Social Trading erfreut sich wachsender Beliebtheit. Dabei veröffentlichen Anleger ihre Handelsstrategie auf Online-Plattformen, werden kopiert oder machen Produkte zugänglich, in welche Anleger direkt investieren können. Mit Wikifolio ist seit Februar ein führender Anbieter von Social Trading in der Schweiz aktiv.
Derzeit können hierzulande 600 Finanzprodukte von Wikifolio über die Börse Eurex gehandelt werden. Das ist rund ein Fünftel aller auf der Plattform registrierter Produkte. Das Angebot soll in den nächsten Monaten ausgebaut werden, sagt Wikifolio-Gründer Andreas Kern.
Bei Wikifolio kann sich jeder registrieren. Wie hoch ist die Qualität der Trader?
Andreas Kern*: Unsere Auswertung zeigt, dass 51 Prozent der Wikifolio-Zertifikate 2014 besser als die Benchmark Dax waren. Das finde ich beeindruckend. Ein wesentlicher Faktor ist die Transparenz. Die Käufe und Verkäufe sind in Echtzeit einsehbar. Ein Händler kann nichts löschen. Geschummelt werden kann nicht.
Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang das Listing an der Börse?
Das ist für uns der Schlüssel zum Erfolg. Gibt es genügend potenzielle Anleger, die einer Strategie folgen wollen, wird ein entsprechendes Index-Zertifikat an der Börse gelistet. Das ist wichtig für das Vertrauen, denn so kann man das Produkt über jede Bank kaufen.
Auch Hobby-Anleger können via Wikifolio Zertifikate registrieren. Ist das Risiko eines Verlustes da für Follower nicht entsprechend hoch?
Klar hatten wir schon Wikifolios, wo signifikant Geld verloren wurde. Meist standen riskante Strategien dahinter, wie zum Beispiel bei Hebelprodukten. Wir kennzeichnen aber entsprechende Produkte. Wer wenig Risiko möchte, sollte sein Geld streuen oder nur Produkte kaufen, die weniger riskant sind. Wikifolio wendet sich grundsätzlich an Anleger, die sich mit den Märkten beschäftigen, die also über eine gewisse Grundeinschätzung für den Aktienmarkt verfügen. Die Plattform ist kein Sorglospaket für Investoren. Allerdings möchten wir in Zukunft Dach-Wikifolios anbieten, die mehrere Strategien zusammenfassen und so das Risiko verkleinern.
Auf Wikifolio bieten auch Vermögensverwalter Zertifikate an. Auffallend ist, dass in der Auswertung aus dem Jahr 2014 diese noch deutlich besser abschnitten als die gesamten Wikifolios. Wieso sollte ich als Anleger über Wikifolio investieren, statt mein Geld direkt dem Vermögensverwalter anzuvertrauen?
Eine professionelle Vermögensverwaltung ist bei kleinen Beiträgen meist nicht möglich. Hier gibt es eine Lücke zwischen dem Bedarf an Expertise für Anlageentscheide von Kleinsparern und der Beratung, die erst für Vermögende interessant ist. Bei uns gibt es dagegen keine Betragsgrenze. Ab 100 Euro kann man einsteigen, wobei es aufgrund der Gebühren der Banken erst Sinn macht ab 1000 bis 2000 Euro. Das Ziel von Wikifolio ist ebensowenig, dass Anleger ihr ganzes Vermögen bei uns investieren. Im Durchschnitt sind es 5000 Euro.
Sie sprechen die Gebühren an. Wie hoch sind diese für den einzelnen Anleger?
Die Zertifikatsgebühr liegt bei 0,95 Prozent. Dazu kommt eine Performancegebühr von 5 bis 30 Prozent. Diese kann der Händler selber festlegen. Mit diesen Gebühren liegen wir zwischen einem statischen ETF und einem dynamisch gehandelten Produkt, im Vergleich zu Hedgefonds sogar deutlich günstiger. Dem Anleger werden keine zusätzlichen Handelsgebühren verrechnet. Was die Bank beim Kauf der Produkte verlangt, liegt dagegen nicht in unserer Hand.
Wie viel vom Gebührenkuchen bekommt Wikifolio?
Von der Performancegebühr geht die Hälfte an Wikifolio.
Eine Feedbackform wie zum Beispiel bei der Social Media Plattform Facebook gibt es bei Wikifolio nicht. Was genau bezeichnen Sie als Social Trading bei ihrer Anlageplattform?
Anleger können dem Händler ihrer Wahl direkt folgen. Diskussionen über die Strategie gibt es dagegen keine, der Trader soll seine Strategie durchziehen. Letztendlich zählt nur die Leistung. Dabei bekommt der Händler eine sehr direkte Form des Feedbacks, nämlich das Kaufen oder nicht Kaufen seines Wikifolios. Der soziale Aspekt bei uns liegt darin, dass jeder ein Produkt anstossen und dieses mit anderen Anlegern teilen kann. Alle verdienen gemeinsam.
Wer will, kann die Wikifolios auch als Inspirationsquelle benutzen und die Handelsstrategien abkupfern, ohne sich zu beteiligen. Wieso sind Händler bereit, ihr wertvolles Wissen preiszugeben?
Wenn jemand nur beobachten will, kann er das. Transparenz ist für uns das Wichtigste. Allerdings ist das für einen Trader bei uns kein Nachteil. Viele arbeiten derart kurzfristig, dass ein Imitieren kaum möglich ist. Zum Nachtraden lohnt es sich zudem nicht, weil andernorts die Gebühren dafür zu hoch sind. Findet ein Anleger die Strategie vielversprechend, ist es sinnvoller, ins Wikifolio zu investieren.
Wikifolios sind von einem Trader persönlich geführt. Was passiert mit dem Produkt, wenn ein Trader dieses beenden möchte?
In diesem Fall wird das Portfolio eingefroren. Der Anleger wird darüber informiert und das Geld wird zurückbezahlt. Aus unserer Erfahrung seit dem Start 2012 zeigt sich, dass viele Wikifolios langfristig betrieben werden. Nur wenige wurden bislang geschlossen. Von Followerseite dagegen zeigt sich, dass Trader schnell abgestraft werden, wenn sie ungenügende Leistung bringen. Ein Anleger kann jederzeit verkaufen. Einziger Nachteil eines regen Wechsels sind die Gebühren, welche seine Bank verlangt.
*Andreas Kern ist Gründer und CEO von Wikifolio. Vor der Gründung der Social Trading-Plattform sammelte er mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Finanz- und Payment-Branche.