Die teils golfballgrossen Hagelkörner, die in den vergangenen Tagen auf die Schweiz niedergeprasselt sind, haben Schäden von dutzenden Millionen Franken verursacht. Die Grösse der Hagelkörner ist kein Zufall: Grund dafür war eine Superzelle.

Dass der Hagel in der Schweiz die «zweitteuerste» Naturgefahr sei - nach den Überschwemmungen -, habe das Unwetter deutlich gezeigt, schreibt die Versicherungsgesellschaft Mobiliar in einer Mitteilung vom Dienstag. Einige Minuten genügten, um Schäden in Millionenhöhe zu verursachen - an Fahrzeugen, Gebäuden und in der Landwirtschaft.

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56 Millionen Franken bei Axa

Tatsächlich erwarten die Versicherungen hohe Schäden. Bei der Mobiliar sind bis Dienstagmorgen rund 2500 Schäden gemeldet worden. Die geschätzte Schadensumme betrage mehr als 5,5 Millionen Franken. Diese Zahl dürfte gemäss Mobiliar noch steigen, da viele Kundinnen und Kunden die Schäden nicht sofort melden würden. Mehr als zwei Drittel der Meldungen bei der Mobiliar stammen aus der Westschweiz - und ebenfalls mehr als zwei Drittel betreffen Schäden an Fahrzeugen.

Die Versicherungsgesellschaft Allianz Suisse rechnet mit rund 7000 bis 8000 Schadenfällen und einer Schadensumme von rund 20 Millionen Franken.  Axa wiederum vermeldete alleine für Montag rund 7000 Meldungen mit Schäden in Höhe von geschätzt 45 Millionen Franken. Für Sonntag waren bei Axa bereits 3700 Meldungen mit Schäden in Höhe von geschätzt elf Millionen Franken eingegangen.

Axa, Allianz und Vaudoise mit «Hagel-Drive-ins»

Mehrere Versicherer errichten zur Abfertigung der zahlreichen Schadensmeldungen mobile «Hagel-Drive-ins». Axa kündigte Drive-ins in Thun, Malters/Kriens, La-Chaux-de-Fonds und Wädenswil an. Auch Allianz und Vaudoise planen «mobile Expertise-Zentren», wie es bei den Waadtländern heisst.

Werde ein Auto verhagelt, koste die Reparatur der Carrosserie und der Front- oder Heckscheiben im Schnitt zwischen 2500 und 5000 Franken, schreibt Axa. «Wenn nun ein Hagelsturm über ein dicht besiedeltes Gebiet wie La-Chaux-de-Fonds zieht, entstehen so rasch sehr hohe Schadensummen.»

Keller, Tiefgaragen und Strassen unter Wasser

Gemäss Allianz Suisse kamen vor allem am Montag Schäden wegen Überschwemmungen hinzu. So standen am Montagabend etwa im Kanton Zug innert einer Stunde in den Gemeinden Risch, Hünenberg, Cham, Zug, Baar und Neuheim etliche Keller, Tiefgaragen und Strassen unter Wasser. Bei der Einsatzleitzentrale der Zuger Polizei waren 220 Meldungen eingegangen.

Auch im Kanton Bern hatten die Einsatzkräfte am Montagabend alle Hände voll zu tun: Dort gingen rund 100 Unwettermeldungen ein zu Wassereinbrüchen in Gebäuden oder Ästen und Bäumen auf Strassen. Die Meldungen kamen hauptsächlich aus dem Berner Oberland.

Enorme Schäden an versicherten Kulturen

Die Schweizer Hagel, welche landwirtschaftliche Kulturen von rund 30'000 schweizerischen Landwirtschaftsbetrieben versichert, geht nach den Unwettern von Freitag bis Montag von 2500 Meldungen mit einer Schadensumme in der Höhe von 18 Millionen Franken an versicherten Kulturen aus, wie sie am Dienstag mitteilte.

Betroffen seien Ackerkulturen, Gemüse-, Obst- und Beeren-Kulturen, Gärtnereien, Grasland, Beeren und Tabak-Plantagen vor allem in den Regionen Waadt, Freiburg, Neuenburg, Jura, Bern, Luzern, Zug und Zürich.

Meteoschweiz: «Superzelle»

Dass derart grosse Hagelkörner zu Boden prasselten - welche etwa Scheiben von Autos einzuschlagen vermochten - ist auf eine sogenannte «Superzelle» zurückzuführen, wie SRF Meteo am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Bei einer solchen nimmt der Wind mit der Höhe stark zu und ändert deutlich seine Richtung. Sie hat so einen rotierenden Aufwindbereich.

Diese spezielle dreidimensionale Anordnung in der Wolke von Auf- und Abwindbereichen begünstigt die mehrfache auf- und abwärts gerichtete Zirkulation von Niederschlagsteilchen. Die Teilchen haben so genügend Zeit, um zu grossen Hagelkörnern von mehreren Zentimetern heranzuwachsen. Zudem bringen sie in ihren Abwindbereichen manchmal schwere Sturmböen mit sich - und ihre typischen bodennahen Strömungsmuster bieten gute Voraussetzungen zur Entstehung von Tornados, erklärt Meteoschweiz auf seiner Internetseite.

In den nächsten Tagen soll es ähnlich weiter gehen. Gemäss SRF Meteo bleibt bis am Donnerstag die Gefahr von lokal kräftigen Gewittern erhöht.

(sda | hzi/gku)