«Die eigenen Fähigkeiten entwickelt man hands-on im Berufsalltag. Nur wer sich immer wieder herausfordert und auch einmal ins kalte Wasser springt, wächst in der Praxis über sich hinaus», erklärt Joséphine Chamoulaud und sagt das nicht einfach so dahin. Zwar bewegte auch sie sich in der akademischen Welt, studierte an der Universität Luzern Kommunikationswissenschaften und Soziologie und bildet sich aktuell an der HSG im Bereich Management und Finance weiter. «Ich habe aber immer Vollzeit gearbeitet», betont sie. Studiert wurde am Abend und am Wochenende. «Trotzdem: Das Studium hilft», sagt sie. Das gelte vor allem bei Soft Skills im Berufsalltag, wie beispielsweise Kommunikationsfähigkeit oder analytischem Denken.
Ihren Erfahrungsschatz, den sie heute in der Versicherungswelt anwendet, hat sich Joséphine Chamoulaud im Startup-Universum aufgebaut, bei einer Digitalagentur. Hier hat sie bereits mit Anfang 20 Führungsaufgaben übernommen. «Es gibt kein besseres Trainingsfeld als ein schnell wachsendes Startup. Ich konnte an der Strategie des Unternehmens mitarbeiten, Teams national und international aufbauen und hatte gleichzeitig eine unglaubliche Vielfalt an operativen Tätigkeiten.»
Kontrast zur klassischen Versicherungswelt
Als Head of Agency beschäftigte sie sich mit Customer Experience, Customer Journey und digitalen Touchpoints von Klein- und Grossunternehmen. «Der Kunde steht im Mittelpunkt. Das sagt sich leicht», meint Joséphine Chamoulaud. Doch was heisst das genau? Bis heute hat sie das Thema nicht losgelassen.
Daher ist es wohl kein Zufall, dass sie ausgerechnet beim grössten Digitalversicherer der Schweiz gelandet ist. Dessen Ziel ist kein geringeres ist, als die beste Customer Experience am Markt zu bieten.
«Können, ein gutes Netzwerk und etwas Glück» führten die dreisprachige Marketerin 2019 hier hin. Smile betreute sie als Kunden – und sie erhielt ein Angebot, zu wechseln.Sie startete gleich mit der Aufgabe, die Marke entlang kommunikativer Massnahmen und digitaler Touchpoints wie Website und App zu repositionieren.
Die Aufgabe reizte sie und war zugleich eine neue Herausforderung. «Ich bin kein klassisches Versicherungskind, war beim Einstieg sogar völlig branchenfremd. Genau das war und ist auch heute noch ein grosser Vorteil», erklärt Joséphine Chamoulaud. Als Chief Marketing Officer und Mitglied der Geschäftsleitung von Smile Versicherungen verantwortet die 29-Jährige heute den B2C-Marktzugang der Tochterfirma von Helvetia.
Dazu zählt die ganze Markenkommunikation, sowie aber auch alle digitalen Touchpoints entlang der Customer Journey mit Mobile-First-Ansatz. Joséphine Chamoulaud war unter anderem massgeblich mitbeteiligt an der Entwicklung und Lancierung des ersten Freemium-Modells Europas, für das Smile 2021 mit dem Innovationspreis der Schweizer Assekuranz ausgezeichnet worden ist.
Mehr digitale Kundenerlebnisse
«Unser Ziel bei Smile ist es, das beste digitale Kundenerlebnis am Markt zu bieten, mit grösster Alltagsrelevanz für den Kunden. Dafür orientieren wir uns an den erfolgreichen Consumer Brands wie Netflix, Spotify und Co.», erläutert sie das Kontrastprogramm zum klassischen Versicherungsgeschäft von früher. «Man muss die Welt nicht neu erfinden. Kundenzentrierung funktioniert, wie andere Branchen längst beweisen.»
In der Vergangenheit liefen Verträge teilweise über zehn Jahre und länger und am Ende wusste niemand mehr genau, was darin steht. «Man musste darauf vertrauen, dass der Versicherer schon zahlen würde, wenn es darauf ankommt.»
Heute «challenged» sie täglich die Gewohnheiten der Branche: Ein Vertrag mit der Versicherung lässt sich unkompliziert und schnell online abschliessen, mit monatlichem Kündigungsrecht. Im Marketingdeutsch klare Ansagen ohne Blabla: Prämie berechnen, Offerte bestätigen, top versichert.
«Wir sind zwar im Kern noch ein Versicherer, in der Wahrnehmung aber ein digitaler Lifestyle Brand. Das Freemium-Modell ist ein Beispiel, wie wir die User und unsere Kunden entlang der Customer Journey mit innovativen und hilfreichen Services begeistern», erklärt Joséphine Chamoulaud. Dabei sei die Smile-App Dreh- und Angelpunkt.
Mehrwert schaffen
Ihre Rolle sieht sie darin, zu schauen, wie man Kunden einen Mehrwert geben kann. Und fürs Business Mehrwert aus den Daten zu generieren. «Ich achte dabei sehr darauf, ein gutes Gleichgewicht zu finden. Am Ende zählt der Geschäftserfolg», betont sie.
Und die Privatsphäre? «Bei Smile führen wir dazu einen offenen Dialog mit den Kunden. Sie müssen wissen, was wie funktioniert, und selbst bewusst entscheiden, ob und welche Daten sie freigeben.» Wenn der Mehrwert stimmt, ist auch die Freigabe von persönlichen Daten für den Kunden kein Problem, ist Joséphine Chamoulaud überzeugt.
Führungsaufgaben übernehmen und an zukunftsgerichteten Geschäftsmodellen arbeiten – das will Joséphine Chamoulaud auch in Zukunft. «Ich bin jemand, der gerne Bewegung erzeugt und dann aber auch relativ schnell die entsprechende Wirkung sehen will», beschreibt sie ihr Naturell. «Zu viel Routine ist nicht mein Ding.»