Für Sarasin-Aktionäre war es ein schwarzer Montag. Die Titel der Basler Privatbank fielen zeitweise 18 Prozent, nachdem die niederländische Rabobank den Verkauf der Mehrheit an die Safra-Gruppe bekannt gegeben hatte (siehe Kursgrafik). Die Brasilianer bezahlten für das Paket 36 Franken je Aktie. Börsianer hätten sich deutlich mehr erhofft − Marktgerüchten zufolge wäre die am Bieterstreit beteiligte Zürcher Bank Julius Bär bereit gewesen, für jede Sarasin-Aktie bis zu 40 Franken zu zahlen.
Entsprechend legten die Bär-Valoren zu, als klar wurde, dass der womöglich teure Kauf doch nicht zustandekommt. Das höhere Gebot von Julius Bär mag sich aus den grösseren Kostensynergien erklären, die sich aus dem Zusammengehen von zwei führenden Schweizer Private-Banking-Anbietern ergeben hätten. Dabei wäre es zu einem einschneidenden Stellenabbau gekommen. «Die Rabobank dürfte sich wegen der Opposition von Sarasin-Mitarbeitern und -Management gegen Julius Bär entschieden haben», sagt Michael Schwaller, Finanzanalyst bei der Zürcher Kantonalbank.
Dem Bieterstreit um Sarasin könnten aber bald weitere folgen. «Das ist sicher nicht die letzte grössere Transaktion im Private Banking gewesen», sagt Klaus Kirchmayr. Er ist Mitgründer und Senior Partner der Beratungsfirma Millenium Associates, die auf Fusionen in der Finanzbranche spezialisiert ist. «Ich wette, dass in den nächsten zwei, drei Jahren noch die eine oder andere grössere Schweizer Privatbank durch einen Zusammenschluss verschwindet», so Kirchmayr.
Vontobel wäre die falsche Braut
Nicht von ungefähr heisst es deshalb bei Julius Bär: «Wir sind weiterhin an Übernahmen interessiert.» Eine Voraussetzung sei, dass die Akquisition strategisch Sinn mache, indem sich das Zielunternehmen auf Private Banking fokussiere. Damit ist klar, dass zum Beispiel Julius Bär und die Bank Vontobel nicht zusammenpassen. Bei Vontobel stammt nämlich weniger als ein Viertel des Vorsteuergewinns aus dem Private Banking; den Löwenanteil steuert das Investment Banking bei. Hinzu kommt, dass Vontobel stark auf schweizerische und deutsche Kunden fokussiert ist. «Julius Bär dagegen dürfte wohl eher an Kunden aus den Schwellenländern interessiert sein», sagt Schwaller von der ZKB. Er schätzt die Kriegskasse von Bär auf 800 Millionen Franken. Nachdem die Bank im November mit einer nachrangigen Anleihe weitere 175 Millionen aufgenommen hatte, ist sogar noch darüber hinaus Munition vorhanden.
Andererseits, so lässt die Bank Julius Bär verlauten, müsse man nicht um jeden Preis wachsen. Mit 166 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen verfüge man bereits über eine kritische Grösse. Diese Meinung teilt auch Michael Rohr. Der Analyst beim Analysearm der deutschen Investmentbank-Boutique Silvia Quandt hofft, dass die Julius-Bär-Gruppe nicht dem Wachstumswahn erliege. Er rechnet zwar mit kleineren Zukäufen, zum Beispiel in Italien oder Lateinamerika. Aber mit einer kostspieligen Grossübernahme verlöre Julius Bär einen zentralen Konkurrenzvorteil − ihre überaus solide Kapitalausstattung.
«Das Neugeldwachstum in den ersten zehn Monaten 2011 lag am oberen Rand des selbstgesteckten Ziels von 4 bis 6 Prozent», so Analyst Rohr. Das zeige, dass Kunden in unsicheren Zeiten eine Bank mit hoher finanzieller Stabilität suchten, die zudem kein riskantes Investment Banking betreibe wie die Grossbanken.
Lieber Bären als EFG
Für Rohr ist Julius Bär als purer Vermögensverwalter die attraktivste Schweizer Aktie im Bereich Private Banking. Er zieht sie EFG International vor, die mit einer weit ungünstigeren Kostenstruktur als Julius Bär operiert. EFG International hat zwar eine Restrukturierung eingeleitet, aber das neue Geschäftsmodell muss noch an Kontur gewinnen.
Vontobel wiederum ist eher ein Investment-Banking- als ein Private-Banking-Wert. Gegen den Titel spricht zudem, dass die Kundengelder in den nächsten Jahren nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich wachsen dürften; dämpfend wirken Vermögensabflüsse wegen des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland. Das will Vontobel durch Übernahmen in der Schweiz und Deutschland kompensieren.
Vontobel ihrerseits bietet wenig Übernahmefantasie, solange die Familienaktionäre und Raiffeisen zusammen eine Zweidrittels-Mehrheit halten. An dieser Besitzstruktur zeichnet sich vorläufig keine Änderung ab, auch wenn Raiffeisen mit der Übernahme von Sarasin geliebäugelt und eine spätere Fusion mit Vontobel erwogen hatte.