Krieg oder Frieden. Der Zustand der Welt entscheidet nicht nur über das Los von Millionen Menschenleben. Auch an den Aktienmärkten kann die Aussicht auf unsichere oder friedliche Zeiten, je nachdem Gewinne oder Verluste generieren. Während sich die Nordkorea-Krise zu einem immer grösseren Risiko für die Börse entwickelt und Anleger um ihre Renditen fürchten, setzen andere auf Humanitäre Hilfe.
So etwa in Genf. Mit geschätzten Ausgaben von bis zu 2 Milliarden Dollar für das laufende Jahr, ist das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) dringend auf zusätzliche Mittel angewiesen. Dazu sucht die 1863 von Henry Dunant gegründete Hilfsorganisation neue Finanzierungskanäle. In Zusammenarbeit mit der Genfer Privatbank Lombard Odier & Co. hat das IKRK nun einen «Humanitarian Impact Bond» entwickelt. Dieser soll es privaten Investoren ermöglichen, in Hilfsprojekte des IKRK zu investieren, um am Ende einer fünfjährigen Laufzeit je nach Erfolgsquote eine Rendite einzustreichen.
Wette auf effiziente Projekte
Konkret wurden für das Pilotprojekt 26 Millionen Franken gesammelt, die in Nigeria, Mali und in der Demokratischen Republik Kongo in drei Rehabilitierungszentren des IKRK investiert werden. Ausserdem ist vorgesehen, damit auch die Ausbildung der Mitarbeiter und weitere Effizienzinitiativen zu finanzieren. Die 26 Millionen Franken stammen von privaten Investoren, die auf das gute Gelingen dieser Hilfsprojekte setzen. Falls letztere erfolgreich sind, zahlen die Regierungen mehrerer Länder (Belgien, Schweiz, Italien, Vereinigtes Königreich) und die Stiftung der «La Caixa»-Bankengruppe eine Rendite. Die Grössenordnung dieses Gewinns hängt von der erreichten Performance der drei Zentren ab. Unabhängige Wirtschaftsprüfer beurteilen die Effizienz der IKRK-Projekte.
Gemäss Lombard Odier beträgt das maximale vereinbarte Renditepotenzial über die fünf Jahre 34,5 Prozent. Das Verlustrisiko beträgt allerdings auch höchstens 40 Prozent. «Bis 2021 zahlt das IKRK jährlich 2 Prozent auf das Darlehen an die privaten Anleger zurück. Je nachdem wie erfolgreich das Projekt war, wird die Investition dann vollumfänglich oder nur teilweise an die Investoren zurückbezahlt, inklusive der möglichen Rendite», sagt Maximilian Martin, Verantwortlicher für den Bereich Philanthropie bei Lombard Odier.
Umstrittenes Konzept
Nicht alle sind begeistert von wirkungsorientierten Investments im Humanitären Bereich. Kritiker bemängeln etwa zu hohe Transaktionskosten, und zusätzlichen administrativen Aufwand. Zudem stellen sie die Grundsatzfrage: Ist es richtig, humanitäre Hilfe privatwirtschaftlichen Mechanismen zu unterwerfen.
Doch die Verantwortlichen beim IKRK sind trotz der kritischen Stimmen überzeugt, dass Impact Investing der richtige Weg ist: «Dieses Finanzierungsinstrument ist ein radikaler, innovativer, aber gleichzeitig auch logischer Schritt für das IKRK. Es gibt uns die Möglichkeit, nicht nur bestehende Modelle für die Humanitäre Hilfe zu modernisieren, sondern auch ein neues Wirtschaftsmodell zu testen, um so Leute in Not besser zu unterstützen», sagt IKRK-Präsident Peter Maurer.