Obwohl die Schweiz selbst kaum Bodenschätze besitzt, sind auch die Unternehmen in unserem Land extrem abhängig von natürlichen Ressourcen. Egal ob Landwirtschaft, Industrie oder Vermögensanlage – Rohstoffpreise entscheiden auch hierzulande über Gedeih und Verderben vieler Bereiche der Wirtschaft.
Nach dem SNB-Schock sind die Preise für Rohstoffe in Franken gerechnet gesunken, weil der Handel mit Erdöl und anderen Rohmaterialien hauptsächlich in Dollar abgerechnet wird. Doch auch von diesem Währungseffekt abgesehen hat sich in den letzten Monaten preislich einiges getan auf dem Rohstoffmarkt. Das sind die wichtigsten Entwicklungen:
Erdöl
Erdöl hat als eigentliche Leitwährung eine Sonderstellung unter den Rohstoffen. Das schwarze Gold dient zur Erzeugung von Elektrizität und als Treibstoff fast aller Verkehrs- und Transportmittel. Zudem wird es in der chemischen Industrie in grossen Mengen benötigt. Für die allermeisten Schweizer Firmen ist ein niedriger Ölpreis positiv, da Energie und Rohmaterialien billiger werden.
Im letzten Jahr ist der Ölpreis regelrecht abgestürzt. Als Gründe sehen Ökonomen eine Überproduktion durch den Fracking-Boom in den USA und die Kampfpreise der Opec – sowie auch das zu geringe Wachstum der Weltwirtschaft. Viele Experten rechnen allerdings mit einem baldigen Einpendeln und folgendem leichten Anstieg des Ölpreises. Weil die USA inzwischen zu den grössten Ölproduzenten gehören ist die Kartellmacht der Opec inzwischen in Frage gestellt.
«Der Ölpreiszerfall im zweiten Halbjahr 2014 hat die anderen Rohstoffe mitgezogen», bestätigt Susanne Toren, Rohstoffexpertin der ZKB. «Und dabei ist der Absturz von 55 Prozent noch nicht einmal in vollem Umfang weitergegeben worden.» Viele Rohstoffe dürften deshalb nach Einschätzung der Analystin noch in den nächsten Monaten weitersinken, auch wenn der Ölpreis seinen Tiefpunkt erreicht haben sollte.
Erdgas
Parallel zum Erdöl sank auch der Preis für Erdgas. Während Erdöl mehr als die Hälfte seines Werts verloren hat, sank Erdgas aber nur rund um ein Drittel. Erdöl und Erdgas stehen oft in direkter Konkurrenz zueinander. Zudem ist Erdgas meist ein Nebenprodukt der Ölförderung, da es in der Natur oft zusammen mit Erdöl auftritt.
Wichtig ist Erdgas in Europa und der Schweiz vor allem für die Wärmeproduktion – sowohl in der Industrie, als auch in Wohngebäuden. Der Preis für Erdgas hat deshalb eine Wetterkomponente, die beim Erdöl viel weniger ausgeprägt ist. Zusätzlich stützend auf den Preis dürfte sich aber vor allem der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ausgewirkt haben. Viele europäische Länder sind stark abhängig von russischem Erdgas. Und obwohl inzwischen Massnahmen zur Reduktion der Abhängigkeit eingeleitet wurden – beispielsweise der Bau von neuen Terminals für Flüssiggastanker – dürfte die Abhängigkeit noch einige Jahre lang gross bleiben.
Mais
Der Preis für Mais ist in verschiedener Hinsicht stark mit dem Ölpreis verbunden. Einerseits wird es zur Herstellung von Bioethanol verwendet, einem Konkurrenzprodukt zum Erdöl. Andererseits wird Mais industriell unter dem Einsatz von extrem energieaufwändigen Maschinen angebaut. Und auch die eingesetzten Dünger und Pestizide enthalten oft Erdöl.
Der Preis für Mais ist 2014 ebenfalls zurückgegangen. Allerdings hat sich der Preis von seinem Tiefpunkt im Herbst inzwischen wieder leicht erholt und ist seit einigen Monaten im Steigen begriffen. Vorhersagen über die weitere Entwicklung sind schwierig. Wie bei allen Agrarrohstoffen spielt das Wetter für die Maisernte eine wichtige Rolle.
Weizen
Für Weizen gelten eigentlich die gleichen Grundvoraussetzungen wie für Mais. Auch Weizen ist ein Ausgangsprodukt für Bioethanol und wird industriell hergestellt. Und so sieht die Entwicklung der letzten zwölf Monate auch ähnlich aus wie beim Mais. Der Weizenpreis ist innert Jahresfrist leicht zurückgegangen.
Dass der Weizenpreis nicht stärker gesunken ist, hat mit der Krise in der Ukraine zu tun. «Russland war im vergangenen Jahr ein preistreibender Faktor für Weizen», sagt Susanne Toren von der ZKB. «Wenn sich der Konflikt mit dem Westen verschärfen sollte, könnten deshalb die Preisentwicklungen für Weizen und Mais künftig weiter auseinanderdriften.»
Zucker
Auch Zucker dient der Herstellung von Bioethanol, doch in der Schweiz stehen andere Verwendungsarten im Vordergrund. Zucker ist selbstverständlich ein entscheidender Rohstoff für die weltberühmte Schokoladenproduktion in unserem Land.
Dazu wird der süsse Rohstoff in der Schweiz in relativ grossem Stil aus Zuckerrüben gewonnen, weshalb der Preis auch für die hiesige Landwirtschaft wichtig ist. Unter dem Strich ist der Zuckerpreis im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Der Zuckerpreis in der Schweiz und in der EU wird aber aus politischen Gründen künstlich weitgehend konstant gehalten.
Kakao
Auch Kakao gehört zu den Agrarrohstoffen, doch die Preisentwicklung ist hier nur in sehr geringem Masse vom Ölpreis abhängig. In letzten Jahr ist auch der Preis für Kakao gestiegen. Wichtigster Grund für die antizyklische Preisentwicklung sei die Ebola-Epidemie in Westafrika gewesen, sagt Susanne Toren.
Aber Kakao ist auch sonst eine Ausnahme. Anders als etwa beim Getreide ist die Herstellung von Kakao nicht besonders industriell und energieintensiv.
Gold
Gold ist weniger als Rohstoff für die Wirtschaft von Bedeutung, denn als Anlageobjekt. Der Preis für Gold hat sich in den vergangenen Tagen wieder erholt. Eine Feinunze kostet heute mehr als vor zwölf Monaten.
Gold bleibe ein interessantes Investment, sagt auch Susanne Toren. Dies auch im Hinblick auf die Einführung von Negativzinsen in Ländern wie der Schweiz. «Denn es fallen jetzt keinerlei Opportunitätskosten eines Haltens von ‹zinslosem› Gold mehr an.»
Platin
Das mattsilberne Metall ist ebenfalls eine lukrative Geldanlage. Im letzten Jahr ist der Preis für eine Feinunze zwar gefallen. Doch der Kurs zeigt seit Ende Dezember nach oben. «Platin ist von im Moment extrem interessant», bekräftigt auch Analystin Toren. «Dank neuer Umweltrichtlinien der EU werde Platin künftig vermehrt in Katalysatoren zum Einsatz kommen, was natürlich auch die Nachfrage erhöhen würde.»
Kupfer
Kupfer findet als hervorragender Wärme- und Stromleiter vielseitige Verwendung in der Industrie. Wirtschaftlich gehört Kupfer deshalb zu den wichtigsten Rohstoffen. Die Preisentwicklung ist stark vom Ölpreis abhängig. Die Energiekosten machen laut Toren rund 60 Prozent des Kupferpreises aus.
Im letzten Jahr hat Kupfer den Absturz des Ölpreises mitgemacht. Der Preiszerfall trifft beispielsweise den Schweizer Rohstoffhändler Glencore, dessen Aktienkurs 2014 einen ähnlichen Verlauf nahm wie der Kupferpreis.
Aluminium
Das dritthäufigste Element und häufigste Metall in der Erdkruste kommt praktisch ausschliesslich in gebundener Form vor und ist deshalb nur mit grossem Energieaufwand isolierbar. Die Herstellung von Aluminum aus Bauxit erfolgt mittels eines aufwändigen Verfahrens, das hohe Temperaturen benötigt. Der Preis für Aluminium hängt zu 40 Prozent von den Energiekosten ab.
Das Metall hat eine hohe Festigkeit bei geringem Gewicht und ist deshalb ein wichtiger Konstruktionswerkstoff. Im letzten Jahr stieg der Aluminiumpreis trotz dem Ölpreiscrash insgesamt leicht an. Allerdings läge der Preis ohne den Ölpreisabsturz vermutlich noch weit höher.