Das Raiffeisen Vorsorgebarometer 2023 zeigt zum sechsten Mal ein aktuelles und repräsentatives Stimmungsbild der Schweizer Bevölkerung in Sachen Altersvorsorge. Zudem wurde das Wissen der Schweizer Bevölkerung rund um die Altersvorsorge durch spezifische Fragen zum Schweizer Altersvorsorgesystem getestet, teilt Raiffeisen in ihrem Communiqué mit. Es lässt sich festhalten: Der Wissensstand stagniert auf tiefem Niveau.
Am besten kennt sich die Schweizer Bevölkerung mit der 3. Säule aus. Die grösste Wissenslücke besteht im Bereich der 2. Säule. Nur etwas mehr als ein Drittel wussten beispielsweise, dass sich gut angelegtes Pensionskassenvermögen positiv auf die Höhe der Rente auswirkt. Diese Ergebnisse decken sich mit der Selbsteinschätzung der Schweizer Bevölkerung: 38,7 Prozent der Befragten stufen ihr Vorsorgewissen als durchschnittlich ein. Knapp ein Zehntel kennt sich mit dem Thema Vorsorge gar nicht aus.
Mehr persönlicher Gestaltungsspielraum gewünscht
Das Vorsorgebarometer zeigt, dass das Bedürfnis nach einer individuelleren Ausgestaltung der eigenen Vorsorgelösungen und des Übertritts in den dritten Lebensabschnitt wächst. Mit den drei Altersvorsorge-Vorlagen, über die voraussichtlich im Jahr 2024 abgestimmt wird, trägt diesem Umstand auch die Politik Rechnung.
Mit 8,5 Prozent planen mehr Personen als im Vorjahr (5,6%) mehr als fünf Jahre vor dem ordentlichen Pensionsalter in Rente zu gehen, Männer deutlich häufiger als Frauen. Gleichzeitig stieg die Anzahl Personen, die nicht wissen, zu welchem Zeitpunkt sie sich pensionieren lassen möchten von 14,5 Prozent im Jahr 2022 auf 19,1 Prozent. Über 70 Prozent der Befragten können sich vorstellen unregelmässig, in Teilzeit oder Vollzeit nach Erreichung des ordentlichen Pensionierungsalters erwerbstätig zu bleiben. Eine Patt-Situation zeigt sich bei der Frage nach einer Umstellung auf ein Lebensarbeitszeitmodell. Sprich, Personen, die später ins Erwerbsleben starten oder einen Arbeitsunterbruch haben, werden später pensioniert. Je 44 Prozent sind dafür beziehungsweise dagegen. Dabei ist die Zustimmungsrate bei Männern (52,3%) und älteren Personen im Alter 51 bis 65 Jahre (45,5%) wesentlich höher als bei Frauen (34,8%) und den 18- bis 30-Jährigen (32,2%). Was die Senkung der Eintrittsschwelle in die 2. Säule betrifft, zeigt sich ein klareres Bild: Fast zwei Drittel der befragten Personen befürworten diese, während rund ein Fünftel dagegen ist. Die Zustimmung ist in der Deutschschweiz und der Westschweiz mit jeweils über 60 Prozent deutlich höher als in der italienischsprachigen Schweiz (43,4%). Die Annahme der Reformvorlage würde bedeuten, dass 70'000 erwerbstätige Personen neu in einer Pensionskasse versichert sind, dadurch aber auch höhere Lohnabzüge zu tragen haben.
Das Vertrauen in die drei Säulen ist angeschlagen
Beim Vertrauen in das Schweizer Altersvorsorgesystem zeigt sich ein eher pessimistisches Bild. Das höchste Vertrauen geniesst die private Altersvorsorge, während die AHV, wie schon in den Vorjahren, den tiefsten Wert aufweist. Dies ist überraschend, wird doch eigentlich die AHV durch die am 1. Januar 2024 in Kraft tretende Reform AHV 21 gestärkt. Das sinkende Vertrauen kann aber auch damit zusammenhängen, dass sich mit der Flexibilisierung der Pensionierung sowie den Anreizen für die Weiterarbeit nach dem Referenzalter die Komplexität in diesem Vorsorgewerk tendenziell erhöht hat. Besonders pessimistisch ist die jüngste Alterskategorie: Etwas über ein Viertel vertraut der 1. Säule nicht. Das Vertrauen in die berufliche Vorsorge liegt etwas höher, aber deutlich unter demjenigen in die 3. Säule. Im Vergleich zu 2022 (19,2%) haben mit 17,9 Prozent auch weniger Personen hohes oder sehr hohes Vertrauen in die Pensionskassen. Dieser tiefe Stand dürfte unter anderem mit der bestehenden
Wissenslücke und der damit einhergehenden Unsicherheit zusammenhängen. Die 50- bis 65-Jährigen haben ein grösseres Vertrauen in die 2. Säule als die 31- bis 50-Jährigen. Auch bei der 3. Säule nahm der Anteil der Personen, die ein hohes Vertrauen haben, ab – von fast 50 Prozent im Jahr 2022 auf noch 46,7 Prozent.
Unterschiedliches Ausmass an Eigenverantwortung
Bei der Frage, in wessen Verantwortung es liegt, nach der Pensionierung über genügend finanzielle Mittel zu verfügen, zeigen sich grosse Unterschiede je nach Alter. Das Eigenverantwortungsgefühl ist mit 80,0 Prozent bei Personen im Alter 50 bis 65 Jahre am höchsten. Die jüngste Alterskategorie vertritt mit knapp einem Viertel dagegen am stärksten die Ansicht, dass primär der Staat in der Verantwortung zur Sicherung der Altersvorsorge steht. In der 3. Säule ist der Trend zum Wertschriftensparen ungebrochen. Mit 42,2 Prozent der Befragten legen etwas mehr als im Vorjahr ihre Säule-3a-Gelder ganz oder teilweise an den Finanzmärkten an. Bei den 18- bis 30-Jährigen ist das Wertschriftensparen gar leicht beliebter als das Vorsorgekonto 3a. Versicherungslösungen haben anteilsmässig leicht verloren.
Der Möglichkeit, einen Teil des Pensionskassengeldes eigenverantwortlich anzulegen, erteilen die Befragten mit 53,0 Prozent eine Abfuhr. Lediglich knapp ein Zehntel der Befragten würde dies gerne eigenverantwortlich tun, 18,5 Prozent unter Beizug einer Anlageberatung. (pd/hzi/hoh)