Die Allianz-Versicherung plant zwei grosse Energieinseln in der Nordsee, in Grossbritannien koordinieren die M&G, die Versicherungssparte der Lloyds Banking Group sowie die Phoenix Group ihre Infrastruktur-Anlagen und Ende vergangenen Jahres meldete die Rechtsanwaltsfirma Baker McKenzie, dass man Swiss Life Asset Managers sowie eine grosse Bank bei der Schaffung eines Clean Energy-Infrastruktur-Finanzvehikels unterstützt hatte. Infrastruktur-Finanzanlagen sind in den vergangenen zehn Jahren für Versicherungen attraktiv geworden. Einige ihrer Eigenschaften machen sie für Versicherungen ideal. «Die Inflation ist eine der wesentlichen Sorgen und Beobachtungspunkte von langfristig orientierten Anlegern, weshalb inflationsgeschützte Real Assets aktuell sehr gefragt sind», sagt Karl Werner, Managing Director & Partner und Versicherungsexperte bei der Boston Consulting Group (BCG). Infrastruktur Equity und Debt Investments sind gleichermassen gefragt. «Während die Neu- bzw. zusätzliche Allokation in Alternative Assets allgemein zurückgefahren wird, ist eine zunehmende Allokation innerhalb der alternativen Anlagen in Richtung Infrastruktur zu erwarten.» Darüber hinaus erlauben Infrastruktur-Investments oft, einen «Impact» Bezug herzustellen. «Die Anteile in den Assets variieren sehr stark von der Art der Versicherung, der Line of Business und Grösse des Versicherers», so Werner.
Megatrends im Vordergrund
Für Swiss Life, der grössten schweizerische Lebensversicherung, spielen Infrastruktur-Investments eine wichtige Rolle. «Bei Versicherungsunternehmen erachten wir einen Anteil von rund 3 bis 8 Prozent für sinnvoll, bei Pensionskassen rund 10 Prozent» sagt Swiss Life-Sprecherin Fabienne Schneider. «Generell ist dabei auf eine gute Diversifikation bei gleichzeitiger Vermeidung von Überdiversifikation zu achten.»
Swiss Life Asset Managers legt laut eigenen Angaben ein besonderes Augenmerk auf Infrastrukturfirmen, deren Geschäftsmodell und Cashflow-Profil von den globalen Trends wie Urbanisierung, Bevölkerungswachstum, Dekarbonisierung und Digitalisierung profitiert. Hierzu zählen beispielsweise Datencenter, Glasfasernetze, Mobilfunkinfrastruktur, erneuerbare Energieproduktionswerke wie Wasserkraft, Solaranlagen, Windparks, Wärmeverbünde, Stromspeicher, Stromnetze, Biogas, Wasserstoffproduktion, Entsorgungs- und Recycling-Anlagen, Schienenverkehrsinfrastruktur sowie Flughäfen und Häfen. «Herausfordernd sind die sorgfältige Evaluation von neuen Investitionen, die gestiegenen Finanzierungskosten mit dem damit verbundenen höheren Bid-Ask-Spread sowie die stetige Optimierung und Weiterentwicklung der Portfoliofirmen», sagt Schneider zu den Nachteilen solcher Investments. «Der lange Anlagehorizont von bis zu 30 Jahren sowie die gegenüber kotierten Anlagen tiefere Handelbarkeit der Assetklasse stellt für manche Investoren ebenfalls eine Herausforderung dar.»
Zusammenarbeit mit Spezialisten
Infrastruktur ist auch bei Axa in der Schweiz eine etablierte Assetklasse und leistet einen wichtigen Beitrag zur Diversifikation, Stabilität und Rendite des Portfolios. Man sieht hier eine Allokation von 2 bis 5 Prozent als angemessen an. «Die Infrastruktur-Assets erlauben auch gezielt in die Transformation zu Netto-Null Emissionen zu investieren», sagt Sprecherin Mirjam Eberhard. «Als langfristige Investorin sehnen wir den impliziten Inflationsschutz, die konstanten Ausschüttungen und die stabile Wertenwicklung als wesentliche Vorteile.» Zudem würden Investitionen in Infrastruktur einen wichtigen Beitrag leisten, um die Transformation zu Nett-Null Emissionen zu erreichen. «Für kleinere Investoren kann der operationelle Aufwand, der mit den Investitionen in Infrastruktur einhergeht, abschreckend wirken», sagt Eberhard. «Um den Aufwand zu reduzieren, bündelt die Axa ihre Ressourcen weltweit und arbeitet mit etablierten Partnern zusammen.» Axa hat sich selbst für strenge CO2-Ziele ausgesprochen und verfolgt diese Ziele auch bei Infrastruktur-Investments. «Insbesondere sehen wir hohen Investitionsbedarf im Energie-Sektor, um Netto-Null Emissionen bis 2050 zu erreichen», so Eberhard. «Weiter interessant ist der Telekommunikations- und der Transport-Sektor. Kritisch sehen wir Infrastruktur-Investitionen, die langfristig als «Stranded Assets» angesehen werden können. Diese sind vorwiegend im Öl- und Gas-Sektor anzutreffen.»
Vor allem Infrastrukur-Debt
«Aus Sicht einer Versicherung bewegen wir uns im Wesentlichen im Bereich von Infrastructure Debt», sagt Marc Dünki, Head Portfoliomanagement bei der Baloise. Unter Berücksichtigung der Marktentwicklung und Anlagerestriktionen strebt man hier bei Infrastructure Debt eine strategische Quote von 2 bis 3 Prozent der gesamten Anlagen an. Im Lichte des gestiegenen Zinsumfeldes habe sich die Attraktivität von Infra Debt zu traditionellen Fixed Income Anlagen nicht wesentlich verändert.« Die Zusatzrendite ist nach wie vor attraktiv», so Dünki. Die Illiquiditätsprämie von Infra Debt über vergleichbaren handelbaren Anleihen hat sich in den letzten Jahren als stabil und attraktiv erwiesen, womit die Infra Debt Investitionen einen entscheidenden Mehrertrag für den langfristigen Anlageerfolg liefern. Dies gilt vor, während und nach dem Zinsanstieg. «Die höheren Fremdkapitalkosten können dazu führen, dass mit Fremdkapital unterlegte Projekte nicht mehr gleich gut rentieren», sagt Dünki weiter. Eigenkapitalgeber könnten deswegen Refinanzierungs- und Investitionspläne verzögern oder ganz revidieren. Dies impliziert, dass das Transaktionsvolumen am Infra Debt Markt tendenziell hätte sinken sollen. «Allerdings beobachten wir keinen Einbruch der Anzahl Transaktionen», so Dünki. «Was wir als Investor subjektiv wahrnehmen ist eine generell gestiegene Unsicherheit, ob ein weit fortgeschrittener Deal wirklich zum Abschluss kommt.»
Vor Einstieg bei Infrastructur-Equity
«Infrastruktur-Investments im Debt-Bereich bilden insbesondere in den Portfolios unserer europäischen Tochtergesellschaften einen wichtigen Baustein in den Asset Allokationen», sagt Helvetia-Sprecher Jonas Grossniklaus «In einer sich ständig wandelnden wirtschaftlichen Umgebung erkennen wir die Infrastruktur als einen nachhaltigen und stabilen Sektor an, der sowohl langfristige Stabilität als auch eine attraktive risiko-adjustierte Rendite verspricht.»
Infra Equity profitiere von stabilen und inflationsgeschützten Erträgen, welche durch regulierte Abnahmeverträge mit Inflationsausgleich geregelt sind. Darüber hinaus biete Infra Equity die Möglichkeit, gezielt in Megatrends (bspw. Energiewende und digitale Transformation) zu investieren. «Investoren sollten aber neben der Illiquidität auch die oft langen und komplexen Verträge berücksichtigen», so Grossniklaus. «Derzeit sind wir in diversen Ländern und Branchen über Infra Debt Loans breit aufgestellt», sagt Grossniklaus weiter. «Unser Fokus liegt ausschließlich im Investment Grade (IG) Bereich.» High Yield (HY) Investments biete aus Gründen der Kapitaleffizienz derzeit nicht den gewünschten Mehrwert. «Wir evaluieren zudem den Einstieg in Infra Equity», sagt Grossniklaus weiter. «Aus der aktuellen Perspektive könnten wir uns eine Allokation von bis zu 5 Prozent in den jeweiligen europäischen Asset-Allocations auf längere Sicht durchaus vorstellen.»
Clean Energy, Nähe zur Schweizer Wirtschaft
Die Mobiliar investiert laut Sprecherin Kim Allemann ihre Assets breit diversifiziert sowohl in traditionelle wie auch in nicht-traditionelle Anlageklassen. «Zu den nicht-traditionellen Anlagen zählen wir die Privatmarkt-Anlagen, wie zum Beispiel Infrastruktur», so Allemann. «Wir erachten eine Allokation in Infrastrukturanlagen von 1 bis 4 Prozent in einem diversifizierten Portfolio als ideal.» Die Mobiliar investiert für ihr eigenes Portfolio seit vielen Jahren in Clean-Energy-Infrastruktur-Projekte beziehungsweise -Funds, mit Fokus auf den Schweizer Markt. «Wir schätzen an diesen Investments die stabilen Cashflows und die Nähe zur Schweizer Wirtschaft», so Allemann.
«Zudem baut die Mobiliar ein Infrastruktur-Portfolio auf, das weltweit mehrheitlich über Funds in verschiedene Core-Sektoren investiert, wie in Transport, Energie & Versorgung, soziale Infrastruktur und Kommunikation.» Für diese Versicherungsgesellschaft sind Infrastruktur-Investments aus einer Reihe von Gründen attraktiv: Zunächst aufgrund ihres stabilen Cashflows infolge langfristiger Konzessionen oder Abnahme-Verträgen. Dann Dank ihrer hohen Resilienz auch in einem schwierigen Umfeld wegen ihres Realwert-Charakters. Weiter infolge ihrer Sektor-Diversifikation im Gesamtportfoliokontext und schliesslich aufgrund ihrer tiefen Korrelation zu anderen alternativen und traditionellen Anlageklassen.