Weltweit steigt die Zahl der Passagiere und Flugverbindungen, was das Business der Airlines beflügelt. Auch der in den vergangenen Monaten stark gefallene Kerosinpreis nützt den Fluggesellschaften. Sie müssen weniger Geld für Treibstoff ausgeben. Auf die Kurse von Luftfahrt-Aktien haben sich diese Faktoren jedoch nur bedingt ausgewirkt. Viele Titel haben sogar eingebüsst.

Der Aktienkurs der grössten deutschen Airline Lufthansa etwa stürzte allein in den vergangenen vier Wochen um 15 Prozent ab. Die Aktie von Air France-KLM verlor im selben Zeitraum rund 9 Prozent an Wert. Der Titel des Flughafens Zürich verlor trotz Passagierrekorden ebenfalls rund 4 Prozent. Trotz steigenden Passagierzahlen seien von der Aktie in den kommenden Monaten keine immensen Kurssprünge zu erwarten, sagt Armin Rechberger, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). «Der Titel wird sich voraussichtlich mit dem Schweizer Gesamtmarkt bewegen.»

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Golf-Airlines machen Druck

Eine Erklärung für diese paradoxe Situation liefert die Intensität des Wettbewerbes in der Branche. Selbst grosse Player wie die Lufthansa leiden unter Billig-Airlines, die ihnen auf vielen Strecken Passagiere streitig machen. Dazu kommt, dass schnell wachsende Fluglinien aus der Golfregion vielen grossen Airlines – vor allem US-Fluggesellschaften – erhebliche Marktanteile streitig machen: Qatar Airways, Etihad und Emirates machen ihnen vor allem auf der Langstrecke Konkurrenz und wachsen rasant. Sie sind die Gewinner der Verschiebungen in der Branche, während Lufthansa und Co. zu den Verlierern gehören.

So bieten sich bei ausgewählten Luftfahrt-Valoren attraktive Chancen, wie Analysten sagen. Langfristig denkende Investoren können nach den Kurseinbrüchen der vergangenen Wochen die Gelegenheit zum Einstieg nutzen.

Qantas: Analysten-Favorit

Zu den Favoriten der Analysten zählt Qantas. Die australische Fluggesellschaft hat im abgelaufenen Geschäftsjahr wieder einen Gewinn erzielt, nachdem sie im Geschäftsjahr 2013/2014 wegen des starken Wettbewerbsdrucks und hoher Treibstoffkosten noch einen Rekordverlust von 2,8 Milliarden australischen Dollar hatte hinnehmen müssen.

Dank einem rigorosen Sparprogramm und niedrigeren Kerosinpreisen gelang die Kehrtwende. Nach Ende des im Juni abgelaufenen Geschäftsjahrs 2014/2015 stand ein Gewinn von 557 Millionen australischen Dollar. Dazu kommt: Qantas hat auf dem Heimatmarkt mit wenig Wettbewerb zu kämpfen – ein Vorteil gegenüber grossen europäischen Airlines wie Lufthansa.

Ryanair fliegt in die Analysten-Herzen

Gute Aussichten bescheinigen Marktbeobachter auch dem Billigflug-Anbieter Ryanair. Die «Ikea der Lüfte», wie CEO Michael O’Leary sein Unternehmen einmal selbst bezeichnete, gilt neben Easyjet als jenes Unternehmen, das sich bisher auf dem umkämpften Billigflieger-Markt am besten durchgesetzt hat.

Während andere Sparpreis-Airlines in den vergangenen Jahren entweder vom Markt verschwanden oder ihre Ticketpreise wieder erhöhten, ist Ryanair seiner Linie treu geblieben und hat das Billigflug-Angebot in den vergangenen Jahren konsequent ausgeweitet. Alles ist darauf ausgerichtet, Flugtickets so günstig wie möglich anzubieten. Dafür müssen Ryanair-Passagiere allerdings auf Komfort verzichten und für Extras wie Getränke an Bord und aufgegebenes Gepäck draufzahlen.

Seit Jahren auf Wachstumskurs

Zu stören scheint sie das aber nicht: Ryanair rechnet damit, im laufenden Geschäftsjahr, das am 31. März 2016 endet, insgesamt 103 Millionen Passagiere zu befördern. Zum Vergleich: Für Lufthansa samt ihren Tochtergesellschaften Austrian Airlines, Germanwings und Swiss erwarten Experten 106 bis 108 Millionen Passagiere – und Lufthansa befördert Reisende weltweit, nicht nur wie Ryanair innerhalb Europas.

Der irische Billigflieger befindet sich seit Jahren auf Wachstumskurs, will seine Flugzeugflotte in den kommenden Jahren vergrössern, um noch mehr Passagiere befördern zu können. Analysten sehen die Wachstumsgeschichte des Unternehmens noch nicht am Ende und betrachten die Aktie mehrheitlich als Kauf.

Ryanair-Vorbild als Kaufempfehlung

Ebenso attraktiv finden sie den Valor des Ryanair-Vorbilds aus den USA, Southwest Airlines. Bereits im vergangenen Jahr belegte der Titel mit einem Kursplus von 124 Prozent den Spitzenplatz im US-Aktienindex S&P 500, in dem die 500 grössten börsenkotierten US-Unternehmen gelistet sind.

Auch 2015 ist Marktbeobachtern zufolge noch Luft nach oben, wenn Southwest Airlines ihr erfolgreiches Geschäftsmodell mit günstigen Tickets und attraktiven Serviceangeboten für Passagiere weiter ausbaut.

Flugzeugbauer bieten Chancen

Wer sich beim Aktienkauf nicht zwischen Fluggesellschaften entscheiden will, kann alternativ auf die Ausrüster setzen: Die Flugzeugbauer Boeing und Airbus bilden quasi ein Duopol und verfügen über gut gefüllte Auftragsbücher. Insgesamt stehen rund 12'000 Flugzeugbestellungen in den Auftragsbüchern beider Unternehmen, das entspricht acht bis zehn Jahren Produktion.

Für Anleger könnte sich der Einstieg in die Titel der Flugzeugbauer jetzt lohnen. Hier gilt aber, was über die ganze Branche gesagt werden kann: Die Kurse der Titel gelten als besonders volatil. Wenige Branchen sind so schwankungs- und krisenanfällig wie die Luftfahrtindustrie.