Darum geht's
  • Die VAG-Revision 2024 reformiert den Schweizer Versicherungsmarkt und bringt neue Anforderungen für Versicherungsvermittler und -vermittlerinnen, die bis Ende 2025 umgesetzt werden müssen.
  • Dies betrifft sowohl Innendienst- als auch Aussendienstmitarbeitende, die ihre Fachkenntnisse durch Prüfungen nachweisen müssen.
  • Arbeitgeber müssen zusätzliche Ressourcen für Weiterbildung und Prüfungsgebühren bereitstellen, was sowohl Chancen für eine bessere Beratungsqualität als auch Herausforderungen durch erhöhten Aufwand und Kosten mit sich bringt.
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Mit der im Januar 2024 in Kraft getretenen VAG-Revision wurde der Schweizer Versicherungsmarkt umfassend reformiert. Diese Änderungen betreffen nicht nur die Organisationsstruktur der Versicherer und deren Aufsicht, sondern nach einer Übergangsfrist bis Ende 2025 auch die Anforderungen an die Versicherungsvermittler und -vermittlerinnen und ihre Arbeitsweise. 

Zu den Autoren

Stefan Schärli ist seit knapp 17 Jahren als selbstständiger Unternehmer-Generalagent für die Mobiliar Willisau-Entlebuch tätig. Christian Spahr ist Teamleiter Private Banking Key Clients und Mitglied der Direktion bei der Zürcher Kantonalbank

Diese Entwicklung wird auch den Alltag von Mitarbeitenden wie David Meier und Michelle Albisser massgeblich beeinflussen. Während David als Innendienstmitarbeiter in einer Generalagentur tätig ist, arbeitet Michelle seit drei Jahren im Aussendienst. In ihrer Rolle als gebundener Versicherungsvermittler beziehungsweise -vermittlerin sind beide mit neuen gesetzlichen Anforderungen konfrontiert, die sich sowohl auf ihre täglichen Aufgaben als auch auf ihre berufliche Entwicklung auswirken. 

Hintergründe und Ziele der VAG-Revision 2024 

Mit der Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), die in der Schweiz 2024 in Kraft getreten ist, sollten die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Versicherungsbranche modernisiert, die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und der Versichertenschutz verbessert werden. Initiiert wurde die Revision durch das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD). Die Revision beinhaltet Änderungen, welche die Versicherer betreffen, wie zum Beispiel:

  • Die Einführung eines Sanierungsrechts: Das anhin gültige Aufsichtsgesetz (VAG) verpflichtete die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma dazu, über ein überschuldetes oder sich in schwerwiegenden Liquiditätsproblemen befindendes Versicherungsunternehmen den Konkurs zu verhängen. Für die Versicherten wäre eine Sanierung aber oft von Vorteil. Aufgrund der Revision sollen Versicherungsunternehmen inskünftig saniert werden können, statt in Konkurs zu gehen. Dadurch sollen die Versicherten ihre Verträge weiterführen können, was den Kundenschutz deutlich stärkt. 
  • Die Aufsichtserleichterungen bei Geschäftsbeziehungen mit professionellen Kunden: Bereits bestehende Erleichterungen für Rückversicherer werden erweitert, da ihre Kunden meist Versicherungsgesellschaften sind, welche als fachkundig gelten und somit weniger schutzbedürftig sind. Neu können zusätzlich auch Erstversicherer ihre Kunden und Kundinnen in professionelle und nichtprofessionelle unterteilen. Für Geschäfte mit professionellen Kunden entfallen ebenfalls bestimmte Aufsichtsvorgaben, wie etwa das gebundene Vermögen im Industriegeschäft. 
  • Zur Förderung von Innovationen erhält der Bundesrat die Kompetenz, Versicherungsunternehmen unter bestimmten Bedingungen von der Aufsicht zu befreien (regulatorische Sandbox). Die Details werden in der Aufsichtsverordnung (AVO) geregelt und ermöglichen, dass vor allem neue, innovative Geschäftsmodelle getestet werden können. Zudem wurde die Liberalisierung des versicherungsfremden Geschäfts beschlossen, um Innovationen weiter zu unterstützen. 

Ein zentrales Element der jüngsten Reform betrifft Versicherungsvermittler und -vermittlerinnen wie David und Michelle, die als Versicherungs- und Vorsorgespezialisten Privat- und Firmenkunden beraten. Seit Anfang 2024 gelten für gebundene als auch für ungebundene Versicherungsvermittlerinnen erhöhte Anforderungen an ihre beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse. Die bestehenden Mindeststandards dürfen dabei nicht unterschritten werden. Die Verantwortung für die Einhaltung branchenspezifischer Mindeststandards – sowohl für die Ausbildung zur Zulassung als Vermittler oder Vermittlerin als auch für die regelmässige Erneuerung des Sachkundenachweises – liegt bei den Versicherungsunternehmen und den Vermittlern selbst. Während die Grundanforderungen für alle Vermittlerinnen und Vermittler gleich sind, können die spezifischen Anforderungen der einzelnen Versicherungssparten beim Sachkundenachweis berücksichtigt werden. Das Eidgenössische Finanzdepartement verspricht sich von diesen Massnahmen eine Verbesserung der Qualität und Transparenz bei der Vermittlung von Versicherungsprodukten sowie eine Stärkung des Vertrauens der Versicherten in die Versicherungsbranche. 

Was bedeutet das für Innen- und Aussendienstmitarbeitende und ihre Arbeitgeber?

Das teilrevidierte Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) verlangt von der Branche ab Januar 2026, dass sie die Mindeststandards für die Fähigkeiten und Kenntnisse ihrer Versicherungsvermittler und -vermittlerinnen einführt und diese von der Finma genehmigen, das heisst prüfen lässt. Konkret müssen alle Mitarbeitenden, die unter den Begriff des gebundenen Vermittlers fallen, ihre Fach- und Branchenkenntnisse durch das Bestehen der VBV-Prüfung nachweisen. Als gebundener Vermittler oder gebundene Vermittlerin gilt, wer seine Tätigkeit als Arbeitnehmerin oder selbstständig Erwerbstätiger mit einer Bindung an ein Versicherungsunternehmen ausübt. Bisher bezogen sich die Aus- und Weiterbildungsvorschriften für Versicherungsvermittler und -vermittlerinnen vor allem auf den Aussendienst in Generalagenturen. Künftig wird der Begriff des Vermittlers jedoch weiter gefasst. Dies bedeutet, dass neu auch die einzelnen Mitarbeitenden im Innendienst der Generalagenturen der Aus- und Weiterbildungspflicht unterstehen. Unter den Begriff der Vermittlerin fallen nicht nur Versicherungsberaterinnen, die Verträge anbieten oder abschliessen. Diese wurden bei den meisten Versicherungsgesellschaften bereits in der Vergangenheit gezielt geschult und verfügen über eine Mitgliedschaft bei Cicero, dem Gütesiegel für Beratungsqualität, sowie über einen vom Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft (VBV) anerkannten Abschluss. All diese Mitarbeitenden können sich bis spätestens Ende 2025 ohne zusätzliche Voraussetzungen in das neue Register eintragen lassen.

Auch Mitarbeitende im Innendienst, die Kunden und Kundinnen beim Vertragsabschluss beraten oder Offerten unterbreiten, gelten als Vermittler oder Vermittlerinnen. Dies, sofern sie Offerten erstellen, Vertragsanpassungen vornehmen und/oder den Kunden oder die Kundin am Telefon oder am Schalter beraten. Dasselbe gilt für Mitarbeitende im Schadendienst, sofern sie nebst der reinen Schadentätigkeit im Alltag ebenfalls die oben aufgeführten Tätigkeiten ausüben. All diese Mitarbeitenden müssen bis zum Ende der Übergangsfrist im Jahr 2025 eine VBV-Prüfung ablegen, sofern sie nicht bereits über eine entsprechende berufliche Qualifikation verfügen. Als gleichwertige Qualifikation und damit Garantie für einen prüfungsfreien Vermittlerregistereintrag gelten unter anderem die Weiterbildungen zum dipl. Finanzberater mit Modul Versicherung, zur dipl. Versicherungswirtschafterin HF, zum eidg. dipl. Versicherungsfachmann, zur Finanzplanerin mit eidg. Fachausweis, zum Versicherungsfachmann mit eidg. Fachausweis, zur Versicherungsvermittlerin VBV und ähnliche. Ab September 2025 tritt ein neues Prüfungsmodell für alle Mitarbeitenden mit Beratungstätigkeit in Kraft. 

Herausforderungen und Möglichkeiten im Innendienst 

David, gelernter Kaufmann und seit rund drei Jahren im Innendienst einer Generalagentur tätig, wird durch die VAG-Revision mit den neuen Anforderungen konfrontiert. Nur wenn David bis Ende 2025 die Zulassungsprüfung und damit den Eintrag ins neue VBV-Branchenregister schafft, kann er seine angestammte Tätigkeit weiterhin ausüben. Damit dies der Fall ist, legt David gemeinsam mit seinem Arbeitgeber bis zum Ende der Übergangsfrist fest, für welches der vier möglichen Profile er sich entscheidet. Definiert wurden die vier Profile «Nichtleben», «Leben», «Krankenkasse» und «Allbranche». Diese unterscheiden sich in der zukünftigen beruflichen Ausrichtung von David. Wird David Kunden und Kundinnen sowohl im Leben- als auch im Nichtlebenbereich beraten und Verträge abschliessen, muss er sich für das Nichtleben- und das Leben-Profil entscheiden. Beschränkt sich seine Tätigkeit auf eine dieser Branchen oder die reine Beratung und den Vertrieb von Krankenkassen, genügt es grundsätzlich, wenn er sich für eines der anderen Profile entscheidet. Hat er sich für ein Profil entschieden, gilt es nun, sich die erforderlichen Kenntnisse anzueignen. Die Ausbildungs- und Prüfungsinhalte sind je nach Qualifikationsprofil verschieden und unterschiedlich umfangreich. Davids Arbeitgeber entscheidet frei über die Art der Ausbildung und den Umfang der Prüfungsvorbereitung.  

Auswirkungen der VAG-Revision auf den Aussendienst 

Michelle ist seit drei Jahren im Aussendienst tätig. Ihre Hauptaufgabe ist die Beratung von Kunden, sei es am Telefon, bei Kundinnen zu Hause oder am Schalter der Generalagentur, wobei sie selbstständig Versicherungsverträge abschliesst. Die VAG-Revision bringt für Michelle sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich, jedoch vorerst keine nennenswerten Änderungen, da sie bereits die VBV-Prüfung sowie die eidg. Prüfung zur Finanzberaterin IAF absolviert hat und als gebundene Vermittlerin im Vermittlerregister eingetragen ist. Somit erfolgt ihre Überführung in das neue Branchenregister per Januar 2026 automatisch. 

Rezertifizierung für Innen- und Aussendienst 

Die VAG-Revision verlangt von David und Michelle, sich immer wieder weiterzubilden, um auf dem neusten Stand der Versicherungsprodukte und der gesetzlichen Anforderungen zu bleiben. Während sie ihre Kompetenzen bisher vor allem durch ihre tägliche Arbeit erweitert haben, werden sie nun strukturiert an Weiterbildungen teilnehmen müssen. Dies wird ihnen helfen, ihre Fachkenntnisse zu vertiefen und ihre Beratungsqualität zu verbessern, was auch den Kunden und Kundinnen zugutekommt. Um dies zu untermauern, bestätigen sie alle zwei Jahre die Aktualität ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse durch einen schriftlichen Onlinetest und rezertifizieren damit ihre Zulassung. Der Fokus dieses Tests liegt auf Aktualität, regulatorischen Änderungen sowie neuen Marktentwicklungen.  

Neu in die Branche eintretende Mitarbeitende 

Neu in die Versicherungsbranche eintretende Mitarbeitende absolvieren die reguläre Aufnahmeprüfung nach den neu definierten Mindeststandards und streben damit je nach gewähltem Profil die Aufnahme in das VBV-Branchenregister an. Zudem dürfen neu in die Branche eintretende Versicherungsvermittlerinnen künftig erst dann selbstständig Kunden beraten, wenn sie zuerst einen Leistungsnachweis in Form einer Prüfung erbracht haben.  

Aufwand für Arbeitgeber 

Damit David die Prüfung erfolgreich absolvieren kann, muss sich sein Arbeitgeber überlegen, wie viel Zeit er ihm für das Lernen und die Prüfungsvorbereitung zur Verfügung stellt. Da die Prüfungsvorbereitung der Mitarbeitenden Sache des Arbeitgebers ist, bedeutet die VAG-Revision für die Gesellschaften, dass sie zusätzliche Ressourcen in Ausbildungsprogramme, Schulungssequenzen und interne Kontrollmechanismen investieren müssen. Zudem fallen unter anderem allfällige Kosten für die Beauftragung externer, unabhängiger Schulungsanbieter an. Nicht zu unterschätzen sind die Kosten für die Prüfungsgebühren und die jährlichen Registergebühren (inkl. Rezertifizierungsgebühren) für alle Mitarbeitenden.  

Vorteile für Kunden, Kundinnen, Vermittler und Vermittlerinnen 

Die neuen Anforderungen der VAG-Revision bieten direkte Vorteile für Kunden und Vermittler und Vermittlerinnen wie David und Michelle. Die Weiterbildungspflicht und die erhöhten Verhaltensanforderungen erhöhen die Beratungsqualität, was das Vertrauen der Kundinnen in die Versicherungsbranche stärkt. Die Kunden können darauf vertrauen, dass sie von gut ausgebildeten Vermittlern und Vermittlerinnen betreut werden, die ihre Interessen schützen. David und Michelle wiederum profitieren von verbesserten Karrierechancen, bleiben fachlich auf dem neuesten Stand und haben die Möglichkeit, sich beruflich weiterzuentwickeln. 

Chancen und Herausforderungen

Die VAG-Revision 2024 bringt für Versicherungsvermittler wie David und Michelle erhebliche Veränderungen mit sich. Die neuen Anforderungen an Weiterbildung, Verhaltenspflichten und Haftung erhöhen den Druck, bieten aber auch Chancen für mehr Professionalität und bessere berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die neuen Vorschriften vollständig umgesetzt werden, was zusätzliche Kosten und Ressourcen erfordert, aber langfristig auch die Servicequalität verbessern und das Vertrauen in die Branche stärken kann. 

Vorteile: 

  • Erhöhte Professionalität: Weiterbildung verbessert die Beratungsqualität und stärkt das Vertrauen der Kunden und Kundinnen. 
  • Klare Verhaltensregeln: Transparenz und Sorgfalt bei der Beratung schützen sowohl Kunden und Kundinnen als auch Vermittler und Vermittlerinnen. 
  • Karrierechancen: Die kontinuierliche Weiterbildung eröffnet neue berufliche Möglichkeiten für Vermittler und Vermittlerinnen. 

Nachteile: 

  • Mehraufwand und Kosten: Die Umsetzung der neuen Regeln erfordert zusätzliche Schulungen und Kontrollen. 
  • Erhöhter Druck auf die Vermittler und Vermittlerinnen: Durch die erhöhten Anforderungen steigt der Stress im Arbeitsalltag. 

Die Namen der beiden Personen sind den Autoren bekannt, wurden hier aber abgeändert. Die Autoren sind Teilnehmer des Executive MBA der Hochschule Luzern

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Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Insurance, und ihr Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
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