Wie ist die Stimmung? Offenbar trübe. Die Wirtschaftsexperten dieser Welt blicken zunehmend skeptisch nach vorn. Dies besagt der Weltklimaindex: Der Indikator des deutschen Wirtschaftsinstituts ifo fiel von –2,4 Punkte im letzten Quartal auf –10,1 Punkte. «Sowohl die Lagebeurteilung als auch die Erwartungen verschlechterten sich deutlich», schreiben die Datenauswerter aus München.
Vor allem: Die Stimmung verschlechterte sich in allen Regionen. In den Industriestaaten und den asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländern korrigierten die Experten sowohl ihre Lagebeurteilung als auch ihre Erwartungen nach unten.
In Lateinamerika, in der GUS-Region, im Nahen Osten und Nordafrika fiel dagegen nur die Lagebeurteilung ungünstiger aus – derweil blieben die Einschätzungen für die kommenden Monate in etwa unverändert.
Für den ifo-Index äussern Experten vieler Ländern ihre Erwartungen zu Konjunkturentwicklung und zur aktuellen Wirtschaftslage ab. Für die neue Erhebung – erarbeitet im Juli 2019 – gaben 1’173 Profis aus 116 Staaten ihre Einschätzung ab.
Insbesondere prognostizieren die Befragten einen Abschwung beim Welthandel: Die Erwartungen zur Entwicklung des Handels liegen auf dem niedrigsten Niveau seit Ausbruch des US-chinesischen Streits im vergangenen Jahr. Die Experten erwarten zudem einen Dämpfer beim privaten Konsum, weniger Investitionen – und rückläufige Zinsen.
Einen eher ernüchternden Ausblick zum Welthandel hat zugleich Goldman Sachs präsentiert: Die führende Investmentbank erwartet, dass der Konflikt zwischen den USA und China einen heftigeren Niederschlag haben wird als bislang gedacht.
Vor allem: Der Handelsstreit sollte uns noch lange beschäftigen. Die von Donald Trump angedrohten neuen Zölle auf chinesische Waren im Umfang von 300 Milliarden Dollar dürften im September tatsächlich eingeführt werden, so das Papier. Und es sei auch nicht mehr zu erwarten, dass Washington und Beijing vor den Präsidentenwahlen im Herbst nächsten Jahres einen Deal zustande bringen.
«Wir haben unsere Einschätzung der Bedeutung des Handelskriegs erhöht», schrieb Chefökonom Jan Hatzius am Sonntag in einem Rundschreiben an die Goldman-Sachs-Kundschaft; dies meldet CNBC.
Die Folgen der Unsicherheit durch den Konflikt seien grösser einzuschätzen als gedacht – und die Finanzmärkte hätten zuletzt klar auf alle Nachrichten zum Handelsstreit reagiert, so Hatzius weiter.
Oder anders: Der Trump-Xi-Konflikt bedroht nicht nur Lieferketten, sondern er schafft vor allem eine teure Verunsicherung. «Die Furcht, dass ein Handelskrieg eine Rezession auslösen wird, nimmt zu», so die Analyse.
In Zahlen: Für die USA erwartet Goldman Sachs nun ein Wachstum von 1,8 Prozent im vierten Quartal – das wären 0,2 Prozentpunkte weniger als zuvor.
Einen Weckruf zu den Gefahren des Handelsstreits gab gestern auch Larry Summers ab: Wir befänden uns am riskantesten Punkt seit einem Jahrzehnt, sagte der ehemalige Harvard-Präsident, Wirtschaftsberater unter Obama, Chefökonom der Weltbank auf CNN.
Für den Zank mit den Chinesen würden am Ende alle bezahlen – Arbeitnehmer, Unternehmen, die Gesamtwirtschaft. Da sei es irrelevant, ob nun am Ende der Sadismus der Amerikaner die Oberhand über den Masochismus der Chinesen gewinne oder umgekehrt. Die jetzige Lage schaffe substantielle Unsicherheit, senke die Investitionen und dämpfe die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Allerdings hielt Summers eine kleine Beruhigungspille bereit: Er denke nicht, dass der nächste Rückschlag so schwerwiegend sein werde wie bei der grossen Finanzkrise.
- Hattip: «Bloomberg» — Mehr dazu.
(rap)