Strategen grosser Banken wie JP Morgan Chase und BNP Paribas sagen es schon länger: Europas Aktien sind wieder in Mode. Nun glauben es ihnen Investoren langsam. Nachdem sie die Aktien der Region für einen Grossteil des Jahres 2016 gemieden hatten, steigen Investoren wieder vorsichtig in den Markt ein. Europäische Aktienfonds verzeichneten in sechs der jüngsten sieben Wochen Zuflüsse, wie aus Angaben von Bank of America Merrill Lynch unter Berufung auf Daten von EPFR Global hervorgeht. Gleichzeitig konnte der Stoxx Europe 600 Index im März bislang um 1,1 Prozent zulegen. Das Barometer steht nun vor seinem zweiten Monatszugewinn in Folge.
Die Trendumkehr ist allerdings relativ klein. Netto-Zuflüssen von 1,3 Milliarden Dollar in diesem Jahr stehen Netto-Abzüge von 113 Milliarden Dollar in 2016 gegenüber. Die makroökonomischen Fundamentaldaten unterstreichen, dass sich die Lage am europäischen Aktienmarkt verbessert. Das Gewinnwachstum von Unternehmen der Region lag im vierten Quartal erstmals seit eineinhalb Jahren über dem von US-Firmen. Und die Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar von mehr als fünf Prozent in den vergangenen sechs Monaten dürfte Exporteuren helfen.
Le Pen bremst
Ein Faktor jedoch bremst den Enthusiasmus: die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich, bei denen ein Sieg der populistischen und Euro-kritischen Kandidatin Marine Le Pen den Kursanstieg von Aktien erschweren könnte, heisst es von Analysten.
«Verbesserte Gewinne, solide makroökonomische Daten und die Tatsache, dass Aktien erwartungsgemäss Investoren mehr Sicherheit bieten als Anleihen, angesichts politischer Ereignisse, sind einige der Gründe für die Zuflüsse«, sagt Guillermo Hernandez Sampere, Handelschef bei MPPM EK in Eppstein, wo er an der Verwaltung von mehr als 260 Millionen Dollar beteiligt ist. «Die Märkte haben auch höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse akzeptiert, was ein Anzeichen für einen optimistischen Ausblick ist.»
Die Erwartungen von Aktien-Strategen für den Jahresendstand des Stoxx 600 sind im März auf 378 Zähler angestiegen. Das würde einen weiteren Zuwachs von rund einem Prozent für das restliche Jahr 2017 nahelegen, wie aus dem Durchschnitt von 8 Bank-Prognosen hervorgeht, die Bloomberg zusammengetragen hat.
Immer noch billiger als US-Titel
Auch wenn die Bewertungslücke gegenüber US-amerikanischen Aktien nun langsam zusammenschrumpft, so sind europäische Titel doch noch immer billiger – basierend auf Gewinn-Vielfachen. Unternehmen im Stoxx 600 werden derzeit beim rund 15-fachen des erwarteten Gewinns gehandelt, verglichen mit dem fast 18-fachen beim S&P 500 Index.
Zu den optimistischsten Strategen zählt Dennis Jose von Barclays Plc, der einen Anstieg von 7,1 Prozent beim Stoxx 600 gegenüber dem Schlussstand vom Dienstag erwartet. Seinen Worten zufolge steht das Barometer vor einer Rally, sollten die Frankreich-Wahlen ein Ergebnis liefern, das die Europäische Union nicht gefährdet.
Derzeit legen Umfragen nahe, dass Le Pen zwar die erste Runde der Wahlen im April gewinnen dürfte, dann wohl aber bei der nächsten Abstimmung im Mai eine Niederlage erfahren wird.
«Wir könnten eine Erleichterungs-Rally sehen, sobald die Wahlen in Frankreich vorbei sind», sagt Pascale Auclair, Managing Director und Investment-Chefin bei La Francaise in Paris mit einem verwalteten Vermögen von 60 Milliarden Euro. «Der Risikoaufschlag für europäische Aktien wird sinken und wir könnten beobachten, dass sich europäische Aktien besser entwickeln als US-Aktien.»
(bloomberg/chb)