Die Talfahrt an den chinesischen Börsen hat sich trotz weiterer staatlicher Eingriffe noch beschleunigt. In Shanghai verlor der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Unternehmen vom Festland am Mittwoch bis zu 8 Prozent. Alarmiert über den weiteren Kursrutsch verkündeten die Zentralbank und die Aufsichtsbehörden in Peking umgehend neue Massnahmen, um den Abwärtstrend zu bremsen. Die Regierung hatte bereits am Wochenende interveniert - dieser Effekt war aber schnell verpufft.
Nach der Ankündigung neuer Schritte erholten sich die Märkte etwas von ihren Tiefs. Die Börse in Shanghai schloss um 5,9 Prozent im Minus, jene in Shenzen verlor 2,94 Prozent. Der Index Hang Seng in Hong Kong brach regelrecht ein und ging mit einem Verlust von acht Prozent aus dem Handel.
Kursrutsch seit Mitte Juni
Nach dem spekulativen und vielfach kreditfinanzierten Aktienboom der vergangenen Monate haben die Indizes in Shenzhen und Shanghai seit Mitte Juni mehr als ein Drittel an Wert verloren. Damit ist die vor allem im April und Mai gebildete Blase an Chinas Aktienmärkten geplatzt. Leidtragende sind vielfach Privatanleger, die nicht zuletzt von der Regierung zum Aktienkauf ermuntert worden waren.
An den chinesischen Märkten wurden wegen der heftigen Schwankungen fast die Hälfte der Aktien vom Handel ausgesetzt. Mindestens 1300 Unternehmen wurden am Mittwoch nicht mehr gehandelt. Das seien 45 Prozent der Aktien im Shanghai Composite und im Shenzhen Component Index mit einer Marktkapitalisierung von 2,6 Billionen Dollar, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg.
Talfahrt auch anderswo in Asien
Auch an den anderen asiatischen Märkten ging es am Mittwoch deutlich nach unten, nachdem sich diese bis zuletzt von dem Abwärtssog in China abkoppeln konnten. So rutschte der japanische Leitindex Nikkei 225 bis kurz vor Handelsschluss um 2,5 Prozent auf 19 860 Punkte ab und fiel damit wieder unter die Marke von 20 000 Zählern. In Hongkong verlor der Hang Seng rund 4 Prozent.
Nachdem die erst am Wochenende eingeleiteten Schritte wie zum Beispiel der Stopp von Börsengängen oder Aktienkäufe durch Wertpapierhandelshäuser schon wieder verpufft sind, kündigte die Notenbank nun massive Geldspritzen zur Stützung der Märkte an. Der unter anderem zu den staatlichen Börsenbetreibern in Shanghai und Shenzhen gehörenden Gesellschaft China Securities Finance (CSF) sollen demnach umfangreiche Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die Märkte zu stabilisieren.
Behörde will Normalität wiederherstellen
Die CSF solle den Kauf von Wertpapieren von kleineren und mittleren Unternehmen verstärken, um angesichts der «Panik der Investoren« wieder Normalität herzustellen, teilte die Wertpapieraufsicht mit. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg könnten die Währungshüter so mehr als 500 Milliarden Yuan (73 Milliarden Euro) in den Aktienmarkt pumpen.
Die Massnahme der Notenbank wird von anderen Behörden flankiert. So wurden zum Beispiel die Sicherheitsleistungen für den Handel mit Terminkontrakten erhöht, um die extremen Schwankungen der vergangenen Tage und Woche einzudämmen. Zudem sollen grosse Konzerne erst einmal keine weiteren Aktien ihrer Beteiligungen und Töchter mehr auf den Markt werfen.
Neue Regeln für Aktienkäufe
Um die Talfahrt aufzuhalten, erleichterten die Aufsichtsbehörden auch die Regeln für Aktienkäufe durch Versicherungen, die jetzt deutlich mehr Geld in den Markt stecken dürfen. Zugleich verkündete die Terminbörse strengere Regeln, um künftig extreme Schwankungen zu verringern. Die Sicherheitsleistungen wurden erhöht und damit die Möglichkeit kreditfinanzierter Spekulationen eingedämmt.
Seit dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise 2008 habe die Regierung nicht mehr so stark in den Aktienmarkt eingegriffen, schrieben chinesische Staatsmedien. Vor mehr als einer Woche hatte die Zentralbank bereits die Zinsen gesenkt.
(awp/sda/mbü/ama)