Als Auftakt der Webinarreihe «Future of Insurance» des Swiss Insurtech Hub und des IFZ diskutierten namhafte Expertinnen und Experten die zukünftige Bedeutung des Bancassurance-Vertriebs. Das Panel bestand mit Michael Dritas, CEO Vlot, Anna Maria Rizzi, Global Digital Distribution Manager Zurich, Christian Maehr, Head of Digital Corporate Bank UBS und Thomas Rettenwander, Business Development Manager Bsurance aus erfahrenen Versicherungs- und Bankfachleuten mit fundierten Kenntnissen des Finanzmarktes. Diese kamen am Ende des Webinars zu den unten aufgeführten Schlussfolgerungen.
1. Verbesserungspotenzial ist vorhanden
Obwohl Schweizer Banken und Versicherer in den vergangenen Jahren zahlreiche Allfinanz-Partnerschaften ankündigten (z.B. Axa & Credit Suisse, Zurich & UBS), wurde deren Potenzial noch nicht gänzlich ausgeschöpft. Rein digitale Versicherungsprodukte, die in das Online-Angebot der Banken eingebettet sind, existieren noch nicht auf breiter Front. Die Ursache hierfür liegt vermutlich darin, dass die Schweiz ein konservativer Markt ist, in dem sich die Kundenpräferenzen nur langsam verändern. Erschwert wird dies zusätzlich durch die vergleichsweise schleppend voranschreitende Digitalisierung des Schweizer Versicherungssektors. Die Suche nach einer überzeugenden Wachstumsstory und die zunehmende Relevanz für die Kundinnen und Kunden (insbesondere für die heranwachsenden, digital-affinen Generationen) sind jedoch starke Triebkräfte für Versicherer und Banken, ihre Dienstleistungsangebote und ihren Vertrieb neu zu konzipieren und an das digitale Zeitalter anzupassen.
2. Zunehmend von Kunden akzeptiert
Die Ergebnisse der IFZ Versicherungsstudie 2021 zeigen, dass trotz der derzeit geringen Bedeutung der Banken im Mix der Vertriebskanäle, 70 Prozent der befragten Entscheidungsträger der Versicherer (n=130) davon ausgehen, dass die Bedeutung von Bancassurance in den nächsten fünf Jahren zunehmen wird. Insbesondere die Sparte Leben bietet den Banken die Chance, ihr Angebot dank der natürlichen Verbindung mit dem Bedarf an Lebens- und Einkommensabsicherungsprodukten auszubauen. Tatsächlich fühlen sich die Lebensversicherer gemäss der IFZ Versicherungsstudie 2020 stärker durch traditionelle Banken (bspw. UBS, CS, Kantonalbanken etc.) bedroht als durch FinTechs und InsurTechs.
Die gemeinsam durch ti&m und das IFZ publizierte Trendstudie Banken 2021 verdeutlicht, dass Kundinnen und Kunden bereit sind, bankfremde Dienstleistungen über ihre Bank zu beziehen. Von den 44 Prozent der 447 Befragten, die sich dies vorstellen können, stehen Versicherungsdienstleistungen mit 64 Prozent Zustimmung an erster Stelle.
3. Solider Use Case als notwendige Grundlage
Die Wahl des optimalen Bancassurance-Modells hängt von verschiedenen Aspekten ab. Hierzu zählen beispielsweise der Umfang des Geschäfts, die Dauer, das erwartete Engagement und der Grad der erforderlichen Integration. Unabhängig davon, für welches Modell sich Banken und Versicherer entscheiden, ist es wichtig, den Verhandlungen und Verträgen genügend Zeit zu widmen, damit beide Parteien langfristig mit dem Ergebnis zufrieden sind. Die Praxis zeigt, dass Verträge nicht zukunftssicher sind, sodass sich früher oder später Diskussionsbedarf ergeben wird.
Um eine erfolgreiche Partnerschaft aufzubauen, müssen Banken und Versicherer jedoch primär sicherstellen, dass sie eine solide Basis haben (d.h. einen soliden Use Case) und sich entsprechend Zeit nehmen, um ihren Partner kennen und verstehen zu lernen.
4. Insur- und Fintechs als technologische Bindeglieder
Die Entwicklung digitaler Technologien und der Datenanalyse hat ein neues Betriebsmodell für die Bereitstellung von Bancassurance-Lösungen geschaffen. Dieses entfernt sich zunehmend von der persönlichen Beratung und hat zum Ziel, vollständig digitale Customer Journeys zu offerieren. Ein solcher Schritt erfordert jedoch eine stärkere Integration der IT-Funktionen zwischen den Banken und Versicherern. InsurTech- und FinTech-Startups können hierzu ihren Beitrag leisten und mittels Technologie eine nahtlose Integration von Front-End- und Back-End-Systemen ermöglichen, ohne dass interne Altsysteme hiervon belastet sind.
5. Vertrieb via Generalagenturen kein Hindernis
Ein schlagkräftiges Vertriebsnetzwerk in Form von Generalagenturen ist für Versicherer kein Hindernis, sich für Bancassurance-Partnerschaften zu öffnen. Für einen Versicherer ist die offene und zeitnahe Kommunikation mit seinen Agenturen der Schlüssel zum Erfolg des Multikanalansatzes. (sih/hzi/sec)