Im Hinblick auf die Fed-Sitzung von Mitte Dezember kochen die Spekulationen um die Rückführung der expansiven Geldpolitik, das Tapering, hoch. Erwarten Sie den Entscheid noch in diesem Monat?
Urs Eilinger: Eher nicht. Dafür sind die konjunkturellen Verbesserungen in den USA noch zu wenig deutlich. Auch die Auswirkungen der Regierungsstilllegung im Oktober sind noch offen. Schliesslich würde ein Tapering vor den Festtagen unnötig für Unruhe sorgen.

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Die Folgen des Shutdowns waren bisher doch kaum spürbar.
Die jüngsten US-Konjunkturdaten zeigten tatsächlich bisher überraschend wenig Auswirkungen. Die Folgen für die Firmen sind aber noch unklar, solange die Zahlen zum vierten Quartal nicht öffentlich sind. Erst dann zeigt sich, wie sich der Shutdown vor allem auf den Konsum niedergeschlagen hat.

Welche Bedeutung messen Sie den US-Arbeitslosenzahlen Ende Woche zu?
Ich würde die Zahlen nicht überbewerten. Nach wie vor gilt die Grenze von 6,5 Prozent für eine mögliche Erhöhung der US-Leitzinsen. Das Fed spielt sogar mit dem Gedanken, die Grenze noch weiter Richtung 5,5 Prozent zu senken. Zudem hat die Notenbank immer wieder betont, dass auch die Inflationsrate mindestens 2 Prozent betragen muss. Davon sind wir weit entfernt. Oft wird das Tapering mit dem Tightening, der Erhöhung der Leitzinsen, verwechselt.

Was wären die Folgen des Taperings?
Sollte der Schritt vor Weihnachten erfolgen, würde er sicherlich negativ aufgenommen. Ansonsten ist der Markt heute besser vorbereitet als noch im Mai. Ich erwarte keine grösseren negativen Reaktionen. Die Fed hat eine bessere Kommunikation gewählt. Man kann davon ausgehen, dass die kurzfristigen Zinsen möglicherweise bis 2017 auf dem derzeit tiefen Niveau bleiben werden. Da die neue US-Notenbank-Chefin ihren Posten im Februar übernehmen wird, erfolgt das Tapering wohl erst im März.

Derweil haben sich die Aktienmärkte 2013 nochmals von ihrer starken Seite gezeigt.
Seit dem Zinsschock im Juni haben wir eine verstärkte Umschichtung von Obligationen in Aktien festgestellt. Das Vertrauen der Anleger in Aktien ist zurück, während man mit Obligationen keine Gewinne mehr erzielen konnte. Gleichzeitig ist es zu einer Ausweitung der Kurs-Gewinn-Verhältnisse gekommen, die Märkte haben sich verteuert.

Weltweit zeigte sich eine Erholung der Konjunktur. Hält der Aufschwung an?
In Europa fielen die Daten zuletzt eher enttäuschend aus, was die Europäische Zentralbank zu ihrem Zinsschritt bewogen hat. Die vorauslaufenden Indikatoren lassen aber hoffen. Der Aufschwung wird, angetrieben durch die Zentralbanken, wohl weiter anhalten. Allerdings dürfte der Aufwärtstrend nur langsam vorangehen. Gleichzeitig scheint das Rückschlagsrisiko beschränkt. Grund dafür sind unter anderem die fehlenden Alternativen: Mit Rohstoffen hat man 2013 genauso verloren wie mit Obligationen. Es bleiben somit überspitzt formuliert nur noch Aktien.

Wo sehen Sie die grössten Gefahren?
Sollte es zu einem konjunkturellen Abschwung kommen, hätten die Firmen Mühe, die Umsätze und Gewinne zu steigern. Angesichts der Bewertungen der Märkte, die leicht über dem langjährigen Mittel liegen, würde dies zu einer Korrektur führen. Hinzu kommt, insbesondere in Europa, die Angst vor einer Deflation.

Wie sollen sich die Anleger positionieren?
Sie sollten Aktien übergewichten. Ab Januar könnten Dividendentitel wieder gefragt sein, die im zweiten Halbjahr 2013 zurückgeblieben sind. Nach wie vor sind auch Wandelanleihen mit ihrer natürlichen Absicherung gegen unten interessant. Schliesslich bieten auch hochverzinsliche Anleihen noch Chancen, wenn es zu einer Reduktion der Zinsdifferenz kommt.

Welche Anlagen empfehlen Sie konkret?
In der Schweiz sind es Aktien von ABB, Swisscom, Swatch oder Swiss Re, in Europa Adidas und Linde, in Amerika Microsoft sowie General Electric.