Vorsorgepläne für Kader und Spezialisten sind durchaus interessant. Mit diesen sogenannten 1e-Plänen fallen die Sanierungsrisiken für die Unternehmen weg, weil die Versicherten das Anlagerisiko selbst tragen. Das führt zu einer Reduktion der Pensionskassenverpflichtungen. Gleichzeitig kann sich der Arbeitgeber mit diesem zusätzlichen Vorsorgewerk bei der Personalrekrutierung gegenüber der Konkurrenz profilieren.
Trotzdem werden 1e-Pläne erst zögerlich genutzt. Für Stephan Wirz, Mitglied der Geschäftsleitung beim Maklerzentrum Schweiz, ist dieses Vorsorgeprodukt in der Firmenwelt noch zu wenig bekannt: «Es gibt keinen Hype, aber die 1e-Pläne haben Wachstumspotenzial.» Der Vorsorgeexperte beobachtet speziell bei den inhabergeführten Firmen ein grosses Interesse.
Die 1e-Pläne für den überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge gibt es seit 2006. Benannt nach dem entsprechenden Artikel in der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) sind diese Vorsorgelösungen erst jüngst in den Vordergrund gerückt. Der Grund: Dank einer Änderung in den Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes müssen die Pensionskassen ihren Versicherten im Austrittsfall keine Mindestgarantien mehr gewähren. Erst seit dieser kostenlose Kapitalschutz für die Mitglieder in den 1e-Plänen entfällt, sind die Vorsorgeeinrichtungen und Lebensversicherer mit neuen Sparplänen aktiv geworden.
Mittlerweile zählt man bereits über 20 Anbieter, die 5 Milliarden Franken in 1e-Plänen verwalten. Jörg Odermatt, Gründer von PensExpert, geht davon aus, dass «der 1e-Markt in fünf Jahren irgendwo zwischen 10 und 15 Milliarden Franken» liegen dürfte. Auch andere Branchenkenner erwarten eine weiterhin wachsende Nachfrage. Als wesentlicher Treiber wird die systembedingte starke Umverteilung in der zweiten Säule betrachtet. Zudem verläuft die BVG-Reform nur schleppend.
Individuelle Vorsorgemodelle für Besserverdienende entsprechen durchaus einem Bedürfnis. Weil viele Unternehmen nur einen Teil der Lohnsumme versichern, führt dies bei Angestellten mit höherem Einkommen zu einer Vorsorgelücke. Sie können ihr Spar- und Einkaufspotenzial nicht vollständig ausschöpfen. Mit der Einführung von 1e-Plänen erhalten die Kaderleute und Spezialisten mehr Mitsprache für ihre Lohnteile über 129 060 Franken. Das entspricht dem anderthalbfachen oberen Grenzbetrag, wie er derzeit für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge gilt. Aus der Sicht eines Unternehmens erhöhen Vorsorgepläne für Kaderleute und Spezialisten auch die Komplexität in der zweiten Säule. Bei den 1e-Plänen müssen die entsprechenden Lohnanteile in einer separaten Rechtseinheit verwaltet werden. Notwendig sind zwei getrennte Stiftungen. In der ersten werden Löhne im Obligatorium und Überobligatorium bis zu 129 060 Franken abgedeckt, in der zweiten die ausserobligatorische Vorsorge für Löhne oberhalb dieser Grenze. Für diese zusätzliche Kasse kann man eine neue Stiftung gründen oder sich einer Sammelstiftung anschliessen. Massgebend für die Wahl sind die Struktur der Versicherten, der Deckungsgrad der Pensionskasse, die gewünschte Einflussnahme und Kostenüberlegungen.
Der Versicherte kann im Bereich der 1e-Pläne je nach Alter und Risikobereitschaft die Anlagestrategie selbstständig wählen. Er muss sich aber bewusst sein, dass nun das Anlagerisiko vollständig bei ihm liegt. Eine Pensionskasse kann bis zu zehn Anlagestrategien zur Wahl anbieten, darunter mindestens eine risikoarme Variante, bestehend etwa aus Bargeld, Geldmarktanlagen und Bankguthaben. Daneben gibt es risikomässig abgestufte Fondslösungen. Insgesamt sind aber auch bei diesen individuellen Varianten die Anlagevorschriften der zweiten Säule zu beachten. Der Aktienanteil darf 50 Prozent nicht übersteigen. Damit stellt der Gesetzgeber sicher, dass nicht zu hohe Investitionsrisiken eingegangen werden. Zudem gelten für die 1e-Pläne strengere Vorschriften bei der Berechnung der maximalen Einkaufssumme als bei klassischen Plänen. Besonders wichtig ist es, die Anlagestrategie der 1e-Lösung mit der gesamten Vermögenssituation abzugleichen und dabei auf eine breite Diversifikation zu achten.
Die vermehrte Individualisierung in der beruflichen Vorsorge wird von Branchenkennern unterschiedlich beurteilt. Die Befürworter verweisen darauf, dass die Versicherten in den 1e-Plänen das angesparte Geld mehr als ihr eigenes wahrnehmen würden. Zudem sehen sie es als Vorteil, wenn die besser verdienenden Kaderleute und Spezialisten mit dem angesparten Kapital im ausserobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge ihre eigene Anlagestrategie wählen können. Einzelne Vertreter von Pensionskassen sind allerdings der Ansicht, man dürfe nicht zu stark an den Grundfesten der Kollektivität in der zweiten Säule rütteln. Je mehr Kapital aus der Pensionskasse abfliesst, umso stärker wird das Gemeinschaftsprinzip ausgehöhlt. Eine Folge davon: Die Sanierungsfähigkeit der verbliebenen Kasse sinkt. Häufig fällt auch das Stichwort der Entsolidarisierung. Die 1e-Pläne seien aufgrund ihrer Individualisierung ein Fremdkörper in der zweiten Säule.
Grossfirmen haben sich schon früh den 1e-Plänen zugewandt. Das gilt vor allem für börsenkotierte Gesellschaften, die mit internationalen Rechnungslegungsstandards wie IFRS oder US GAAP operieren. Mit dem Splitting im Vorsorgekapital wird die Bilanz entlastet. Die Vorsorgelösungen für Kaderleute und Spezialisten gelten als Beitragsprimat-Pläne. Die Versicherten tragen dabei das volle Anlagerisiko und beziehen das angesparte Guthaben bei Rentenantritt als Kapital. Vom Gesetz her ist dies nicht zwingend vorgeschrieben, es ist aber in der Praxis fast überall zu beobachten. Bei einer Auszahlung in Rentenform würde das Kernelement aus Arbeitgebersicht wegfallen: die Entlastung der Bilanz von langfristigen Rentenverpflichtungen.
Mit den 1e-Plänen wird eine klare Trennung zwischen dem obligatorischen und dem überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge geschaffen. Das sichert eine maximale Transparenz. Dies im Gegensatz zu den umhüllenden Pensionskassen. Dort findet vielfach über unterschiedliche Umwandlungs- und Verzinsungssätze eine Quersubventionierung des BVG-Obligatoriums durch Gelder aus dem Überobligatorium statt. Die Umverteilung geschieht überwiegend zulasten der Versicherten mit hohen überobligatorischen Guthaben, also vor allem der Kader und Spezialisten in einem Unternehmen.
Vorsorgelösungen mit 1e-Plänen bieten den gut verdienenden Kaderleuten und Spezialisten zusätzlich Steuersparmöglichkeiten. Abhängig von der individuellen Finanzplanung wählt der Versicherte einen Sparbeitrag, der direkt vom Lohn abgezogen wird. Dabei muss der Anteil des Arbeitgebers in allen Plänen mindestens 50 Prozent betragen. Sparbeiträge und freiwillige Einkäufe in die Vorsorgeeinrichtung können vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Diese Einzahlungen werden innerhalb der zweiten Säule bis zum Bezug steuerfrei geführt. Bei der Auszahlung kommt ein begünstigter Satz für die Vorsorgegelder zur Anwendung.