Clevercircles ist seit dem Mai 2018 am Start – wie ist der erste Eindruck, die Reaktion von Kunden?
Sebastian Comment*: Gut.Obschon wir uns natürlich ein besseres Börsenjahr gewünscht hatten. Die ersten Kundenfeedbacks haben wir genutzt um das Produkt weiter zu verbessern – besonders in der User-Führung. Die Herausforderung für uns war, dass wir kein me too-Produkt lanciert haben, dessen Funktionsweise allgemein bekannt ist. Bei uns entscheidet immer der Kunde, entsprechend ist es wichtig, die Abläufe nicht nur transparent, sondern auch einfach zu erklären. So können auch unerfahrenere Anleger ihre Anlageentscheide selber herleiten und sind nicht abhängig von dritten Verwaltern.
Gab es kritisches Feedback?
Wir kriegen von den Kunden gute Noten, insbesondere für unseren innovativen Ansatz und den Zugang zur Community (Stichwort kollektive Intelligenz). Einzelne wollen mehr Informationen zu Anlagethemen, insbesondere Neu-Anleger möchten sich ein Basiswissen aufbauen. Generell stellen wir fest, dass viele Nutzer die Anlagewelt für sich neu entdecken. Das freut uns sehr, denn das ist eine zentrale Botschaft von uns: Effizient Geld anlegen kann auch Spass machen! Es ist wichtig, dass wir alle ein wenig Bescheid wissen, wie Anlagen funktionieren
Hat Sie das erstaunt?
Wir waren wohl etwas verwöhnt in der Schweiz. Alle Bürger sind in das für viele bequeme Korsett unseres Vorsorgesystems eingebunden. Daher setzten sich möglicherweise viele nicht gross mit diesen Fragen auseinander. Anders etwa als in den USA, wo die Bürger sich vielmehr um die eigene Vorsorge kümmern müssen. Da der Trend auch bei uns in diese Richtung geht, beginnen sich nun mehr Bürger mit ihrer privaten Vorsorge auseinanderzusetzen. Nicht umsonst ist die Altersvorsorge im Schweizer Sorgenbarometer ganz oben. Mit clevercircles nimmt man seinen langfristigen Vermögenaufbau selbst in die Hand und macht sich weniger abhängig.
Clevercircles betreibt einen Blog – bei welchen Themen ist das Interesse besonders rege?
Letztes Jahr wurde der Beitrag «Die DNA der erfolgreichen Vermögensverwaltung» am häufigsten gelesen. Ein Grundlagenartikel, der die wesentlichen Punkte thematisiert und viele interessiert: Die durchschnittliche Lesezeit beträgt fast 15 Minuten, was im digitalen Infoangebot ein hoher Wert ist, vor allem für Anlagethemen, die viele noch für trocken und kompliziert halten. Das muss nicht sein!
Wie wichtig sind Anlageexperten für die User von Clevercircles?
Professionelle Markteinschätzungen sind ein Kundenbedürfnis. Wir sind die einzige Anlageplattform, die es erlaubt, auf Stufe der Anlagestrategie verschiedene Profistimmen zu kombinieren. Entsprechend versuchen wir den Kreis von Anlageexperten, die bei uns teilnehmen, nicht nur zu vergrössern, sondern auch unterschiedliche Philosophien bieten zu können, seien es klassische Portfoliomanager, Finanzjournalisten oder auch moderne Ansätze wie Behavioral Finance. Die Expertenmeinungen dienen oft als Entscheidungshilfe, ob das eigene Portfolio umgeschichtet werden soll. Für viele Kunden ist diese Auseinandersetzung mit der taktischen Vermögensallokation neu und deshalb ist der Rat von unabhängiger und professioneller Seite sehr gefragt.
Im Jargon ist im Fall der Portfolioumschichtung auch von Rebalancing die Rede – führt das nicht zu weit? Wollen Anleger diese Entscheide wirklich selbst fällen?
Im Gegenteil. Jeder sollte wissen, was Rebalancing bedeutet, es ist keine Zauberei und sehr relevant. Damit entsteht Transparenz: Wir erklären was ein Rebalancing ist und was es bringt und auch was es nicht bringt. Neben tiefen Kosten und einer einfachen Bedienung ist der am häufigsten genannte Kundenwunsch, regelmässig in der Zusammenstellung des Portfolios involviert zu sein. Das erklärt, warum der Blogbeitrag auf Clevercircles zum Thema Rebalancing zu den am meist gelesenen gehört. Die Kunden wollen diese Flexibilität und sind bereit, diesbezüglich dazuzulernen und sich Wissen anzueignen. Wissen bringt bekanntlich die besten Zinsen. Wir sind bestrebt, dieses Wissen einfach, transparent und ausgewogen auf den Punkt zu bringen. Wir wollen weg von der alten Welt, wo die Bank alles weiss und der Kunde quasi blind vertraut. Bei uns bilden sich aufgeklärte und kritische Anleger selber eine Meinung. Clevercircles fokussiert auf das Wesentliche.
Die Mehrheit Ihrer Anleger sichern Fremdwährungsrisiken ab. Haben Sie das erwartet?
Anleger schätzen Optionen, die ein Portfolio weniger anfällig für Risiken machen. Als Schweizer haben wir oft einen grossen Teil Euro- und US-Dollar-Titel im Portfolio. Mit einer Währungsabsicherung können Kunden ganz einfach das Risiko vermindern, Währungsverluste zu erleiden. Gerade im festverzinslichen Bereich macht dies Sinn. Auch dieses Thema stösst auf grosses Interesse und unsere Anleger nutzen diese Möglichkeit regelmässig.
Frauen sind für Clevercircles eine wichtige Zielgruppe. Sind Frauen die besseren Anleger als Männer?
Schaut man sich das Gesamtranking der clevercircles-Nutzer an, fällt auf, dass die vier Top-Platzierten Frauen sind. Und die Community der Frauen unter 30 hat am besten von allen Gruppen abgeschnitten. Das ist natürlich noch keine Evidenz aber ein starkes Argument dafür, dass auch Frauen, die vielleicht einen anderen Zugang zu Finanzthemen haben, ein insgesamt gutes Gespür haben. Wir versuchen, Frauen für Anlagen zu interessieren auch über intuitive Entscheidungsmöglichkeiten. Aber hier sind wir noch nicht dort wo wir sein möchten. Insgesamt sind wir noch nicht zufrieden mit der Anzahl weiblicher Kunden. Erst jeder fünfte Kunde ist eine Frau. Das wollen wir ändern.
Wie?
Indem wir mehr Expertinnen einbinden. Und die Ansprache intuitiver gestalten. Die Finanzindustrie benutzt teils Begrifflichkeiten, die eher verwirren als aufklären. Eine intuitiv formulierte Meinung kann aber genauso wertvoll sein, wie eine sehr technische Erklärung. Diese Hürde wollen wir senken. Es ist eben nicht unbedingt so, dass die, die die Ökonometrie am besten verstehen, auch die beste Performance erzielen. Wir sind überzeugt, dass Vielfalt die beste Basis für gute Entscheidungen ist.
Wie sind die Feedbacks aus der Finanzindustrie auf das Angebot von Clevercircles?
Ich denke, dass der Reifegrad unserer Lösung viele beeindruckt hat. Clevercircles ist nicht einfach ein weiterer Robo-Advisor. Wie bringen viele neue Antworten und bieten eine Plattform, die sich gemeinsam nutzen lässt. Das Ziel ist einfach: Wir wollen gemeinsam mit anderen Anlageprofis und Finanzinstitutionen Herr und Frau Schweizer fürs Anlegen begeistern. Dann gewinnen nämlich alle.
Dann dürften die meisten Kunden jünger als 50 sein?
Knapp 60 Prozent unserer Kunden sind zwischen 30 und 50 Jahre alt. Aber wir gewinnen auch Neukunden, die bereits pensioniert sind.
Was beeindruckt weiter?
Dass das digitale Onboarding von Beginn weg integriert war. Eine Depoteröffnung geht bei uns komplett online, ohne Papier und auch ohne Videochat. Zudem Unser Circle-Ansatz, der den Profis bestens vertraut ist in Form von Anlagekomitees. Mit unseren Circles kann jeder sein eigenes Anlagekomitee gründen, das wird klar als Mehrwert erkannt. Wir haben das etwas spielerischer oder besser gesagt intuitiver umgesetzt. Nicht zu vergessen ist die äusserst einfach umsetzbare Währungsabsicherung zu Konditionen, wie sie nur institutionelle Anleger erhalten.
Wie kommt der Name an?
Ich glaube, Clevercircles ist ein sehr passender Brand. Die Reaktionen sind äusserst positiv, auch wenn der eine oder andere mit der Aussprache ein bisschen hadert.
*Sebastian Comment ist Geschäftsführer von Clevercircles.