Klischees und Schubladendenken mag Patricia Nunes ganz und gar nicht. Dies nicht zuletzt, weil sie aufgrund ihrer Körpergrösse von 1 Meter 90 selber immer wieder in eine Schublade gesteckt wird. Die Frage «Spielst du Basket- oder Volleyball?» beantwortet sie daher jeweils nur noch mit einem dezidierten «Nein». Ansonsten ist die 30-Jährige aber alles andere als wortkarg. Bereits während der Lehre als Pharma-Assistentin merkte sie, dass sie sehr gerne mit Menschen arbeitet, und so war es für sie naheliegend, sich nach der Lehre darüber Gedanken zu machen, in den Aussendienst zu wechseln. Dazu kam es nicht. «Weil ich mich schon einige Male darüber geärgert hatte, dass ich beim Hausarzt lange im Wartezimmer sitzen musste und danach einfach ein Medikament in die Hand gedrückt bekam, das ich auch hätte selber kaufen können, fühlte ich mich von einem Stelleninserat der neu gegründeten Santé 24 sofort angesprochen.» In diesem war für eine Sachbearbeiter-Rolle eine Pharma-Assistentin gesucht, Patricia Nunes bewarb sich und erhielt die Stelle. 

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«Schnellschüsse sind mir ein Graus»

Damals steckte die Telemedizin noch in den Kinderschuhen und Patricia Nunes gefiel das Pionierhafte, das dem ganzen Santé-24-Team Schwung verlieh, aber auch viel Energie abverlangte. Um aufzutanken und sich grundsätzlich zu überlegen, ob sie noch die Berufsmaturität (BM) machen und danach ein Studium in Angriff nehmen solle, reiste sie 2016 für ein halbes Jahr nach Neuseeland. «Swica bot mir nach der Auszeit an, in meinen alten Job zurückzukommen und später in einem Teilzeitpensum zu arbeiten und parallel dazu die BM zu machen.»

Kaum zurück, kam es anders als geplant und Nunes erhielt das Angebot, zuerst stellvertretende Teamleiterin und anschliessend Teamleiterin Administration von Santé 24 zu werden. «Das Reisen hatte mein Selbstvertrauen gestärkt und so sprang ich ohne zu zögern ins kalte Wasser.» Damals habe sie sich eine Maxime verinnerlicht, nach der sie seither immer zu leben versuche: «Wenn man hinter dem steht, was man tut und was man sagt, kann es nur gut kommen.» Sie sei jung und unerfahren in die Führungsrolle gekommen und habe natürlich auch etwas Angst und Respekt vor dem eigenen Mut gehabt. Geholfen habe ihr, dass sie stets Ruhe bewahrt und situativ gehandelt habe. «Zudem will ich mein Gegenüber verstehen und auf dieses eingehen, und Schnellschüsse sind mir ein Graus.»

Ihre Aufgabe hat sie offenbar sehr gut gemeistert, denn im Frühsommer 2021 erhielt sie das Angebot, Team-Coach der Gesundheitsberaterinnen und -berater zu werden. Seither befähigt und motiviert sie rund 40 Santé-24-Mitarbeitende in selbstorganisierten Teams an verschiedenen Standorten in der ganzen Schweiz. «Ein toller Job – kein Tag ist wie der andere, denn das Gesundheitsberatungsteam ist unglaublich heterogen», schwärmt sie. «Neben dem Coachen gehört es zu meiner Aufgabe, die Rollen der Mitarbeitenden zu gestalten und ihnen Sicherheit zu vermitteln.» Anfänglich sei es etwas speziell gewesen, den Führungshut abzustreifen und unter dem Coachinghut zu agieren – mittlerweile habe sie sich aber daran gewöhnt. Will heissen: Patricia Nunes gibt den Beraterinnen und Beratern die Lösungen nicht vor, sondern befähigt sie dazu, selber eine Lösung zu finden. 

Energie für diese anspruchsvolle Aufgabe tankt sie beim Draussensein mit ihrem Hund sowie beim Backen und Kochen. Und sie freut sich auf die Zeit nach der Pandemie, weil dann das Reisen wieder einfacher wird und sie endlich ihre Familienmitglieder in ihrem zweiten Heimatland Brasilien wieder besuchen kann.