Die neue Woche startet an den Börsen rasant und in eine Richtung: Abwärts. Der SMI zeigt sich im Einklang mit den wichtigsten europäischen Leitindizes deutlich schwächer. Vor allem die Finanztitel treiben den Schweizer Leitindex in den letzten Wochen ständig auf neue tiefste Tiefs (6738,79 Punkte am 3. Juli) oder auf höchste Hochs (8421,00 Punkte am 3. Januar) des Jahres. Bankschwergewichte wie UBS und CS bewegen sich plötzlich um mehrere Prozentpunkte am Tag – ebenso wie andere, in normalen Börsenzeiten behäbige Indexschwergewichte wie Nestlé, Roche und Novartis.
In so turbulenten Börsenzeiten können selbst konservativ investierte Anleger nicht sorglos in die Ferien fahren. Um die schönste Zeit des Jahres dennoch unbeschwert zu geniessen und bei der Rückkehr in den Alltag keine bösen Überraschungen zu erleben, sollte man sein Depot vor Abreise gegen allfällige Kursstürze absichern. Denn auch während der Sommermonate Juli und August dürfte die Volatilität weiter anhalten. Rolf Biland, Leiter Anlagestrategie beim Vermögenszentrum, prognostiziert: «Wir erwarten eine Seitwärtsbewegung mit grossen Schwankungen bis Ende August.» Der Markt lechze zwar nach positiven News. Tatsächlich herrsche aber eine äusserst schlechte Stimmung und es müsse mit massiven Rückschlägen von rund 10% gerechnet werden.
Vergebene Chancen bei Futures
«Eine Absicherung durch Hedging erachte ich auf kurze Frist für nicht sinnvoll», erklärt Biland und warnt vor dem Engagement in Derivate. Mit dem Verkauf oder Kauf von Puts oder Calls, welche die bestehenden Wertpapierpositionen gegen negative Kursentwicklungen absichern, würde man sich lediglich relativ hohe Kosten aufhalsen und Chancen verbauen, falls der Kursrückgang nicht eintritt. Oliver Furrer, Spezialist für strukturierte Produkte bei der UBS, führt aus: «Die Preise für den Kauf von Put-Optionen mit kurzer Laufzeit sind relativ hoch und vergleichbar mit einer Versicherungsprämie.» Wenn der «Unfall» nicht eintritt, trägt der Anleger dennoch die Kosten für die Absicherung. Im Gegensatz zu Futures, welche eine Pflicht zur Ausübung mit sich bringen, besteht bei Optionen jedoch die Möglichkeit für Gewinnchancen bei steigenden Kursen. Neben Optionen und Futures sichern auch Kapitalschutzprodukte gegen fallende Kurse ab. Die Laufzeiten von Kapitalschutzprodukten betragen jedoch meistens mehrere Jahre. Und der volle Schutz entfaltet das Produkt erst nach Ende der Laufzeit. Deshalb ist diese Variante wenig empfehlenswert: Wer nach wenigen Wochen Ferien das Produkt wieder verkauft, fährt mit grosser Wahrscheinlichkeit Verluste ein. Eine gängige Variante der Absicherung sind Stop-Loss-Limiten. Beim Setzen dieser «Schmerzgrenzen» definiert der Anleger seinen maximal verkraftbaren Kursrückgang eines Titels. Ein Beispiel: Nestlé notiert aktuell bei 45 Fr. Am 7. August wird der Foodmulti seine Halbjahreszahlen publizieren. Aktionäre, die befürchten, dass Nestlé die steigenden Rohmaterialkosten nicht mehr überwälzen kann und der Kurs daher sinken wird, können sich vorher mit dem kostenlosen Setzen von Stop-Loss-Aufträgen bei vielleicht 40 oder 35 Fr. absichern. Sollte das Szenario eintreffen und der Kurs unter die Limite sinken, wird automatisch ein Verkaufsauftrag ausgelöst. Bei Aktien, die, anders als Nestlé und die anderen SMI-Valoren, nicht sehr liquide sind, besteht dabei aber die Gefahr, dass der Auftrag zu einem deutlich tieferen Kurs als definiert ausgeführt wird, da die automatische Verkaufsorder «bestens» abgewickelt wird. Wenn viele Investoren gleichzeitig eine Aktie verkaufen wollen, kann der Preis rasch um mehrere Prozent abstürzen, bis der Titel tatsächlich verkauft werden kann. In diesem Fall empfiehlt sich das Festlegen von Stop-Limit-Aufträgen. Diese sollten möglichst nahe unter der Stop-Loss-Limite gesetzt werden und definieren den Preis, zu welchem der Valor mindestens verkauft werden muss.
Limiten mit Puffer versehen
Beim Festlegen der Stop-Loss-Limite empfiehlt Biland das Einrechnen eines Puffers: «Wenn bei Nestlé nach einem Kursrückgang von 2%, was in diesen turbulenten Zeiten auch schon an einem Tag feststellbar ist, bereits eine Verkaufsorder ausgelöst wird, ist das ärgerlich.» Die Höhe der Limite hänge von der Aktie ab, im aktuellen Markt müsse sie jedoch mindestens 6 bis 7% unter dem normalen Kurs gesetzt werden. Bei den derzeitigen Turbulenzen an den Aktienmärkten könnte der Anleger gar auf die Idee kommen, vor Ferienantritt sämtliche Positionen im Depot glattzustellen. Aber «ein Totalverkauf aller Wertschriftenpositionen ist – ebenso wie der Wiederaufbau des gesamten Depots nach den Ferien – mit hohen Transaktionskosten verbunden», so Biland. Auch Furrer rät zu einem längerfristigen Anlagehorizont. Dabei sei es wichtig, seine finanziellen Ziele und die persönliche Risikoneigung zu kennen. «Die Anlagedisziplin ist eine der wichtigsten Eigenschaften», erklärt er.