In seiner aktuellen Form ist das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bereits seit Anfang 2006 in Kraft – und seither haben sich der Markt und die Bedürfnisse und Anforderungen der Kundinnen und Kunden massiv verändert. Höchste Zeit für eine Überarbeitung: im März 2022 haben die eidgenössischen Räte die erste grosse Revision verabschiedet und das revidierte VAG und seine Ausführungsbestimmungen treten per 1. Januar 2024 in Kraft.

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Zur Person

Stephan Wirz ist Mitglied der Geschäftsleitung vom Maklerzentrum Schweiz AG.

Zu den massgebende Änderungen gehören Bestimmungen zur Sanierung, zum Vermittlerrecht sowie Aufsichtserleichterungen. Die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Versicherungssektors soll erhöht und der Verbraucherschutz verbessert werden.

Nicht an Versicherungsunternehmen gebunden

Das VAG unterscheidet zwischen gebundenen und ungebundenen Vermittlern. Im Gegensatz zu den gebundenen Vermittlern (Agenten) sind ungebundene Vermittler (Broker oder Makler) nicht an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen gebunden. Sie sind – zumindest theoretisch – von einzelnen Versicherern wirtschaftlich und rechtlich unabhängig und agieren im Interesse der Versicherungsnehmer.

Auf Treueverhältnis abstellen

Die Unterscheidung zwischen gebundenen Vermittlern und ungebundenen Vermittlern erfolgte bislang aufgrund einer allfälligen wirtschaftlichen oder rechtlichen Abhängigkeit zu einem oder mehreren Versicherungsunternehmen. Dieses Unterscheidungskriterium stellte sich jedoch als ungeeignet heraus. Mit dem revidierten VAG wird auf ein sogenanntes Treueverhältnis abgestellt. Ungebunden ist, wer im Interesse der Versicherungsnehmer handelt. Die revidierte Aufsichtsordnung (AVO) zählt zwar auf, welche Verhaltensweisen und Interessenkonflikte für ungebundene Vermittler unzulässig sind, schafft jedoch bei Grenzfällen wie beispielsweise Mehrheitsbeteiligungen, Exklusivitätsvereinbarungen und Outsourcing-Verträgen keine absolute Klarheit, ob ein Vermittler gebunden ist oder nicht. Erfasst wird in Art. 182b der revidierten AVO auch der Fall, in welchem ein gebundener Vermittler den Anschein der Ungebundenheit erweckt, indem er gegenüber dem Kunden zum Ausdruck bringt, «unabhängig» zu sein und «das beste Angebot auf dem Markt» zu machen. Die gleichen Vorschriften wie für ungebundene Vermittler wären in Bezug auf die Haftung und Offenlegung der Provisionen sinngemäss auf ihn anwendbar.

Unzulässige Tätigkeiten

Falls ein Vermittler die Kriterien von Art. 182c der revidierten AVO erfüllt, muss er gebunden sein, da dies andernfalls unzulässig wäre. Dies kann beispielsweise bei Mehrheitsbeteiligungen, Exklusivitätsvereinbarungen und Outsourcing-Verträgen der Fall sein, da ungebundene Vermittler mit einem Versicherer keine Zusammenarbeits- oder andere Vereinbarungen eingehen dürfen, die ihre Freiheit, auch für andere Versicherungsunternehmen tätig zu werden, beeinträchtigen. Ebenso unzulässig sind gegenseitige direkte oder indirekte Beteiligungen am Gesellschaftskapital von mehr als 10 Prozent oder personelle Verflechtungen zwischen dem ungebundenen Vermittler und dem Versicherer, durch die auf die eine oder andere Weise auf den Geschäftsgang des Anderen Einfluss genommen werden kann. Diese Bestimmungen gelten bereits heute und werden mit der revidierten AVO beibehalten. Neu ist jedoch, dass das Gros der heute aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen gebundenen Vermittler aufgrund des Treueverhältnisses zu den Kunden als ungebunden gelten und diese Tätigkeiten nun unzulässig sind. Da nützt es wenig, dass in den Erläuterungen zu der revidierten AVO festgestellt wird, dass die genannten unzulässigen Tätigkeiten – wie im geltenden Recht – nicht dazu führen, dass ein Vermittler nicht mehr im Versicherungsvermittlungsgeschäft tätig sein darf, sondern die unwiderlegbare Vermutung beinhalten, dass der Vermittler gebunden ist. Es stellt sich in diesem Zusammenhang jedoch die Frage, ob die Versicherer künftig mit einem gebundenen Vermittler noch zusammenarbeiten werden oder ob auf den Anschein der Ungebundenheit abgestellt wird und die Vorschriften für ungebundene Vermittler in Bezug auf die Haftung und Offenlegung der Provisionen dennoch sinngemäss zur Anwendung gelangen. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Tätigkeiten auf unterschiedliche juristische Personen zu verteilen, was jedoch einen zusätzlichen administrativen Aufwand darstellt. Tatsache ist, dass die Vermittler gemäss Art. 45a Abs. 2 VAG allfällige Interessenkonflikte gegenüber der Kunden offenlegen müssen, was grundsätzlich auf die gleiche Weise wie bei den Versicherern erfolgen soll. Es besteht auf jeden Fall noch Klärungsbedarf.

Gleiche Bedingungen für externe und interne Vermittler 

Auch die Problematik, dass unter der seit Anfang 2021 geltenden Branchenvereinbarung der Krankenversicherer zu den externen Vermittlern (BVV) der Eigenvertrieb und der externe Vertrieb nicht gleichbehandelt werden, wird angegangen. Im Gegensatz zu den externen Vermittlern unterliegt der Eigenvertrieb aktuell weder Provisionsbeschränkungen noch Qualitäts- und Ausbildungsanforderungen. Der externe Vertrieb kann nicht mehr rentabel arbeiten und wurde grösstenteils aus dem Markt verdrängt; Mehrkosten sind die Folge. Die Leidtragenden sind die Kunden, die nun mehrere Beratungsgespräche durchlaufen müssen, um die gleiche Leistung zu erhalten, die sie vorher aus einer Hand erhielten. Nicht ohne Grund erfolgte der Krankenversicherungsvertrieb in den letzten beiden Jahrzehnten bis zur Einführung der Branchenvereinbarung mehrheitlich über den externen Vermittlerkanal, da dieser Kanal effizienter und günstiger ist.

Das Parlament hat im Dezember 2022 im Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlungstätigkeit klargestellt, dass die Ungleichbehandlung der externen und internen Versicherungsvermittler nicht gewünscht ist. Die Krankenversicherer können nun eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangen, was sie jedoch mit der Branchenvereinbarung in ihrer heutigen Form nicht wollen, da auch sie mit den aktuellen Marktkonditionen für externe – und dann eben auch für interne – Vermittler nicht rentabel arbeiten können. Es laufen aktuell Gespräche unter den Krankenversicherern, diese Branchenvereinbarung endlich anzupassen. Nur dann werden die Qualitätsziele erreicht, ohne den externen Vertriebskanal zu benachteiligen.

Kunden unabhängig und umfassend aus einer Hand beraten

Die Krankenversicherer haben zudem erkannt, dass die Kundinnen und Kunden Dienstleistungen aus einer Hand wünschen. Dieses Bedürfnis können sie durch eine Ausweitung der Angebotspalette auf andere Versicherungssegmente wie Auto, Haftpflicht oder Hausrat abdecken. Da die Kunden bei einem solchen Modell jedoch immer noch auf nur einen vom Krankenversicherer ausgewählten Anbieter pro Versicherungssegment beschränkt sind, kann ihnen nur der externe Versicherungsvermittler die gesamte Angebotspalette des Versicherungsmarkts anbieten.

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