Der Einbruch der Ölpreise, der eine Billion Dollar an Wert bei den Energieproduzenten ausradiert und Währungen ins Chaos gestürzt hat, gibt den Eigentümern von Tankern Grund zur Freude: Die Nachfrage nach ihren Schiffen zur Lagerung der Überangebots dürfte bald anziehen.

Ölhändler könnten in den kommenden Monaten so viel Rohöl auf hoher See parken wie Dänemark innerhalb eines Jahres verbraucht, zeigen Schätzungen von JBC Energy und Daten von BP. Die Internationale Energieagentur erwartet, dass die Lagertanks an Land in den Industriestaaten bis Juni voll sein dürften.

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Mehr schwimmende Lager

«Es erscheint immer wahrscheinlicher, dass es mehr schwimmende Lager geben wird, und das wird gut» für die Reedereien sein, sagt Eirik Haavaldsen, Schifffahrtsanalyst von Pareto Securities in Oslo. «Die Rückkehr schwimmender Lager könnte Rohöltanker in diesem Jahr von einem guten womöglich zu einem äusserst guten Markt werden lassen.»

Der Ölpreis ist seit Mitte vergangenen Jahres um fast die Hälfte eingebrochen. Seine Talfahrt beschleunigte sich nach der Entscheidung der Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC), ihre Förderquote beizubehalten – trotz eines globalen Überschusses, den Katar auf zwei Milllionen Barrel am Tag beziffert.

Kaufen, um zu verkaufen

Das Überangebot hat auch eine «Contango» genannte Preisstruktur verstärkt. Dabei liegt der Terminpreis so stark über dem Spotpreis, dass Händler profitieren, wenn sie jetzt kaufen und später verkaufen.

«Ein breiterer Lagerbestandsaufbau ist unvermeidlich», meint Jonathan Chappell, Schifffahrtsanalyst bei Evercore Partners in New York. Dies werde «wahrscheinlich dazu führen, dass einige Händler den Contango ausnutzen werden.»

Bis zu 60 Millionen Barrel eingelagert

Der August-Kontrakt für Rohöl der Sorte Brent wurde in der vergangenen Woche etwa sechs Dollar höher gehandelt als jener zur Lieferung im Februar, zeigen Daten der Terminbörse ICE Futures Europe. Das entspricht laut Berater JBC in etwa dem notwendigen Niveau, um die Anmietung eines Tankers und alle damit einhergehenden Kosten zu decken.

In den kommenden Monaten werden zwischen 30 Milllionen und 60 Milllionen Barrel in Tankern eingelagert werden, sagt JBC voraus. Dänemark verbrauchte jüngsten Schätzungen von BP zufolge 2013 etwa 58 Milllionen Barrel.

Contango wird steiler

«Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir in diesem Jahr schwimmende Lager sehen werden», sagt Svetlana Kourmpeti, leitende Marktanalystin bei E.A. Gibson Shipbrokers in London. «Der Contango wird steiler.»

Wenn sich eine Contango-Preisstruktur am Markt abzeichnet, kann Ladung jetzt gekauft und in Lagerung gegeben werden, während am Terminmarkt ein höherer Verkaufspreis vereinbart wird. Im Jahr 2009 wurden 100 Milllionen Barrel auf See gebunkert – das war den damaligen Schätzungen der Reederei Frontline Ltd. zufolge genügend Öl, um Europa fünf Tage lang zu versorgen. BP verdiente dank dieser Handelsstrategie im ersten Quartal desselben Jahres rund 500 Milllionen Dollar mehr als erwartet.

Eine Billion Dollar vernichtet

Der Brent-Rohölpreis, eine internationale Referenzgrösse, befindet sich seit Juli im Contango. Der Gesamtwert der weltweiten Öl- und Gasaktien ist im Zuge des fallenden Ölpreises von etwa vier Billionen Dollar im Juni auf etwa drei Billionen Dollar gefallen, zeigen von Bloomberg zusammengestellte Daten. Die Landeswährung von Russland, dem grössten Energieexporteur der Welt, fiel 2014 um 46 Prozent gegenüber dem Dollar, der seinerseits das beste Jahr seit mindestens 2005 registrierte und gegenüber allen 31 führenden Währungen zulegte.

Ölunternehmen schauen sich nach Angaben einer griechischen Reederei bereits nach Supertankern um – zur Bunkerung von 20 Milllionen Barrel Rohöl. In den letzten Tagen seien Anfragen für zehn sehr grosse Öltanker eingegangen, erklärte Odysseus Valatsas, der für das Chartern zuständige Manager von Dynacom Tankers Management Ltd. in der Nähe von Athen, am Freitag letzter Woche. Eine «Handvoll» sei für solche Handelsgeschäfte bereits gebucht worden, fügte Valatsas hinzu und verwies auf Gespräche mit Schiffsmaklern und anderen Personen aus der Branche.

Die Frachtraten für Supertanker, so genannte VLCCs, werden dieses Jahr im Schnitt 35’000 Dollar betragen, ergab eine Umfrage von Bloomberg unter sechs Analysten. Das wäre Daten des Schiffsmaklers Clarkson zufolge der höchste Satz seit 2010. Ein Anstieg bei der Hochseebunkerung könnte die Tarife sogar noch höher treiben, erklärt Erik Stavseth, Analyst von Arctic Securities in Oslo. «Es sieht zunehmend attraktiv aus», so Stavseth. «Schwimmende Lager wird es im ersten Quartal geben.»

(bloomberg/ise)