- Eine aktuelle UBS-Studie zeigt, dass die Vorsorgelücke in Zürich hoch ist, mit der Notwendigkeit, 30 Prozent des Nettoeinkommens ab 50 Jahren zu sparen, um die Rentenlücke zu schliessen.
- Schweden verfolgt ein nachhaltiges Rentensystem, das kapitalisiert und indexiert ist, während in der Schweiz die Verständlichkeit und Transparenz des Systems verbessert werden muss.
- Die Studie fordert mehr Aufklärung und transparente Rentenkonten, wie sie in den Niederlanden bereits existieren.
«Für jedes zweite Jahr, das man in der Schweiz gearbeitet hat, darf man später ein Jahr in Rente gehen», erklärt Elisabeth Beusch. Die Ökonomin der UBS präsentierte kürzlich die aktuelle Studie über den internationalen Vergleich verschiedener Vorsorgesysteme, respektive über die Grösse der Vorsorgelücke, mit der sich eine durchschnittliche Versicherte in verschiedenen Städten bei der Pensionierung konfrontiert sieht. Wenig erstaunlich fällt diese Finanzierungslücke in Zürich relativ hoch aus – wobei andere Städte wie Tokio oder Riad bei ähnlichem Renteneintrittsalter noch darüber liegen.
Die Vorsorgelücke («Pension Gap») ergibt sich aus dem Nettoeinkommen aus AHV-Rente plus Pensionskassenrente aus dem Obligatorium abzüglich der Summe, die das Leben nach der Pensionierung kostet. Wenn die in der Studie zugrunde gelegte, fiktive Versicherte namens «Jane» in Zürich lebt, müsste sie demnach ab ihrem fünfzigsten Lebensjahr jedes Jahr rund 30 Prozent ihres Nettoeinkommens zur Seite legen und investieren, denn so viel benötigt sie später, um ihre Vorsorgelücke in den durchschnittlich 22 Jahren als Rentnerin (vom 65. bis zum 87. Lebensjahr) schliessen zu können. Eine utopische Spar-Aufgabe, wie auch Studienleiterin Elisabeth Beusch gesteht.
Eine zusätzliche Problematik ist die Frage, wie nachhaltig die Rentenfinanzierung eines Landes ist. «Wenn das System die gemachten Versprechen nicht einlösen kann, kann die erforderliche Sparquote sogar noch höher ausfallen», ergänzt die UBS-Ökonomin. Auf der Suche nach nachhaltigen Finanzierungsmodellen wurden die Ökonomen unter anderem in Schweden fündig. Denn im «langgestreckten Land» Skandinaviens wurde das Rentensystem in den 1960er-Jahren und in den 1990er-Jahren umgestellt. Seither werden die Beiträge mit dem durchschnittlichen Lohnwachstum kapitalisiert. Die Höhe der lebenslangen Rente hängt vom Guthaben, dem Renteneintrittsalter und der Lebenserwartung ab und ist auf das durchschnittliche Lohnwachstum indexiert. «Diese Kapitalisierung und Indexierung unterliegen dem Gleichgewicht zukünftiger Einnahmen und Ausgaben», erklärt Elisabeth Beusch. Damit nicht genug, hat Schweden 2004 dieses umlagefinanzierte System mit einem kapitalgedeckten System ergänzt, innerhalb dessen die Versicherten aber ihre Pensionskasse und die Anlagestrategie selbst wählen können. Zudem kennen die Schweden kein ordentliches Renteneintrittsalter – die meisten Schweden arbeiten länger als bis zu ihrem 65. Lebensjahr.
Versicherte richtig abholen
Rentenmodelle sind international verschieden, aber die Stellschrauben sind überall gleich: Beitragshöhe, Leistungshöhe, Renteneintrittsalter, Lebenserwartung. Zudem sind die Systeme von Natur aus komplex, aber sie müssten den Versicherten verständlich dargelegt werden, insbesondere in der direktdemokratischen Schweiz, wo das Stimmvolk Reformen gutheissen müsste, aber wo das Wissen um das Vorsorgesystem eher bescheiden ausfällt, wie unter anderem eine Studie der Hochschule Luzern jüngst zum wiederholten Mal gezeigt hat.
«Wir brauchen eine bessere Grundlage, um an die Versicherten zu gelangen und sie zu motivieren, sich für das Rentensystem zu interessieren und es zu verstehen», sagt Beusch und nennt in diesem Zusammenhang das Beispiel der Niederlande. Dort gibt es eine zentrale Plattform, auf der die Versicherten jederzeit den Stand ihres Rentenkontos und die voraussichtliche Rentenhöhe einsehen können. «In der Schweiz gibt es zwar auch Bestrebungen, etwas Ähnliches aufzubauen», sagt Beusch. Bislang scheitere es jedoch unter anderem an Fragen des Datenschutzes und des Datenaustauschs zwischen der ersten und der zweiten Säule.
Dieser Beitrag ist Teil des am 24. Oktober 2024 erschienenen HZ-Insurance-Print-Specials «Finanzplanung/Vorsorge».