Je ungewisser die Welt, so scheint es, desto mehr sehnt sich die Gesellschaft und mit ihr die Unternehmen als integraler Bestandteil davon nach Gewissheit. Risk Managerinnen und -Manager aus unterschiedlichen Branchen erzählen, wie diese Entwicklung ihre tägliche Arbeit beeinflusst.
Sabrina Hartusch, Global Head of Insurance, Triumph Holding AG
«Risk Management ist mittlerweile nicht mehr nur Sache der Risk Management Abteilungen, sondern auch in anderen Abteilungen angekommen. Allerdings liegt der Fokus meiner Ansicht nach immer noch zu stark auf operativen Risiken statt auf strategischen. Tendenziell ist das Risikomanagement noch nicht dynamisch genug und hinkt den Trends etwas hinterher. Ich bin überzeugt, dass die Digitalisierung das Risk Management stärken und prägen wird, gerade im Bereich Data Analytics. Allerdings muss das Bewusstsein für digitale Risiken noch verschärft und digitale Risiken müssen ganzheitlich erfasst werden, denn sie sind von einer anderen Natur, als rein physische Risiken. Das treibt mich im Alltag genau so um, wie die Nachhaltigkeit der Supply Chain und die hohe Volatilität der Welt.»
Evelyn Lämmli, Head Corporate Risk & Insurance, Rieter Management AG
«Die Compliance-Thematiken haben sich in allen Bereichen massiv verstärkt und auch die Anfälligkeit, Preisgestaltung und Abhängigkeiten der Lieferketten haben zugenommen. Ausserdem zeigt sich, dass sich das Aufgabengebiet im Risk Management verstärkt in andere Bereiche ausdehnt, da viele Themen vernetzter und komplexer werden und die Anforderungen an ein effizientes Risikomanagement steigen. Die Digitalisierung schafft eine gewisse Vereinfachung beim Generieren von Auswertungen und auch beim Erhalt von Informationen. Im Gegenzug steigt jedoch die Anfälligkeit bezüglich Datensicherheit und Datenverletzlichkeit. Verstärkt sehen wir auch, dass die Forderungen, eine soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit innerhalb des Betriebes sicherzustellen, zunehmen.»
Julian Ledergerber, Insurance & Risk Manager, Bühler AG
«In den vergangenen Jahren hat sich die Wahrnehmung gegenüber dem Risikomanagement im Top Management verändert. Dieses ist sich bewusst geworden, dass dem Business Continuity Management höhere Priorität beigemessen werden sollte. Zudem möchte es künftigen Grossereignissen noch besser und mit möglichst sinnvollen Vorkehrungen und Massnahmen entgegentreten können. Leider hat die Digitalisierung noch zu wenig Einfluss auf das Risk Management. Daten bilden zwar eine gewisse Grundlage zur Bemessung von Risiken bzw. von entsprechenden Massnahmen, um die Risiken zu mindern. Es mangelt jedoch an Verständnis, warum es sich lohnt, in die Digitalisierung des Risk Management zu investieren. In meinem Alltag beschäftige ich mich derzeit stark mit Möglichkeiten für den Risikotransfer, dieser wird durch den verhärteten Versicherungsmarkt merklich geschmälert. Und natürlich beschäftigen uns auch die Lieferketten-Probleme stark.»
Bettina Spangolo, Leiterin Risk Management & Compliance, Flughafen Zürich AG
«Risk Management war für uns schon immer ein zentrales Thema, daher hat sich dieses in den vergangenen Jahren nicht gross verändert. Natürlich stellen wir aktuell eine grössere Awarness für die Themen Pandemie und Cyber fest. Der Flugbetrieb ist heute ohne IT nicht mehr möglich und auch mit unseren Partnern sind wir stark vernetzt. Cyber-Angriffe auf Airlines oder einen anderen Flughafen können auch Auswirkungen auf uns haben. Im Auge haben wir aktuell natürlich auch den Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden Reisebewegungen, die höheren Energiepreise sowie die Sanktionen. Die Digitalisierung nutzen wir zurzeit vor allem im operativen Bereich und in diesem vor allem dazu, Reportingprozesse zu vereinfachen.»
Arthur Treichler, Leiter Risk Management, Cellere Bau AG
«Risk Engineering im Bereich AHS sowie das Thema Nachhaltigkeit sind in der Baubranche stark im Fokus. Heute sehen wir uns zudem mit vielen veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen konfrontiert und auch mit höheren Anforderungen von Auftraggeberseite sowie der Öffentlichkeit. Dank der Digitalisierung ist der Zugang zu Risikofaktoren einfacher geworden, weil die Datenverfügbarkeit deutlich besser und schneller ist.»