Kennen Sie Fingerprint Cards? Falls nicht, sind Sie nicht allein. Selbst Experten haben die Firma bisher weitgehend ignoriert. Laut der Wirtschaftsagentur Bloomberg verfolgt genau ein Analyst das Unternehmen aus Göteborg. Und dieser empfiehlt die Aktie nicht zum Kauf. Trotzdem stehen die Titel von Fingerprint Cards kurz vor Jahresende ganz zuoberst unter allen europäischen Aktien.
Bis am Montag haben die Papiere von Fingerprint Cards um sagenhafte 1391 Prozent zugelegt. Das ist die beste Performance unter mehreren tausend Aktien im Bloomberg World EMEA Index. Und damit nicht genug: Mit einer Marktkapitalisierung von inzwischen umgerechnet 3,7 Milliarden Franken wird Fingerprint Cards nächstes Jahr in den schwedischen Leitindex OMX Stockholm 30 aufgenommen.
Marktanteil von 45 Prozent
Fingerprint Cards entwickelt Lesegeräte und Sensoren zur Erfassung von biometrischen Daten. Die märchenhafte Erfolgsgeschichte der Firma hat mit dem verstärkten Einsatz von Fingerabdruck-Sensoren in Smartphones zu tun. Dieser hat mit dem iPhone 5s von 2013 viel Schub erhalten. Und die Schweden, die bereits seit 1997 in dem Bereich tätig sind, konnten ihr langjähriges Knowhow in diesem Jahr endlich zu Geld machen.
Die Firma hat nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 45 Prozent und will diesen laut ihrem Chef Jörgen Lantto im nächsten Jahr auf 70 Prozent steigern. «Bisher haben wir erst an der Oberfläche gekratzt», so Lantto in einem Interview mit «Bloomberg». Ausser Samsung und Apple, die auf Konkurrenten setzten, seien die grossen Hersteller bei ihnen, sagt Lantto. Zu den Kunden gehören etwa Huawei, LG und Lenovo.
Harte Konkurrenz
Doch es gibt auch Zweifel an der Nachhaltigkeit des Erfolges. Zwar dürfte der Markt für biometrische Sensoren in Smartphones weiter wachsen. Laut «Bloomberg» sollen 2016 bereits 500 Millionen Einheiten verkauft werden und bis 2018 könnte der Markt auf 1,7 Milliarden Einheiten anwachsen. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Die Apple-Tochter Authentec und der Samsung-Zulieferer Synaptics sind ebenso dabei, wie der Chipgigant Qualcomm, der im März einen neuartigen Supersensor angekündigt hat.
«Wer viel Geld in Fingerprint Cards investiert, sollte sich bewusst sein, dass er alles verlieren könnte», sagt Albin Rannar von der unabhängigen Swedish Shareholders’ Association. Und die Experten vom Anlegermagazin «Der Aktionär» bewerteten die Titel schon 2008 als «spekulativ aber chancenreich».
Gefälschte Pressemitteilung
Auch der erwähnte einzige Analyst, Havard Nilsson von Carnegie, sieht Probleme. Fingerprint Cards habe starke Konkurrenten und müsse deshalb in neue Bereiche wie Smartcards vordringen um weiter zu wachsen. Ob dies gelinge sei aber völlig offen.
In der Vergangenheit ist Fingerprint Cards schon mehrfach ins Visier von Börsenaufsicht und Behörden geraten. 2013 bewirkte eine gefälschte Pressemitteilung, die ein Kaufangebot von Samsung verkündete einen Sprung von 51 Prozent an der Börse, bevor die Titel vom Handel ausgesetzt und die Transaktionen rückgängig gemacht wurden. Und seit 2014 ermittelt die Polizei gegen den ehemaligen Chef und grössten Aktionär Johan Carlström wegen Insiderhandels.
Nur für starke Nerven
Auch 2015 blieben die Titel höchst volatil. Tagesgewinne von 20 und mehr Prozentpunkten standen Abstürzen um bis zu 44 Prozentpunkten gegenüber. Die Schwankungen erklärt teilweise das niedrige Niveau des Aktienpreises, von umgerechnet 4 Franken vor einem Jahr auf heute gut 57 Franken. Die Zukunft der Technologie sei ausserdem schlicht nicht voraussehbar, erklärt Finanzberater Claes Hemberg von der Avanza Bank. Jetzt Fingerprint-Cards-Titel zu kaufen sei höchst riskant.
Umso glücklicher dürften jene sein, die bereits Anfang Jahr eingestiegen sind. Im insgesamt durchzogenen Börsenjahr 2015 waren Supertitel Mangelware. Zum Vergleich: Die beste SMI-Firma, Syngenta, gewann 2015 gerade einmal 20 Prozent. Und auch unter den übrigen Schweizer Aktien ist Galenica mit einem Plus von 87 Prozent meilenweit vom Erfolg der Schweden entfernt.