Clara extra eine eigene Landingpage erstellt, dort findet man die folgende Aussage von Clara: «Ich erkenne über 150 Anliegen, so kann ich Ihre Frage direkt beantworten oder Sie an den richtigen Ort weiterleiten. Die meisten Leute fragen mich nach ihrem Vertrag, wollen Kontakt aufnehmen oder ihre Adresse ändern.» Clara hat im Laufe der letzten Jahre vor allem folgende Funktionen «gelernt»:

  • Schaden- oder Diebstahlmeldung entgegennehmen
  • Velodiebstahl vollständig abwickeln
  • Privathaftpflicht- und Hausratversicherung berechnen und abschliessen
  • Elektronischen Versicherungsnachweis für Fahrzeugwechsel bestellen

Seit 2020 ist Clara zudem auch via Whatsapp erreichbar. Kunden bzw. interessierte Kunden können seither mit dem Roboter auch via Whatsapp chatten. 

Während sich das Helvetia-Team in den ersten Jahren vor allem um den funktionalen Ausbau von Clara bemüht hat, wurde 2020 auch stärker an der Persönlichkeit gearbeitet. Clara soll mehr als nur ein klassischer Chatbot sein, sie soll Helvetia auch nach aussen entsprechend vertreten sowie als sympathisch wahrgenommen werden. So spricht auch das Helvetia-Team intern am liebsten von «Clara» anstatt vom unpersönlichen «Chatbot».

Es gibt bereits unzählige Forschungen zum Einfluss der Persönlichkeit eines Chatbots auf die User. Die Forscher sind sich weitgehend darin einig, dass ein Chatbot, der eine sehr menschliche Sprache hat und Empathie zeigt, auch eher als etwas Menschenähnliches wahrgenommen wird als ein Chatbot, der lediglich Fakten präsentiert. Dazu zwei beispiele:

Unklar ist für die Forscher jedoch, ob ein menschlich wahrgenommener Chatbot auch wirklich zu mehr Zufriedenheit bei den Usern führt. Die Mehrheit der Forschungen aus diesem Bereich geht aber zumindest davon aus, dass User weniger unzufrieden sind, wenn ein Chatbot mal keine Antwort hat, wenn er zuvor menschliche Züge gezeigt hat. Weiter wird ein Chatbot zum Teil sogar als der bessere bzw. objektivere Berater wahrgenommen. Mehr dazu erklärt Christian Hildebrand von der Universität St. Gallen in diesem kurzen Video.

Und noch mehr Infos zum Chatbot von Helvetia verrät Florian Nägele, der seit der ersten Sekunde im Projekt dabei ist, in dieser Podcast-Folge: https://www.hundertmark.ch/chatbots-bei-versicherungen/

In fünf Artikeln werden hier die  Details und Hintergrundinformationen zu den Conversational-Bemühungen der Schweizer Versicherungsgesellschaften aufgezeigt. Folgende Versicherungsanbieter werden dabei analysiert:

  • Helvetia Schweiz
  • Axa Schweiz
  • CSS Versicherung
  • Sympany 
  • Zurich Insurance