Die USA und Grossbritannien, das sind natürlich die mächtigsten staatlichen Spieler in der Welt der Börsen und Banken. Sollte man meinen. Vielleicht auch noch Deutschland, immerhin das grösste und wirtschaftlich stärkste Land Europas.
Doch dem ist mitnichten so. Ganz andere Länder sind in der Finanzwelt die wirklich mächtigen Spieler.

Das zeigt eine aktuelle Analyse des Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF), einer internationalen, unabhängigen Denkfabrik aus Wirtschafts- und Finanzexperten. Darin wurden die 400 grössten öffentlichen Investoren aus 162 Ländern erfasst, darunter 157 Notenbanken, 156 staatliche Pensionsfonds sowie 87 Staatsfonds.

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Viertel des gesamten Anlagevermögens weltweit

Diese Investoren agieren meist im Stillen, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. In der Öffentlichkeit stehen dagegen meist eher einzelne Hedgefonds, die mit spektakulären Aktionen von sich reden machen, die grossen Investmentbanken wie Goldman Sachs oder bekannte Investment-Gurus wie Warren Buffet oder Bill Gross.

Dabei verwalten die staatlichen Anleger weltweit rund 29,1 Billionen Dollar. Das entspricht rund 40 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Jahres der gesamten Welt. Und es entspricht annähernd einem Viertel des gesamten Anlagevermögens auf der ganzen Welt. Diese Investoren haben also allemal das Zeug die Finanzwelt in ihrem Sinne zu lenken.

Die grössten Möglichkeiten haben darunter wiederum aber die Institutionen aus dem Fernen und dem Nahen Osten. Denn von den zehn grössten staatlichen Investoren kommen sieben aus diesen beiden Regionen. Aus Europa haben es in diese Top 10 nur Norwegen und die Schweiz sowie zudem Russland geschafft.

Mächtigster staatlicher Spieler am Finanzmarkt ist der Studie zufolge die chinesische Zentralbank, denn sie regierte zum Stichtag Ende 2013 über ein Anlagevermögen von rund 3,9 Billionen Dollar. Deutlich dahinter auf Rang 2 folgt die japanische Notenbank, die über knapp 1,26 Billionen herrscht.

Hierzu gesellen sich in Japan jedoch weitere 1,25 Billionen Dollar, die in einem öffentlichen Pensionsfonds lagern. Insgesamt kommen die beiden grössten japanischen staatlichen Anleger also auf über 2,5 Billionen Dollar an Vermögen und liegen damit gar nicht so weit hinter China.

Staatsfonds von Norwegen, Saudi-Arabien, den Emiraten

Hinter diesen beiden mächtigsten staatlichen Finanzinvestoren rangieren dann schon mit erheblichem Abstand die Staatsfonds von Norwegen, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die jeweils über Anlagevermögen zwischen 620 und 840 Milliarden Dollar verfügen. Ein chinesischer Staatsfonds fügt weitere 575 Milliarden Dollar zum chinesischen Investmentbesitz hinzu. Und schliesslich gesellen sich auch die Zentralbanken von Saudi-Arabien, Russland und der Schweiz zur Liste der Top 10.

Insgesamt besitzen allein die Notenbanken rund 13,2 Billionen an Anlagevermögen, und damit rund 40 Prozent der Investments, über die staatliche Institutionen verfügen. Das mag zunächst beruhigen, denn diese Investoren gelten als relativ passiv und zurückhaltend.

Traditionell kaufen die Notenbanken nur Anleihen anderer Staaten, um auf diese Weise ihre Devisenüberschüsse anzulegen. Doch das ändert sich gerade.

So weist das OMFIF darauf hin, dass die chinesische Zentralbank inzwischen schon der weltweit grösste staatliche Aktieninvestor geworden ist. Auch die Schweizer Nationalbank halte bereits 15 Prozent ihres ausländischen Anlagevermögens in Aktien. Ebenfalls zunehmend auf Aktien setzen beispielsweise auch die Nationalbanken Dänemarks oder Italiens.

«Macht der staatlichen Investoren ist unbestreitbar»

«Die Macht der staatlichen Investoren ist unbestreitbar», stellt David Marsh, Ökonom, Publizist und Mitgründer des OMFIF, fest. «Aber das gilt auch für die Risiken, denen diese Institutionen gegenüberstehen, teilweise aufgrund ihres eigenen Verhaltens.»

Als Beispiele nennt er den Aufkauf von Staatsanleihen durch westliche Notenbanken, aber auch den Aufbau riesiger Devisenreserven durch viele Notenbanken der Schwellenländer. Diese wollten sich damit gegen die Aufwertung ihrer Währungen absichern, haben in Form der gigantischen Dollar-Reserven aber nun eine neue Quelle für Risiken entstehen lassen.

Fasst man die jeweiligen Finanzinstitutionen nach Ländern zusammen, so steht dann die USA auf Rang 2 mit einer Summe von knapp 3,2 Billionen Dollar. Allerdings verteilt sich diese auf 72 Anlagefirmen, vom Eisenbahner-Pensionsfonds über den Fonds für die Lehrer von Georgia bis hin zum Pensionsfonds der Universität von Kalifornien, der allein rund 79 Milliarden Dollar schwer ist.

Auch im Falle Kanadas, das immerhin über ein Vermögen von über einer Billion Dollar verfügt, verteilt sich dieses Geld auf 17 verschiedene Institutionen. Ganz anders dagegen ist es in Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien Russland oder China, wo das Vermögen in einigen wenigen Vehikeln zusammengefasst ist.

Hier ist ein Eingreifen des Staates wesentlich einfacher als beispielsweise bei den Dutzenden Pensionsfonds in den USA, die weitgehend unabhängig und voneinander unbeeinflusst agieren. Und auch die rechtlichen Möglichkeiten sind in den autoritär regierten Staaten wesentlich grösser, um das Vermögen im Sinne des jeweiligen Regimes einzusetzen.

Dieser Artikel ist zuerst in unserer Schwester-Publikation «Die Welt» erschienen.