Am Autosalon Paris war der Umbruch überall zu spüren. In allen Fahrzeugkategorien konnten die Besucher Weltpremieren bewundern, viele davon mit Hybrid-Plugin oder rein elektrischem Antrieb versehen. Die etablierten Hersteller haben die Jagd auf Tesla eröffnet. Sie alle setzen auf Stromer wie Audi mit dem E-Tron, Mercedes mit dem EQC oder BMW mit dem neuen Plugin X5, mit dem bis zu 80 Kilometer rein elektrisch gefahren werden können. Der Benzin-Durchschnittsverbrauch soll nur 2,1 Liter auf 100 Kilometer betragen. Auch kleinere Hersteller wie KIA und der PSA-Konzern, zu dem Marken wie Citroën und Peugeot gehören, locken mit elektrischen Fahrzeugen. So zeigte KIA den E-Niro und PSA den DS3 Crossback, beides elektrisch angetriebene Fahrzeuge aus dem umkämpften Segment der Sport Utility Vehicles (SUV).

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«Der Trend zur Elektrifizierung ist langfristig und nicht mehr umkehrbar», sagt Thiemo Lang, Senior Portfoliomanager und unter anderem verantwortlich für den RobecoSam Smart Mobility Fonds beim Assetmanager RobecoSam, der auf nachhaltige Anlagelösungen spezialisiert ist. Bis 2035, glaubt Lang, werde fast die Hälfte aller neu verkauften Fahrzeuge auf den Strassen rein elektrisch betrieben sein. Der reine Verbrennungsmotor sei ganz klar auf dem Rückzug. Auch Plugin-Hybride, also Fahrzeuge, die sowohl einen Verbrennungsmotor als auch einen Elektromotor besitzen, welcher von einer netzgeladenen Batterie betrieben werden kann, seien eher eine Übergangslösung, so seine Einschätzung.

Riesiges Einsparpotenzial für etablierte Hersteller

«Viele etablierte Hersteller haben die rasanten Umbrüche im Sektor unterschätzt und geglaubt, sie könnten den Wandel aussitzen. Doch damit lagen sie falsch», so Lang. Nun gehe in der Automobilbranche eine grosse Unruhe um. «Die Hersteller müssen jetzt kostentreibende Zusatzinvestitionen tätigen, um ihre Produktion und ihre Plattformen auf die neuen Anforderungen umzurüsten», erklärt er. Viele der derzeit neu angebotenen E-Fahrzeuge seien technisch noch nicht ausgereift und verwendeten beispielsweise alte Plattformen, wie die Hersteller sie ursprünglich für ihre konventionellen Baureihen entwickelten. Da gebe es noch viel Optimierungspotenzial. Doch wenn der Schritt zur Entwicklung einer eigenen Plattform für Elektrofahrzeuge erst einmal gemacht sei, sei das Einsparpotenzial für die Unternehmen riesig. Allein die Produktionskosten könnten so um 25 Prozent gesenkt werden, schätzt Lang.

An der Börse werden diese Entwicklungen erst halbherzig zur Kenntnis genommen. Momentan beschäftigen der Handelsstreit zwischen den USA und China, die Währungskrise in der Türkei und die Diskussion um den Diesel die Anleger. So verwundert es nicht, dass die Aktien klassischer Automobilhersteller zuletzt unter die Räder gekommen sind. Risikofähige Anleger können die Rückschläge nutzen. Lang empfiehlt einen Blick auf die Zulieferer, denen er einen guten Lauf an der Börse zutraut.

Die wichtigsten Auto-Aktien

BMW: Es sieht nicht rosig aus für die Aktien der etablierten deutschen Automobilhersteller. Seit Jahresbeginn haben BMW rund 11 Prozent eingebüsst, VW 10 Prozent und Daimler sogar 21 Prozent. Allen gemeinsam ist nun ein günstiges Kurs-Gewinn-Verhältnis von 6 beziehungsweise 7 für die nächsten zwölf Monate, was einen Zukauf jedoch rechtfertigen könnte. Ganz besonders gilt dies für BMW: Das Unternehmen setzt jetzt vermehrt auf Plugin-Fahrzeuge und reine Elektromotoren. Bis zum Jahr 2025 sollen 25 elektrisch betriebene Fahrzeugmodelle auf dem Markt sein. Operativ kämpft BMW aber vorerst mit hohen Investitionskosten.

Volkswagen: Für VW wiederum läuft das operative Geschäft gut, die Umstrukturierung des Autoriesen ist bereits im Gange. Bis 2030 sollen alle VW-Modelle elektrisch oder teilweise elektrisch betrieben werden. Den Anlegern in den Knochen sitzt noch der Rechtsstreit in den USA. Vom amerikanischchinesischen Handelskonflikt ist VW dafür weniger betroffen, da das Unternehmen kaum Fahrzeuge von den USA China verschifft, sondern den überwiegenden Teil der in China verkauften Fahrzeuge vor Ort baut. Risikofähige Anleger können den Einstieg wagen.

Daimler: In Stuttgart ist die Lage wegen der Dieseldiskussion angespannter. So könnten auf die Schwaben noch Zahlungen aufgrund des Dieselskandals oder des Kartellverdachts in Deutschland zukommen. Auch die Einführung von Strafzöllen in China auf US-Importe trifft Daimler härter als VW. Kursrückschläge sind wahrscheinlicher. Die mit einem KGV 6 zwar günstig bewerteten Aktien haben wenig Reiz.

PSA: Groupe Investoren, die dem Strafzollstreit aus dem Weg gehen möchten, dürften die Aktien des französischen Autoherstellers PSA Groupe gefallen. Diese verkauft mit den Marken Peugeot, Citroën, DS und Opel gar keine Autos in den USA. Die Franzosen haben im Juli positive Halbjahreszahlen gezeigt: Der Umsatz legte – dank dem Opel-Kauf – um 40 Prozent zu, der Gewinn stieg um 18 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. In Paris sorgte der E-Legend Concept, der rein elektrisch und autonom fahren kann, für viel Aufsehen. Der Nachteil: PSA macht einen Grossteil seines Umsatzes in Europa und das Asien-Geschäft ist noch vergleichsweise klein. Auf der Währungsseite dürften übrigens alle europäischen Hersteller vom momentan wieder etwas schwächeren Euro profitieren.

Die wichtigsten Zulieferer

MPS: Gemäss einer Schätzung des Fondsanbieters RobecoSam wird der Markt für E-Fahrzeuge bis 2030 ein Volumen von 1,4 Billionen Dollar erreichen. Pro Jahr dürfte er bis dahin gut 30 Prozent wachsen. Kein Wunder, tummeln sich in diesem Segment eine bunte Reihe von kleineren Zulieferern. Viele von ihnen sind kaum auf dem Schirm der Investoren. Wie etwa die an der Nasdaq kotierte Monolithic Power Systems (MPS) aus San José, Kalifornien. Das Unternehmen ist auf kleine Stromversorgungslösungen für industrielle Anwendungen, Cloud-Computing und Telekommunikation spezialisiert. Sie werden im Fahrzeug-Cockpit eingesetzt, beim Batterie-Management und bei Technologien, die autonomes Fahren unterstützen (Kamerasysteme).

Renesas: Öfter in den Schlagzeilen ist dagegen der Halbleiterkonzern Renesas. Bereits heute schon erwirtschaften die Japaner 50 Prozent des Umsatzes im Automobilsektor. Schwerpunkt sind Technologien für selbstfahrende Autos. Mit der Übernahme des US-Konkurrenten Integrated Device Technology für rund 7 Milliarden Dollar soll das Geschäft mit Halbleitern auf Datenzentren und Kommunikationsdienste für die Automobilindustrie erweitert werden. Somit ist Renesas auf dem Weg, ein ernsthafter Konkurrent für Infineon zu werden.

Osram: Was ist ein Auto ohne eine gute Lichtanlage? Osram ist im Bereich LED weltweit führend. Das Unternehmen aus Deutschland will sich ebenfalls im Bereich autonomes Fahren und Vernetzung positionieren. Das Management rechnet in den kommenden Jahren mit besseren und höhermargigen Geschäften in der Sparte mit optischen Halbleitern. Für das Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) stellt Osram bereits ein Umsatzplus von 5 bis 10 Prozent in Aussicht. Osram erwirtschaftet bereits die Hälfte des Umsatzes und Gewinns in der Automobilbranche.