Die Schweizer Börse SIX droht im Juli den Marktzugang zur Europäischen Union (EU) zu verlieren. Die Schweiz weise die Klärungen zu einem von der EU angestrebten umfassenden Abkommen über die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen als ungenügend zurück und verlange weitere Gespräche, sagte ein EU-Diplomat am Montag.
Letztmals verlängerte die EU im Dezember 2018 die Börsenäquivalenz. Mehr dazu lesen Sie hier.
Damit könne die EU-Kommission nach aktuellem Kenntnisstand auf ihrer Sitzung am Dienstag unmöglich die Ende des Monats auslaufende sogenannte Äquivalenz verlängern, gemäss der die Schweizer Börsenregulierung als gleichwertig zur EU-Regulierung anerkannt wird. Etwas vager äusserte sich eine Kommissionssprecherin vor Journalisten: «Gegenwärtig rechnen wir nicht damit, dass (auf der Sitzung am Dienstag) eine Entscheidung getroffen wird, aber das kann sich noch ändern.»
«Die Gespräche laufen nicht, wie wir das gerne hätten»
Seit rund fünf Jahren verhandeln die Schweiz und die EU über das sogenannte Rahmenabkommen, das zukünftige Anpassungen von bereits bestehenden Marktzugangs-Vereinbarungen und Streitschlichtungs-Mechanismen festlegen soll. Obwohl die EU der Schweiz in vielen Punkten entgegengekommen ist, ist die Skepsis hierzulande immer noch gross. Insbesondere beim Lohn- und Arbeitnehmerschutz und den staatlichen Beihilfen verlangt die Schweiz Nachbesserungen.
«Die Gespräche laufen nicht, wie wir das gerne hätten», sagte ein zweiter EU-Vertreter. Die Schweiz wolle in diesen Bereichen Anpassungen. «Wie die Dinge jetzt stehen, können wir auf keinen Fall verlängern.» Im Prinzip könnte die Kommission bis Freitag eine Verlängerung für die SIX und andere lokale Handelsplätze gewähren. Dies sei aber unwahrscheinlich.
Notfallplan vorbereitet
Bei einem Entzug der Anerkennung würde der SIX ein bedeutender Teil des Geschäfts wegbrechen. Um die viertgrösste Börse Europas zu schützen, hat die Schweiz einen Notfall-Plan vorgelegt. Dieser sieht vor, dass die Regierung mit Hilfe von Notrechten EU-Börsen untersagt, Schweizer Aktien zu handeln. Wenn sich die ausländischen Handelsplätze daran halten, dürfte die SIX zumindest vorübergehend deutlich mehr Volumen anziehen. Denn rund 30 Prozent des Volumens mit Schweizer Aktien wird gegenwärtig auf anderen Plattformen wie CBOE Europe, Turquoise oder Aquis abgewickelt.
(reuters/gku)